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Masochismus- Der Traum vom Misshandeltwerden

Masochismus: Das ideal der grausamen Frau Foto © razoomanetu Fotolia.com

Masochismus
Fantasien über grausame Frauen

Seit ungefähr dem Ende meiner Grundschulzeit verfolgen mich (männlich, 27 Jahre) ziemlich heftige Fantasien: Ich träume davon, das Frauen mich rundum brutal sexuell misshandeln: sowohl ist es nur eine, oft auch mehrere gleichzeitig. Mit Fußtritten, Schlägen ins Gesicht und in die Eier, bis hin zur Bewusstlosigkeit. Oder davon, dass sie mir ihre Zigaretten auf der bloßen Haut ausdrücken.

Ich träume auch davon, beschimpft zu werden und ungerecht bestraft zu werden. Das sind Gedanken, die mich jeden Tag quälen, gleichzeitig aber auch sehr erregen.

Das geht so weit, dass ich mich in Gegenwart von Frauen z.B. auch im Büro bei der Arbeit manchmal gar nicht richtig konzentrieren kann. Ich muss mir dann sofort vorstellen, wie ich geknebelt vor ihnen auf dem Boden liege und sie mich mit Füssen treten. Manchmal stelle ich mir vor, von ihnen zu Tode gefoltert zu werden. Oder komplett hypnotisiert zu werden und dann als willenlose Tötungsmaschoine selbst für sie morden zu müssen.

Besonders die letzte Fantasie gefällt mir unheimlich gut: Gleichzeitig bekomme ich da ziemlich Angst vor mir.

Meinen Freunden will ich das auf keinen Fall erzählen: Vielleicht denken die, ich wäre schwul, weil mir ständig so grausame Frauen vorstelle. Dabei machen mich Männer überhaupt nicht an.

Bin ich total pervers? Wenn ich davon nicht loskomme, kann ich mir echt nicht vorstellen, wie ich jemals eine Familie gründen soll.

Daniel C. (Name geändert)

Masochismus oder Zwangsgedanken?

Hallo Daniel,
die Vorstellung, von grausamen Frauen misshandelt zu werden, erregt Sie. Manchmal verfolgen Sie diese Fantasien bis ins Büro, und Sie haben Sorge, sexuell „pervers“ zu sein und deswegen keine Familie gründen zu können.

Auf jeden Fall stehen Sie mit solchen Fantasien nicht allein da. Es gibt viele Männer, denen die Vorstellung gefällt, von Frauen gedemütigt und misshandelt zu werden.

Masochismus

Davon träumte schon der österreichische Schriftsteller Leopold von Sacher-Masoch in seinem berühmten Roman „Venus im Pelz“. Nach ihm wurden solche sexuellen Fantasien (und auch Praktiken) Masochismus genannt.

Masochismus- benannt nach dem SchriftstellerSacher-Masoch

 

Masochismus, der zur Stimulation der eigenen sexuellen Erregung dient, ohne dass der Betroffene darunter leidet, ist nicht „pervers“, sondern eine mögliche und spannende Spielart sexueller Fantasien.

In Ihrer eigenen Geschichte klingt durch, dass auch Sie diese Vorstellungen als sexuell erregend empfinden. Solange Sie diese Vorstellungen dazu nutzen, Ihre eigene sexuelle Erregung zu stimulieren, ist prinzipiell nichts Schlechtes daran. Im Gegenteil, es ist gut, wenn Sie wissen, welche Vorstellungen Sie erregen.

Problematisch ist das nur dann, wenn sich Ihnen diese Gedanken auch gegen Ihren Willen aufdrängen, wie das Ihnen offenbar manchmal im Büro passiert. Wenn Ihnen das regelmäßig an den meisten Tagen der Woche passieren würde, könnte es sich lohnen, mit einem Therapeuten zu prüfen, ob Sie an einer Zwangsstörung leiden. Hier könnte, wie ich im Beitrag über sexuelle Zwangsgedanken erläutert habe, möglicherwiese eine kognitive Umstrukturierung helfen.

Masochismus
Umgang mit der sexuellen Erregung

Nach Ihrer eigenen Schilderung werden Sie nicht jeden Tag gegen Ihren Willen von diesen Träumen eingeholt. Problematisch sind diese Träume nur an manchen Tagen, wenn Sie sich im Büro nichts anderes mehr vorstellen können, als von den anwesenden Damen misshandelt zu werden.

Wahrscheinlich haben Sie an diesen Tagen von sich aus ein hohes sexuelles Erregungspotential ins Büro mitgebracht: Daher reicht allein die Anwesenheit von Frauen dazu aus, dass in Ihrem Kopf die sexuelle Bilderreise beginnt.

Es könnte sich lohnen auszuprobieren, wie es ist, wenn Sie sich an solchen Tagen Ihre sexuelle Befriedigung schon vor dem Beginn des Büroalltags besorgen, zum Beispiel, indem Sie sich noch zuhause ein Pornovideo aus dem Internet ansehen und dabei masturbieren. Es könnte sein, dass Sie so auf angenehme Weise für den Büroalltag wieder einen freien Kopf bekommen.

Auch ein solches Verhalten ist übrigens nicht „pervers“, sondern ein Akt der Selbstfürsorge. Sie würden ja auch nicht mit einem Bärenhunger oder einem Riesendurst in die Arbeit gehen und gleichzeitig von sich die volle Leistung erwarten. Nur wenn Ihre Grundbedürfnisse gestillt sind, können Sie sich auf Ihre Arbeit konzentrieren- das gilt für sexuelle Erregung genauso wie für Hunger und Durst..

Masochismus
Unterscheidung von Fantasien und Wünschen

Eine weitere Hilfe kann es für Sie sein, wenn Sie, möglicherweise auch gemeinsam mit einem Therapeuten, zu unterscheiden lernen, was bei Ihren Vorstellungen reine Fantasie ist und was dahinter an sexuellen Wünschen steht.

Wenn Sie in Bezug auf diese Unterscheidung mehr Klarheit gewinnen, werden Ihnen Ihre masochistischen Tagträume mit großer Wahrscheinlichkeit weniger Angst machen. So könnte es zum Beispiel sein, dass Sie die Vorstellung von sich selbst als hypnotisierter Tötungsmaschine klar als eine sexuelle Fantasie begreifen lernen, die Sie hin und wieder sehr erregen kann, aber in keiner Weise jemals etwas mit der Realität zu tun haben wird.

Andere Elemente Ihrer Tagträume tragen dagegen durchaus die Möglichkeit in sich, von Ihnