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HOCD Homosexual Obsessive Compulsive Disorder

HOCD – Homosexual Obsessive Compulsive Disorder

Homosexuelle Zwangsgedanken

HOCD Homosexual Obsessive Compulsive Disorder: In den USA ist HOCD längst als psychische Erkrankung bekannt, während sich die Sexualtherapie in Deutschland bislang nur wenig mit dem Thema beschäftigt hat. Beispielsweise hat das Center for Treatment of Anxiety and Mood Disorders in Florida zu dem Thema eine Reihe interessanter Informationen auf der eigenen Website zusammengestellt.

HOCD- Was bedeutet das?

HOCD Homosexual Obsessive Compulsive Disorder ist eine spezielle Form der Zwangsstörung. Es gelten die gleichen Diagnosekriterien wie für Zwangsstörungen allgemein (nach ICD-10):

  • Die Zwangsgedanken werden als eigene Gedanken erlebt.
  • Der/die Betroffene leistet gegen die Gedanken inneren Widerstand.
  • Der Zwangsgedanke wird als unangenehm empfunden und nicht als lustvoll.
  • Die Zwangssymptome wiederholen sich immer wieder und beschäftigen den/die Betroffene mindestens 2 Wochen lang an den meisten Tagen.

Das Besondere an HOCD Homosexual Obsessive Compulsive Disorder ist, dass der Inhalt der Zwangsgedanken sich auf die Frage konzentriert: Bin ich homosexuell oder nicht? Dazu kommen möglicherweise weitere zwanghafte Verhaltensweisen, z.B. Selbsttests mit Betrachten von Gay- bzw. lesbischer Pornografie, um zu prüfen, ob Menschen eigenen Geschlechts eine/n vielleicht sexuell erregen.

Im deutschen Sprachraum gibt es dazu bislang nur sehr wenig Veröffentlichungen- und kaum Therapeuten, die sich mit dem Störungsbild „Homosexuelle Zwangsgedanken“ geschäftigen. Eine Ursache dafür liegt sicherlich daran, dass sexualtherapeutische Fragestellungen in den meisten psychotherapeutischen Ausbildungen entweder gar nicht oder nur sehr am Rande vorkommen.

Der Unterschied zwischen Homosexualität
und homosexuellen Zwangsgedanken

Homosexuelle Zwangsgedanken sind etwas völlig anderes als Homosexualität. Homosexualität ist eine als lustvoll erlebte Form menschlicher Sexualität zwischen Menschen gleichen Geschlechts- homosexuelle Zwangsgedanken sind die psychische Störung eines einzelnen betroffenen Menschen, der an diesen Gedanken leidet.

Typisch für homosexuelle Zwangsgedanken sind folgende Symptome (die nicht notwendigerweise alle gleichzeitig vorliegen müssen):

  • Oft kennen Betroffene auch andere Formen der Zwangsstörung, z.B. die Sorge, an einer schweren Krankheit zu leiden, oder Angst davor zu haben, sich selbst oder anderen Menschen ohne es zu wollen etwas anzutun.
  • Unwillentliches, aber sehr intensives Nachdenken über die eigene sexuelle Identität
  • Ständiger Wunsch, sich selbst zu versichern, man sei sexuell „normal“
  • Angst davor, Menschen gleichen Geschlechts zu nahe zu kommen, aus dem Gefühl heraus, das könnte eigene Homosexualität fördern
  • Angst davor, andere könnten einen aufgrund bestimmter Anzeichen für schwul/lesbisch halten
  • Homosexuelle Fantasien beängstigen die Betroffenen und bereiten keine Lust
  • Die erotische Anziehung fehlt in Bezug auf das eigene Geschlecht
  • Selbstkorrektur von Verhaltensweisen, die aus eigener Sicht homosexuell wirken könnten: Z.B. steht ein Mann vom Stuhl auf uns setzt sich nochmal, aus Angst, das erste Hinsetzen hätte irgendwie feminin wirken können
  • Angst, die Begegnung mit einem homosexuellen Menschen könnte eigene Homosexualität wachrütteln


Typisch für tatsächliche Homosexualität sind folgende Anzeichen:

  • Homosexuelle Fantasien machen den Menschen, die sie haben, Spaß und werden als lustvoll erlebt (auch dann, wenn die eigene Homosexualität anderen gegenüber versteckt wird oder sich Betroffene wegen ihrer Homosexualität schämen)
  • Homosexuelle Menschen bevorzugen gleichgeschlechtliche Sexualpartner (eigentlich eine Binsenweisheit- aber das ist definitiv das Kriterium!)

Mehr dazu in der Fallgeschichte „Bin ich schwul oder nicht?“  

HOCD- Mögliche Ursachen

Homosexuelle Zwangsgedanken können die gleichen Ursachen haben wie andere Zwangsstörungen auch. Voraussetzung, an HOCD zu erkranken, ist eine gewisse Vulnerabilität (Anfälligkeit), die genetisch begründet sein kann oder auch durch eine andere psychische Erkrankung (z.B. Depression) ausgelöst wird.

Auffallend oft habe ich in meiner Praxis Patienten und Patientinnen erlebt, die kurz vor Ausbruch der homosexuellen Zwangsgedanken Drogen (insbesondere Cannabis) oder Alkohol (in gesundheitsgefährdender Weise) konsumiert haben.

Homosexuelle Zwangsgedanken scheinen häufig ein Ausdruck für andere psychische Probleme zu sein, die dahinter liegen und häufig dem bzw. der Betroffenen bewusst gar nicht klar sind.

Das kann etwa eine depressive Erkrankung sein, weger der sich der bzw. die Betroffene schlecht fühlt, die aber als solche nicht recht benennbar ist. Da ist es in gewisser Hinsicht leichter zu denken: „Ich fühle mich schlecht, weil ich unsicher bin, ob ich nicht homosexuell oder lesbisch sei könnte.“ Die fortwährende Beschäftigung mit dieser Frage verschlimmert zwar in der Regel das eigene Unwohlsein- aber immerhin gibt es jetzt einen scheinbaren Grund dafür: Es ist die Ungewissheit, möglicherweise homosexuell/lesbisch zu sein, die einen sich selber schlecht fühlen lässt.

Andere mögliche Gründe sind berufliche oder private Fehlschläge (z.B. das Verlassenwerden durch die eigene Freund/Freundin). Im letztgenannten Beispiel kann es für Betroffene zunächst eine (scheinbare) Erleichterung sein, sich in die Frage möglicher eigener Homosexualität hineinzuversenken, statt über die beendete Beziehung zu trauern und mögliche Ursachen zu ergründen.

HOCD- Traumatische Erfahrungen
als alternative Ursache

Ebenfalls häufig sind mir in meiner Praxis Menschen begegnet, die in ihrer Kindheit homosexuellen Übergriffen ausgesetzt waren. Dabei waren die „Täter“ in der Regel ältere Jugendliche, die vermutlich selbst Opfer sexueller Misshandlung gewesen sind und diese Übergriffe selbst an Jüngere weitergeben. Mögliche Übergriffe können sein: Zwang zum gemeinsamen Ansehen von Pornografie, Zwang zur Entblößung, Zwang zu sexuellen Handlungen.

Wenn solche Übergriffe in einer Zeit stattfinden, in der ein Kind noch keine Möglichkeit hat, Sexualität als solche zu begreifen und zu verstehen, kann es dazu kommen, dass sich im Gehirn keine klare Erinnerung an solche Vorfälle abspeichert (sogenanntes „cold memory“), sondern sich vielmehr ein ganzer Cocktail an Erinnerungsfetzen einprägt, die sich später gegenseitig triggern können (sogenanntes „hot memory“).

So kann es beispielweise eine „Erinnerungswolke“ geben, in der sich die folgenden Vorstellungen miteinander verbinden:

  • Ich tue etwas Verbotenes.
  • Ich tue etwas Aufregendes.
  • Das tut mir weh.
  • Das bereitet mir irgendwie Lust.
  • Ich habe es nicht gewollt.
  • Aber der andere hat gesagt: Du hast es doch auch gewollt.
  • Ich darf darüber nicht sprechen.
  • Irgendwie war der/die andere doch mein Freund/meine Freundin.
  • So richtig ist da gar nichts gewesen.

Später im Leben kann dann irgendein erinnertes Detail ein solches Erlebnis wieder wachrufen („triggern“) und die ganze emotionale Unsicherheit, die damals erlebt wurde, wieder in die Gegenwart ziehen, insbesondere die Frage:

Hab ich damals nicht doch das homosexuelle Erlebnis als angenehm empfunden? Habe ich es nicht schon damals irgendwie auch selber gewollt und genossen?

 

HOCD Homosexual Obsessive Compulsive
Disorder: Therapeutische Möglichkeiten

Für die Therapie von HOCD Homosexual Obsessive Compulsive Disorder scheint mir eine gründliche Diagnostik die entscheidende Voraussetzung, insbesondere die Abklärung, ob es sich tatsächlich um eine Form der Zwangsstörung handelt oder um eine Traumafolgestörung.

Ferner muss ausgeschlossen sein, dass nicht doch eine Form der Homosexualität vorliegt, die sich der Betroffene aus gesellschaftlichen Gründen (z.B. durch ein rigides ethisches Regelwerk) nicht eingestehen möchte.

Nach der Diagnosestellung bieten sich folgende Therapieverfahren an:

Verhaltenstherapeutische Sofortmaßnahmen

Unser Hirn schafft bevorzugte neuronale Verbindungen für Gedanken, die besonders häufig gedacht werden. D.h.: Wenn ich häufig über mögliche eigene Homosexualität nachdenke, schlägt mir mein Hirn laufend vor, über dieses Thema wieder und wieder nachzudenken- ähnlich wie der Computer mit seiner Liste zuletzt aufgerufener Dateien.

Solche gedanklichen Fixierungen werden erlernt- und können folglich auch wieder verlernt werden. Dabei hift es allerdings nicht, zu denken: Ich will jetzt keine homosexuellen Zwangsgedanken denken! Denn mit genau diesem Gedanken bin ich schon wieder mitten drin in der gedanklichen Verstrickung. Unser Gehirn kennt keine negativen Vorstellungen (etwas NICHT zu denken). Wenn ich Sie auffordere: „Stellen Sie sich KEINEN rosa Elefanten vor!“, dann können Sie nicht anders, als an einen rosa Elefanten zu denken.

Deshalb geht es bei verhaltenstherapeutischen Verfahren bei HOCD Homosexual Obsessive Compulsive Disorder darum, Techniken zu erlernen, das eigene Denken mit anderen Gedanken zu erfüllen, die weniger schädlich bzw. sogar förderlich für das Selbstbefinden sind.

Ursachenforschung

Homosexuelle Zwangsgedanken entstehen nicht einfach so, sondern haben eine psychische Ursache. Diese Ursache ist den meisten Betroffenen zu Therapiebeginn selber nicht recht klar. Oft dienen Zwangsgedanken dazu, Betroffene davon abzuhalten, andere, noch unangenehmere Themen anzugehen und aufzuarbeiten.

Eine genaue Analyse der Auslösefaktoren kann helfen, das Entstehen von HOCD Homosexual Obsessive Compulsive Disorder zu verstehen. Und dieses Wissen kann für Betroffene ein erster Schritt sein, sich um die Bearbeitung der auslösenden Umstände zu kümmern. Im Rahmen einer solchen Aufarbeitung entfällt dann nach und nach die Notwendigkeit, diese Zwangsgedanken denken zu müssen.

Therapeutische Methoden zur Ursachenforschung können biografische Gespräche sein, aber auch tiefenpsychologische und psychoanalytische Verfahren wie z.B. die Analyse von Träumen.

Traumatherapie bei Missbrauchserlebnissen

Bei sexuellen Missbrauchserlebnissen (und das muss keineswegs eine physische Vergewaltigung sein- es reicht jede ungewollte Konfrontation mit Sexualität durch Übergriffigkeit eines anderen Menschen!) kann es, wie schon oben beschrieben, zu einer Traumatisierung kommen.

Hirnphysiologisch ist damit gemeint, dass ein solches Erlebnis als „Gefühlswolke“ (hot memory) in der Amygdala gespeichert ist und jederzeit durch bestimmte Auslöser getriggert werden kann, so dass die Gegenwart komplett von dieser Gefühlswolke geprägt ist.

Therapeutisches Ziel ist es, die andere Form menschlicher Erinnerungsfähigkeit (das sogenannte cold memory im Hippocampus) anzuregen und daran zu arbeiten, das traumatische Erlebnis in die Zeitlinie der eigenen Biografie einzubinden. Je mehr diese bewusste Form der Erinnerung gestärkt wird, desto geringer wird die Gefahr, dass aktuelle Trigger die Gefühlswolke des traumatischen Erlebnisses wieder hervorholen.

Mehr zum Thema im Artikel: „Wenn sexuelle Phantasien zur Qual werden…“

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Wenn Sie dazu weitere Fragen haben, freue ich mich über Ihre Nachricht.

Persönliche Frasgen können Sie mir auch im Rahmen meiner Online-Seminare zur Sexualtherapie stellen.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. hum. biol. Michael Petery

Bin ich homosexuell -
oder nicht?
Lesbisch-
Lust auf die beste Freundin
Entdeckung der Homosexualität als verheirateter Mann


Coming-Out: Sagen, dass ich homosexuell bin
Bin ich bisexuell? Freundin will Gegenbeweis

Homosexuelle Zwangsgedanken- wie werde ich sie los?
HOCD- Homosexuelle Zwangsgedanken
HOCD Homosexual Obsessive Compulsive Disorder

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Homosexualität

Die späte Entdeckung der Homosexualität

Entdeckung der Homosexualität – und das als verheirateter Mann

Ein Erfahrungsbericht

Meine Entdeckung der Homosexualität kam spät, eigentlich zu spät.

Ich bin männlich, 42 Jahre alt, verheiratet, 2 Kinder (10 und 12). Im Grunde habe ich alles erreicht, wovon ein Mann in meiner Alter träumen kann. Und trotzdem habe ich immer irgendwie das Gefühl gehabt, dass der Sex in unserer Ehe nicht das eigentliche gewesen sein kann.

Ich habe mir da selber über Jahre innere Vorwürfe gemacht: Ich habe gemerkt, wie sehr meine Frau mich liebt- und trotzdem wusste ich, dass sie mir letztlich nicht das geben kann, was ich brauche. Vor allem habe ich immer gedacht, es könnte irgendwas an unserer Beziehung falsch sein. Aber das war es nicht.

Wir waren liebevoll miteinander, konnten alle Alltagsprobleme gut miteinander lösen. Sogar der Sex funktionierte. Und meine Frau war rundum mit mir glücklich. Nur ich selbst wusste, dass mir irgendetwas fehlt.

Das war die Zeit, wo ich anfing, immer häufiger allein in die Sauna zu gehen. Und zum ersten Mal merkte, wie gut ich mich fühlte, wenn andere Männer offenbar mit Wohlwollen meinen Körper und meinen Schwanz zu mustern begannen. Auch ich selber fing an, andere Männer anzuschauen und war selbst ganz überrascht, als ich zum ersten Mal feststellte, wie sehr mich der Anblick eines gutgewachsenen männlichen Glieds in Erregung bringen kann.

Da habe ich dann auch angefangen, beim Onanieren an Männer zu denken und daran, was ich selbst alles mit einem solchen Traummann erleben könnte. Trotzdem habe ich mich immer noch nicht für homosexuell gehalten- eher wie jemand, der mit seinen Gedanken irgendwie merkwürdig unterwegs ist, zwar durchaus lustvoll, aber doch komplett daneben.

Bei einer Kongressreise habe ich mich dann in einer anderen Stadt das erste Mal getraut, in eine bekannte Schwulenbar zu gehen. Was mich selbst überrascht hat, wie harmlos und nett dieser Abend war. In meiner Fantasie hatte ich mir sonst was erwartet- und tatsächlich habe ich die ganze Zeit mit einem netten Mann in meinem Alter herumgeflirtet, ohne dass es zu mehr gekommen wäre, als dass wir unsere Handy-Nummern ausgetauscht hätten. Außerdem habe ich da noch den Tipp bekommen, mich mal auf speziellen Dating-Seiten für Homosexuelle umzuschauen.

Was ich dann auch gemacht habe. Ich hatte da sofort ein gutes Gefühl, endlich mit Menschen zu kommunizieren, die genauso ticken wie ich. Es ist dann auch ziemlich bald zu ersten Dates gekommen- und mein erster Sex mit einem Mann fühlte sich einfach nur umwerfend an. Ich wusste sofort: das war es, was ich immer gesucht hatte. Und das war erst der Beginn einer ganzen Reihe neuer Abenteuer und Erfahrungen.

Richtig Mist war es, dass ich das Ganze irgendwann vor meiner Frau nicht mehr geheim halten konnte und wollte. Unsere Beziehung hatte immer davon gelebt, dass wir sehr ehrlich und aufrichtig miteinander waren. Deshalb gab es für mich keine Wahl, als ihr umfassend zu beichten.

Das war ein Abend, als die Kinder bei meinen Schwiegereltern waren, und es ging mit vielen Tränen ab, bei uns beiden. Schließlich schätze ich meine Frau als Mensch sehr, und wir haben auch so vieles Schöne gemeinsam erlebt und aufgebaut.

Für meine Frau war das ein Schock. In der ersten Zeit hat sie sich selbst total angeklagt und die Schuld bei sich gesucht, dass ich homosexuell geworden wäre. Dadurch, dass sie mir offenbar nicht genügt hätte.

Mit dem Sex zwischen uns war es komplett vorbei. Sie sagte mir das auch, dass sie niemals bereit wäre, mich mit anderen Männern zu teilen. Dass sie diese Vorstellung absolut ekelig fände. Und natürlich versteh ich das auch.

Ich hab ihr dann gesagt, dass sie absolut nichts falsch gemacht hat. Und dass das alles an mir liegt, weil ich meine eigene Neigung so lange verleugnet habe und erst so spät akzeptiert.

Wir sind jetzt dabei, irgendwie eine Lösung zu finden, wie sie und die Kinder am wenigsten leiden. Wahrscheinlich werden wir uns scheiden lassen- allein deswegen, dass ein eindeutiger Schlussstrich zu unserem bisherigen Leben gezogen wird und auch meine Frau eine Chance hat, in ihrem Leben noch einmal einen Mann zu finden, der besser zu ihr passt als ich.

Zum Glück können wir das jetzt sehr offen und ohne Vorwürfe miteinander bereden. Aber weh tut das, uns beiden, dass ich das nicht schon viel früher herausgefunden habe.

Berthold G.

Entdeckung der Homosexualität-
ein Thema, das viele betrifft

Hallo Berthold,

danke für Ihre sehr offene Schilderung Ihrer Geschichte, die sicher viele Leser dieses Blogs interessieren wird. Denn so wie Ihnen geht es auch vielen anderen Männern- sie allerdings oft kaum darüber sprechen können: aus Scham oder auch vor lauter Selbstvorwürfen.

Homosexualität-
aus sexualtherapeutischer Sicht kein Problem

Ihre Homosexualität ist aus sexualtherapeutischer Sicht kein Problem. Was Sie gefunden haben, wenn auch sehr spät, ist die Form der Sexualität, die zu Ihnen paßt. Homosexuell zu sein, ist für Sie eine Entdeckung, mit der Sie zu sich selbst gefunden haben und die Ihnen Freude bereitet- das ist der große Unterschied zur Gruppe anderer Klienten, die unter homosexuellen Zwangsgedanken leiden und Homosexualität nicht als Erfüllung, sondern als persönliche Bedrohung empfinden (vgl. den Artikel „Homosexuelle Zwangsgedanken„).

Entdeckung der Homosexualität- eine
Katastrophe für die bestehende Partnerschaft

Ihr Problem mit der Entdeckung der Homosexualität liegt einzig und allein darin, dass Sie Ihre homosexuelle Neigung erst so spät im Leben entdeckt haben. Und dass dadurch Ihre Frau und Ihre Kinder in diese Geschichte mit hineingezogen sind.

Dass Ihre Entdeckung der Homosexualität für Sie erst so spät möglich war, ist in unserer Gesellschaft leicht nachvollziehbar: Schließlich wird es bei uns einem homosexuell veranlagten Menschen immer noch alles andere als leicht macht, diese eigene Homosexualität wahrzunehmen und dann auch zu leben. Der Erwartungsdruck, heterosexuell zu sein und ein „normales“ Leben zu leben, ist nach wie vor viel zu hoch. Und dieser Druck ist es, der eine „rechtzeitige“ Wahrnehmung eigener Homosexualität verhindert.

Denn auch ein homosexuell veranlagter Mensch übernimmt durch Erziehung und soziale Umgebung in der Regel all die Vorurteile über Homosexualität, die unsere Gesellschaft prägen. Und es ist sehr schwer, sich dagegen zu stemmen, wenn ich selbst diese Vorurteile übernommen habe und gleichzeitig zur Gruppe der Betroffenen zähle. Dann kann es durchaus wie in Ihrem Fall passieren, dass ich erst nach langen Jahren Ehe und nach der Geburt zweier Kinder herausfinde, wie es eigentlich um meine sexuelle Orientierung steht.

Homosexualität- Kein Krankheitswert
und trotzdem eine kritische Situation

Aus psychotherapeutischer Sicht sind Sie in keiner Weise krank oder „gestört“. Trotzdem befinden Sie und Ihre Familie sich jetzt in einer sehr kritischen Situation. Es kann sein, dass Sie sich bereits jetzt oder auch später in Ihrem Leben immer wieder schuldig fühlen, Ihrer Frau gegenüber und auch gegenüber Ihren Kindern, weil Sie nicht dem Ideal eines Familienvaters entsprechen konnten, der Sie selbst gern gewesen wären.

Trotzdem stellen Sie selber fest, dass es notwendig ist, dass Sie sich scheiden lassen, damit auch Ihre Frau wieder die Chance bekommt, einen Mann zu finden, der besser zu ihr passt als Sie.

Für Ihre Frau ist das ein geringer Trost. Frauen, deren Männern sich als homosexuell outen, erleben das in der Regel als genauso schweren Vertrauensbruch wie einem heterosexuellen Ehebruch. Und natürlich stehen damit auch Vorwürfe im Raum und möglicherweise auch Wut.

Trotzdem haben Sie und Ihre Frau letztlich beide nichts falsch gemacht. Es wäre falsch, einem homosexuell veranlagten Menschen Vorhaltungen zu machen, dass er seine Veranlagung erst so spät erkannt hat- genauso wenig wie der Frau vorzuwerfen ist, sie hätte die Homosexualität ihres Mannes doch möglichst schon vor der Eheschließung bemerken müssen.

Die Frage nach der Schuld bringt also Sie beide nicht weiter. Und auch, wenn sich nach Ihrer Erkenntnis herausgestellt hat, dass Ihre Ehe im Sinne einer sexuellen Gemeinsamkeit nicht fortsetzbar ist, bleibt Ihnen beiden trotzdem weiterhin die gemeinsame Verantwortung füreinander, die sie sich wechselseitig durch die Heirat versprochen haben, und die gemeinsame Verantwortung für Ihre beiden Kinder. Und durch die bewusste Übernahme dieser Verantwortung können Sie Ihren Kindern auch weiterhin ein guter Vater sein.

Es ist daher für Sie und Ihre Frau die Aufgabe, diese neue Situation so zu meistern, dass alle Beteiligten nicht mehr darunter leiden müssen, als das durch die Trennung ohnehin schon der Fall ist.

Entdeckung der Homosexualität-
Psychotherapeutische Hilfe

Deshalb kann es auch für Sie und Ihre Frau sinnvoll sein, psychotherapeutische Hilfe in Anspruch zu nehmen- allerdings nicht im Sinne einer Therapie, die Abhilfe schaffen sollte gegen Ihre Entdeckung der Homosexualität (was schlichtweg nicht möglich ist!). Sondern als ein Coaching der Schadensbegrenzung auf der Suche nach Lösungen, wie alle Beteiligten mit der Situation, so wie sie nun einmal ist, am besten umgehen können.

Dabei ist zu bedenken, dass die neuentdeckte Homosexualität des einen Partners psychisch besonders für den zweiten, zunächst nicht betroffenen Partner (bzw. die Partnerin) eine erhebliche Belastung darstellt: Schließlich ist der erste Partner auf dem insgesamt erfreulichen und spannenden Weg seiner eigenen Neufindung, während der bzw. die andere Angst vor dem Alleingelassensein haben muss und möglicher Einsamkeit.

Deshalb besteht also vor allem bei dem Partner bzw. der Partnerin, welche alleine zurückbleiben, ein erhebliches Risiko für psychische Störungen (in der Fachsprache Anpassungsstörung), aus der sich weitere psychische Krankheiten entwickeln können. Das aber ist ein Phänomen, wie es ganz genauso im Rahmen anderer Scheidungsfälle entsteht.

Ich wünsche Ihnen und Ihrer Familie alles Gute auf Ihrem schwierigen Weg!

Wenn Sie weitere Fragen dazu haben, freue ich mich über Ihre Nachricht.

Mit freundlichen Grüßen

Ihr Dr. hum biol. Michael Petery

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Homosexualität Partnersuche Sexuelle Wünsche

Lesbisch? Lust auf die beste Freundin

Lesbisch- Sex mit der besten Freundin?

lesbisch
Ich, weiblich, 26 Jahre, habe seit Ende meiner Schulzeit eine Freundin, mit der ich mich total gut verstehe. Wir haben immer viel gemeinsam gemacht: Stadtbummel, Einkaufen, Ausgehen… Meist in der Gruppe, manchmal auch zu zweit. Einen Freund hatte ich noch nie.

Einige Jahre hatten wir nur wenig Kontakt, weil ich woanders studiert habe. Jetzt bin ich wieder zuhause und wir haben uns öfter getroffen. Dabei ist mir klar geworden, dass ich sie körperlich sehr attraktiv finde und dass ich mich in sie verliebt habe. Mein Traum ist, mit ihr in die Ferien zu fahren und jede Nacht mit ihr im Bett zu kuscheln.

Bin ich deswegen lesbisch? Ich habe ziemliche Angst, ihr das zu sagen. Auf keinen Fall möchte ich durch einen unbedachten Wunsch unsere Freundschaft aufs Spiel setzen.

Außerdem weiß ich nicht, was meine Eltern dazu sagen. Denn eigentlich erwarten sie, dass ich irgendwann heirate und Kinder bekomme- schon aus dem Grund, dass sie Oma und Opa werden können.

Jessica G. (Name geändert)

Lesbisch- jede Nacht im Urlaub kuscheln

Hallo Jessica,

Sie haben eine gute Freundin, mit der Sie sich seit vielen Jahren gut verstehen. Nachdem Sie ein paar Jahre woanders wohnten, haben Sie sie wiedergesehen und sich in sie verliebt.

Sie möchten gern mit ihr in die Ferien fahren und mit ihr kuscheln. Gleichzeitig haben Sie Angst vor einer Zurückweisung durch Ihre Freundin und davor, was Ihre Eltern dazu sagen.

Lesbisch- Kann aus Freundschaft Liebe werden?

Einen anderen Menschen zu lieben, ist etwas Wunderschönes. Ob hetero oder gleichgeschlechtlich, ist da vollkommen egal. Es ist einfach gut, einen Menschen zu haben, den man gerne mag.

Mit Ihrer Freundin beruht das auch auf Gegenseitigkeit, jedenfalls, was die Freundschaft betrifft. Ihre Unsicherheit ist allein, ob in der Beziehung mit ihrer Freundin vielleicht auch noch die Erweiterung auf gemeinsame sexuelle Erlebnisse möglich ist.

Herausfinden können Sie das nur, wenn Sie den Mut haben, es Ihrer Freundin zu sagen. Prinzipiell ist die Idee, gemeinsam in Urlaub zu fahren, dazu sicher eine gute Gelegenheit. Wenn Sie gemeinsam am Stand sitzen oder in Ihrem Zimmer liegen, ist es keine große Hürde, wenn Sie Ihre Freundin fragen: „Darf ich mich mal an Dich kuscheln? Ich hätte jetzt richtig Lust dazu.“

Wenn Ihre Freundin ebenfalls sexuelle Gefühle für Sie empfindet, ist so bestimmt der Durchbruch geschafft.

Nicht alle Frauen sind lesbisch

Allerdings können Sie nicht davon ausgehen, dass Ihre Freundin ebenfalls eine lesbische Neigung hat. Schätzungen gehen davon aus, dass (nur) etwa jede fünfte Frau sich sexuell auch für Frauen interessiert. Es ist also keineswegs sicher, dass Ihre Freundin auch sexuell etwas mit Ihnen anfangen will.

Es kann also sein, dass Ihre Freundin die Kuschelanfrage im Urlaub entweder gleich ablehnt oder zunächst zwar erlaubt, sich aber dann körperlich zu Ihnen wieder auf Abstand begibt, wenn es ihr zu viel wird.

Lesbisch- Wie gehe ich mit Ablehnung um?

Dass Ihre Freundin Ihnen deswegen die Freundschaft aufkündigt, halte ich für wenig wahrscheinlich.

Problematischer ist, wie Sie selbst damit zurecht kommen. Schließlich sind Sie ja mit Ihrer Freundin in den Urlaub gefahren, in der Hoffnung, jede Nacht mit ihr im Bett zu kuscheln.

Wie können Sie mit der Enttäuschung umgehen, dass Sie tagelang Ihre Freundin im Urlaub bei sich haben, ohne dass ihr eigentlicher Wunsch in Erfüllug geht? Werden Sie Ihren Urlaub trotzdem genießen können und mit Ihrer Freundin auch nach einer Zurückweisung noch unverkrampft Spaß haben können?

Es ist wohl sinnvoll, wenn Sie sich auf das Urlaubsprojekt nur dann einlassen, wenn Sie sich sicher sind, dass Sie mit einer Zurückweisung der Kuschelanfrage auch gut leben können. Ansonsten wäre es möglicherweise besser, Sie würden erst einmal nur für ein Wochenende gemeinsam wegfahren, zum Beispiel für eine Zweitagsewanderung oder einen Städtetrip.

Dann steht die mögliche Zurückweisung nicht tagelang zwischen Ihnen. Und wenn´s geklappt hat, dann können Sie ja gleich den nächsten Trip oder den längeren gemeinsamen Urlaub buchen.

Lesbisch-
Wo finde ich die passende Freundin?

Im eigenen Freundeskreis eine lesbische Partnerin zu finden, ist weniger einfach als die Suche nach einem heterosexuellen Partner. Erstens deswegen, weil die Mehrzahl der Menschen – und damit auch die Mehrzahl der eigenen Freunde- nun einmal heterosexuell veranlagt ist, zum zweiten, weil (leider) immer noch viele lesbische Frauen (und homosexuelle Männer) Mühe damit haben, sich zu ihrer sexuellen Orientierung zu bekennen.

Deswegen ist die Suche nach einer lesbischen Freundin dort einfacher, wo Sie von vornherein auf Leute treffen, die an einer gleichgeschlechtlichen Beziehung Interesse haben.

Sie können mal bei einem homosexuellen Jugendzentrum in Ihrer Nähe anrufen, wie zum Beispiel dem anyway in köln oder dem diversity in München. Hier finden Sie Gruppen für Jugendliche oder junge Erwachsene bis 27, die genau wie Sie häufig noch gar nicht sicher sind, ob sie nun dezidiert homosexuell sind oder nicht. Was das Schöne an der Sache ist: Sie sind da mit Leuten zusammen, mit denen Sie über Ihr Thema ohne jede blöde Bemerkung reden können.

Darüber hinaus gibt es in nahezu allen größeren Städten ein homosexuell-lesbische Vereine, wo Sie Veranstaltungen besuchen und Leute kennenlernen können.

Lesbisch-
Wie sag ich´s meinen Eltern?

Was Ihre Eltern über Ihre Partnerwahl denken, ist zunächst einmal unerheblich.Schließlich suchen Sie ja einen Partner für Ihr eigenes Leben und nicht für das Leben Ihrer Eltern.

Und wenn Sie den für Sie passenden Menschen gefunden haben, ist es gar nicht so unwahrscheinlich, dass sich Ihre Eltern mit Ihnen gemeinsam freuen werden- ganz gleich, ob es ein Mann oder eine Frau ist.

Die Angst, als lesbische Frau keine Kinder bekommen zu können, ist zum Glück heutzutage definitiv kein Problem mehr. Wenn Sie und Ihre Partnerin das wollen, können Sie gemeinsam ein Kind adoptieren- oder sich nach einem Samenspender umsehen, so dass Sie Ihr eigenes Kind auch selbst auf die Welt bringen können. Ihre Eltern können also Oma und Opa werden- ganz egal, ob Sie eine Frau oder einen Mann lieben.

Wenn Sie weitere Fragen haben, können Sie sich gern nochmal an mich wenden.

Mit freundlichen Grüßen
© M.Petery.
Dr. rer. biol. hum. Michael Petery

 

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Homosexualität

Coming-out: Sagen, dass ich homosexuell bin

Coming-out
Ich bin am Rand der Verzweiflung

Zur Zeit bin ich in einer ziemlich ausweglosen Situation. Ich bin jetzt 22 Jahre alt und weiss seit etwa 6 Jahren, dass ich schwul bin, weil mich immer wieder in irgendwelche Jungen verliebe, aber nie in ein Mädchen. Übers Internet habe ich auch schon einige sehr nette Leute kennengelernt, mit denen ich mich wahnsinnig gern treffen würde. Aber ich habe einfach Angst, den nächsten Schritt zu tun.

Ich fürchte, dass ich meine bisherigen Freunde verliere und dass ich meine Eltern und meine Familie total enttäusche, wenn ich mich oute. Ich könnte ja eh nicht mit einem Freund ankommen, da ich noch bei meinen Eltern wohne.

Ich will auch nicht plötzlich von jedem mit Häme oder mit Mitleid als „Schwuchtel“ angesehen werden. Und mir ist das Risiko einfach zu groß, dass ich bei uns in der Kleinstadt irgendwo gesehen werde, wenn ich gemeinsam mit einem Freund herumlaufe. Klar, das könnte mir egal sein, was die anderen denken… Aber richtig egal ist mir das nicht. Ich fühle mich hier zuhause eigentlich sehr wohl, und ich will mir das auch nicht durch ein Coming-out plötzlich kaputt machen.

Und gleichzeitig wünsche ich mir so sehr einen Freund…

Aber irgendwie frisst sich das bei mir ein, das Gefühl, dass ich eigentlich alle nur anlüge, wenn ich nicht sage, wer ich eigentlich bin. Und ich weiss auch gar nicht mehr, wer mich überhaupt mag. Es kann ja sein, dass alle weglaufen, sobald sie wissen, wer ich eigentlich bin. Manchmal frage ich mich, ob es das überhaupt wert ist, so weiterzuleben. Ich fühle mich total einsam, total hilflos.

Was soll ich bloß machen?

Wolfgang Z. (Name geändert)

Den ersten Schritt haben Sie schon geschafft!

Hallo Wolfgang,

Vielleicht ist das ein kleiner Trost für Sie: Den ersten Schritt haben Sie bereits geschafft geschafft, der für viele Menschen sogar noch schwieriger ist als das Coming-out. Sie wissen bereits seit Jahren, dass Sie homosexuell sind und brauchen sich zumindest an diesem Punkt selbst nicht aufzuarbeiten (vgl. den Artikel: Bin ich homosexuell?).

Leben in der Zwickmühle?

Ein schöner Zustand ist das trotzdem nicht, den Sie gerade erleben. Sie haben einerseits die Angst, dass Sie bei einem Coming-out alle Zuneigung und Liebe in Ihrer Familie und in Ihrem Freundeskreis verlieren. Aber gleichzeitig können Sie eine solche Zuneigung und Liebe schon jetzt, also auch ohne Coming-out nicht mehr so richtig genießen. Denn Sie sind sich nicht mehr sicher, ob Sie diese Liebe und Zuneigung auch erfahren würden, wenn die anderen um Ihre Homosexualität wüssten.

Eine echte Zwickmühle also, wo das eine falsch ist, wenn man es macht und das andere auch? Auf den ersten Blick kann das so aussehen. Beim genaueren Hinschauen bereitet Ihnen im Moment aber nur die erste Alternative Kummer:

  • Was Sie hier und jetzt quält, ist, dass Sie sich der Zuneigung und Liebe Ihrer Familie und Ihrer Freunde nicht mehr sicher sind. Das wissen Sie sicher.
  • Dass sich Ihre Familie und Ihre Freunde von Ihnen lossagen werden, falls Sie sich outen- das ist nur eine Möglichkeit. Diese Bilder finden bis jetzt nur bei Ihnen im Kopf statt.

So gesehen, ist das Schlechteste, was Sie tun können, wenn Sie einfach so weiter machen wie bisher. Denn das quälende Gefühl, nicht zu wissen, ob Sie wirklich als der geliebt werden, der Sie sind, wird Sie ohne Coming-out niemals verlassen. Von daher spricht also alles für ein Coming-out.

Allerdings brauchen Sie sich nicht unvorbereitet ins Coming-out zu stürzen. Solange Sie von einer homosexuellen Beziehung nur träumen und keinen Freund tatsächlich an Ihrer Seite haben, wird niemand Ihre Homosexualität von außen bemerken. Ein Coming-out ohne Ihr Zutun durch zufällige Beobachtungen anderer Leute kann es also jetzt noch gar nicht geben.

Der richtige Zeitpunkt fürs Coming-out

Offensichtlich fällt Ihnen an der Vorstellung eines Coming-out am schwersten, dass Sie sich vorstellen, plötzlich ganz allein und ohne Unterstützung und Verständnis dazustehen.

Eine Möglichkeit, dem vorzubauen, kann es sein, dass Sie sich erst einmal ein Netzwerk mit homosexuellen Freunden schaffen und dazu zum Beispiel mit einer lokalen Initiative Kontakt aufnehmen oder auch mit den Männern, die Sie im Internet bereits kennengelernt haben und die Sie sympathisch finden. Das muss noch nicht gleich die große Liebe fürs Leben sein, es reicht, wenn Sie ein paar Leute um sich herum haben, mit denen Sie ohne Probleme über Ihre Homosexualität reden können. So gesehen, haben Sie zumindest mit diesen Menschen Ihr Coming-out schon hinter sich.

Noch leichter wäre es natürlich, Sie fänden bereits einen festen Freund, der vielleicht schon mehr Erfahrung hat wie Sie und Sie durch die schwierige Phase des Coming-out begleiten kann.

Auf jeden Fall ist es gut, sich erst die nötige seelische Rückendeckung zu verschaffen und erst dann den nächsten Schritt zu wagen: Ihre bisherigen Freunde und Ihre Familie über Ihre Homosexualität aufzuklären. Sinnvollerweise fangen Sie auch da erst einmal bei denen an, wo Sie keine ablehnende Reaktion erwarten.

Coming-out:
Reaktionen, mit denen Sie rechnen müssen

Auch wenn das kaum bei allen Menschen der Fall sein wird, denen Sie von Ihrer Homosexualität erzählen: Es kann tatsächlich sein, dass sich Menschen von Ihnen nach Ihrer Erklärung mehr oder weniger deutlich abwenden.Das kann im Einzelfall sehr schmerzhaft sein, insbesondere bei nahen Verwandten wie den Geschwistern oder den eigenen Eltern.

Wenn also ein Freund oder Verwandter sich nach Ihrem Coming-out von Ihnen abwendet, dann haben Sie buchstäblich eine „Ent-Täuschung“ erlebt. Durch Ihr Coming-out sind solche Beziehungen nicht schlechter geworden als zuvor. Der einzige Unterschied ist: Sie können sich selbst jetzt nicht mehr darüber täuschen, dass Sie als Person von dem oder der Betreffenden auch zuvor nicht wirklich wertgeschätzt worden sind.

Manchmal fallen die Reaktionen eines anderen auch nur im ersten Moment so harsch aus. Schließlich haben viele Menschen selbst ein gutes Stück Homosexualität in sich verborgen, zu dem sie sich auf gar keinen Fall bekennen wollen. Deswegen könnte Ihr Coming-out solchen Menschen Angst machen- und die beste Verdrängung der eigenen homosexuellen Anteile ist es nun einmal, zunächst auf Sie loszugehen und Ihnen unfreundlich zu kommen.

Es kann sein, dass sich diese Abwehrgefühle dann nach ein paar Tagen wieder legen und die Vernunft wieder zurückkehrt. Schließlich waren die Leute ja mit Ihnen als Person befreundet, an der sich nichts verändert hat, und nicht mit der bei Ihnen vermuteten heterosexuellen Orientierung.

Wenn Sie selbst um diese Reaktion wissen und Großmut an den Tag legen, kann es sein, dass Sie auch Freunde, die zunächst alles andere als gut reagiert haben, letztlich doch behalten können. Natürlich nur dann, wenn Sie das selbst noch wollen…

Wenn es Leute gibt,
die Ihr Coming-out nicht akzeptieren…

Und wenn jemand absolut nicht damit umgehen kann, dass Sie sich zu Ihrer Homosexualität bekennen- dann hat der ein Problem und nicht Sie. Bei solchen Leuten ist es auch nicht sinnvoll, noch mehr von Ihrer Energie zu investieren. Verwenden Sie Ihre Zeit besser dazu, sich um Ihre anderen Freunde zu kümmern und um neue homosexuelle Freunde zu finden!

Denn das ist der größte Vorteil des Coming-out: Sie werden es viel leichter haben, Gleichgesinnte zu finden und einen neuen Freundeskreis aufzubauen, in dem Sie ganz Sie selbst sein können, Denn alle anderen Homosexuellen haben ganz ähnliche Erfahrungen gemacht wie Sie jetzt.

Und in diesem Sinne brauchen Sie keine Angst vor dem Coming-out zu haben, sondern können sich sogar schon auf die neuen Möglichkeiten freuen, die sich dadurch für Sie ergeben werden!

Ihnen viel Erfolg auf Ihrem Weg und herzliche Grüße
© M.Petery.
Dr. rer. biol. hum. Michael Petery

PS:
Noch etwas, was mir sehr am Herzen liegt. In Ihrer Verzweiflung, die ich sehr gut verstehen kann, haben Sie geschrieben: „Manchmal frage ich mich, ob es das überhaupt wert ist, so weiterzuleben.“
Sollten Sie tatsächlich an Selbstmord als Lösung des Problems denken, ist es höchste Zeit, dass Sie sich jetzt an einen Therapeuten wenden. Selbstmord ist absolut die schlechteste Lösung.

Stellen Sie sich einmal vor, in einem Jahr könnten Sie glücklich mit dem Mann Ihres Lebens zusammenleben: Wie wichtig ist es da, dass Sie jetzt nicht verzweifeln, sondern sich Hilfe holen.

Bin ich homosexuell -
oder nicht?
Lesbisch-
Lust auf die beste Freundin
Entdeckung der Homosexualität als verheirateter Mann


Coming-Out: Sagen, dass ich homosexuell bin
Bin ich bisexuell? Freundin will Gegenbeweis

Homosexuelle Zwangsgedanken- wie werde ich sie los?
HOCD- Homosexuelle Zwangsgedanken
HOCD Homosexual Obsessive Compulsive Disorder

 

 

 

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Homosexuell: Bin ich homosexuell oder nicht?

Bin ich homosexuell oder sind das nur falsche Gedanken?

Bin ich homosexuell, weil ich mich in falsche Gedanken verliere?- Eine Frage, mit der ich mich die ganzen letzten Jahre herumquäle. Dabei hatte ich schon mehrmals etwas mit Mädchen und bin beim Sex auch immer ohne Probleme gekommen.
Allerdings habe ich nie eine richtige Freundin gehabt. Ich fange im Kino immer an zu vergleichen und frag mich: findest du das Mädchen hübscher oder doch eher ihn? Abends kann ich dann überhaupt nicht einschlafen. Kann man sich selbst durch Rumgrübeln einreden, dass man schwul ist? Ich habe echt Angst davor, dass mich mein eigenes Nachdenken krank macht.

Marcus R. (Name geändert)

Bin ich homosexuell?- Eine Frage,
die viele Menschen irgendwann beschäftigt

Hallo Marcus,

so wie Ihnen geht es vielen Menschen. Wahrscheinlich stellt sich sogar jeder Mensch in seinem Leben einmal die Frage: Bin ich homosexuell oder lesbisch? Kann es sein, dass ich mich auch in jemanden verlieben kann, der das gleiche Geschlecht hat wie ich?

Diese Frage allein hat noch nichts damit zu tun, ob Sie homosexuell sind oder heterosexuell oder vielleicht auch bisexuell. Durch Rumgrübeln können Sie nicht homosexuell werden, davor brauchen Sie bestimmt keine Angst zu haben.

Die Frage an sich ist im Grunde auch gar nicht so entscheidend. Viel wichtiger ist, zu welchem konkreten Menschen Sie sich hingezogen fühlen und ob dieser Mensch, ganz gleich, ob Mann oder Frau, Ihre Liebe dann auch erwidert.

Zeit dafür, einen Mann kennenzulernen?

© M.Petery.
Sie schreiben, dass Sie im Kino durchaus auch mal den männlichen Star attraktiver finden. Das kann ein Hinweis darauf sein, dass für Sie möglicherweise eine homosexuelle Beziehung besser paßt, als es Ihnen bisher mit den Mädchen gegangen ist. Aber das finden Sie natürlich nur heraus, wenn Sie es ausprobieren. Mit Rumgrübeln vorm Einschlafen werden Sie da nicht weiterkommen.

Mit dem Kennenlernen von Mädchen hatten Sie ja in der Vergangenheit offenbar wenig Probleme. Vielleicht ist es Zeit, dass Sie auch einmal einen Jungen kennenlernen?

Das ist zugegebenermaßen in unserer Gesellschaft nicht sehr einfach. Aber vielleicht sollten Sie es einfach mal ausprobieren?

Bin ich homosexuell? Die Testfrage: Gibt es schon einen Mann in Ihrem Leben?

Gibt es in Ihrem Leben einen Mann, der Ihnen gefällt und in den Sie sich bereits verliebt haben? Dann versuchen Sie doch, diese Freundschaft zu pflegen, miteinander etwas zu unternehmen, zu verreisen. Wen Ihr Freund dazu Lust hat und Sie beide richtig viel zusammen sind, dann werden Sie sich früher oder später auch über das Thema Sexualität unterhalten.

Und wenn Sie beide sich bis dahin gut verstanden haben, dann können Sie Ihren Freund auch ansprechen, am Strand oder im Hotelzimmer, ob er nicht etwas näher an Sie heranrücken möchte. Klar besteht das Risiko, dass er nein sagt. Aber andererseits werden Sie es nicht herausfinden, wenn Sie nichts wagen.

Leute kennenlernen in Jugendzentren und Vereinen

Aber es gibt noch eine andere, möglicherweise einfachere Alternative. Sie können mal bei einem homosexuellen Jugendzentrum in Ihrer Nähe anrufen, wie zum Beispiel dem anyway in köln oder dem diversity in München. Hier finden Sie Gruppen für Jugendliche oder junge Erwachsene bis 27, die genau wie Sie häufig noch gar nicht sicher sind, ob sie nun dezidiert homosexuell sind oder nicht. Was das Schöne an der Sache ist: Sie sind da mit Leuten zusammen, mit denen Sie über Ihr Thema mit Sicherheit ohne jede blöde Bemerkung reden können.

Falls Sie dafür schon zu alt sind: Es gibt in nahezu allen größeren Städten einen homosexuellen Verein, wo Sie Veranstaltungen besuchen und Leute kennenlernen können: Das finden Sie im Internet sehr schnell heraus. Dazu kommen die überregionalen Gruppen, wie zum Beispiel HuK- Homosexuelle und Kirche oder der Völklinger Kreis, der Berufsverband für schwule Manager, Unternehmer und Freiberufler.

Wenn Sie weitere Fragen haben, freue ich mich über Ihre Mail,

Herzliche Grüße
© M.Petery.
Dr. rer. biol. hum. Michael Petery

Die Alternative: HOCD-homosexuelle Zwangsgedanken

PS: Wenn Ihnen der Gedanke an eine mögliche Homosexualität nur quälend und unangenehm ist, kann es sein, dass Sie an HOCD (homosexuellen Zwangsgedanken) leiden. Solche Gedanken haben mit der eigenen sexuellen Orientierung sehr wenig zu tun und treten häufig im Rahmen einer noch nicht erkannten depressiven Episode auf. Hier lohnt sich eine genaue Abklärung im Rahmen einer Sexualtherapie.
Homosexuell?

Bin ich homosexuell -
oder nicht?
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Lust auf die beste Freundin
Entdeckung der Homosexualität als verheirateter Mann


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Was ist eine Perversion?

Perversion-
ein veraltetes Schlagwort

Der Begriff Perversion stammt aus dem 19. Jahrhundert. Der Psychiater Richard von Krafft-Ebing erklärte 1875  in seinem Buch zur Sexualpathologie männliche Homosexualität zu einer Form „verkehrter“, d.h. „perverser“ Sexualität, die er als degenerative Erbkrankheit bezeichnete.

Die Vorstellung von einer „perversen“ Sexualität ist das Gegenbild zur Vorstellung vom traditionellen Normsex, der vorschreibt, dass Sexualität einzig und allein im Rahmen der Ehe in der Form des Koitus zwischen Mann und Frau stattfindet.

Trotzdem war die Lehre von den Perversionen im 19. Jahrhundert insofern ein Fortschritt, als dass Krafft-Ebing Homosexualität  nicht wie bis dahin allgemein üblich als einen Fall für die Justiz ansah,  sondern als Fall für den Psychiater…

Die heutige Wissenschaft hat schon lange aufgezeigt, dass sich auch Krafft-Ebings Auffassung von Homosexualität als Perversion keineswegs aufrecht erhalten läßt. Homosexualität, männlich und weiblich, gehört ebenso zu den „normalen“ Formen menschlicher Sexualität wie die Sexualität zwischen Mann und Frau.

Aber auch unabhängig von der Homosexualität ist der Begriff der Perversion leider immer noch ein Schlagwort, mit dem Formen von Sexualität gebrandmarkt werden, die kulturell oder moralisch nicht anerkannt werden von eben den Menschen, die den Begriff Perversion gebrauchen.

Ein Beispiel dafür ist etwa die oft noch weit verbreitete Ablehnung der Onanie, obwohl sie  in der heutigen medizinischen Diagnostik (ICD-10) als völlig normgerechtes Verhalten angesehen wird. Auch andere Formen menschlicher Sexualität, die durchaus problematiosche Seriten haben können wie etwa Masochismus, Sadismus oder Fetischismus, sind nicht grundsätzlich als Perversion und damit als „krank“ anzusehen-

Perversion-
abstoßend und faszinierend zugleich

Hinter dem Gebrauch des Wortes „Perversion“ kann eine unbewusste Faszination für genau diese „perversen“ Formen der Sexualität stehen: Gerade weil eine „verbotene“ und „perverse“ Handlung fasziniert, muss sie moralisch umso stärker unterdrückt und gebrandmarkt werden.

Interessanterweise zeigt sich genau das bei dem ExLibris-Bild, welches der Homosexualitätserklärer Richard von Krafft-Ebing selbst für seine Bibliothek verwendet hat (siehe Abbildung oben): Ein nackter Mann erwürgt eine Schlange, die aus einem Buch herausquillt. Ist das nicht ein wunderbar-unfreiwilliges  Bild für seinen Kampf mit der eigenen Homoerotik?

Psychotherapeutisch interessant ist aus meiner Sicht also nicht die „perverse“ Handlung, sondern die Frage, warum ein Mensch bestimmte Sexualpraktiken als pervers empfindet. Und hier öffnet sich bis heute ein großes Aufgabengebiet für die Sexualtherapie.

Dr. rer. biol. hum. Michael Petery

PS: Unanhängig von der Frage nach der „Perversion“ gibt es natürlich Formen der Sexualität, die für den Betroffenen selbst einen erheblichen Leidensdruck ergeben können (z.B. „Pornosucht“) oder die strafrechtlich relevant sind, weil sie andere Menschen psychisch und körperlich  schwerst verletzen (z.B. Kindesmissbrauch).

Bildnachweis: Alfred Schrötter von Kristelli (1851–1935) – Originaldruck, Signatur des Künstlers (AS) von 1904, Krafft-Ebing’sches Familienarchiv Graz (A)

© M.Petery.

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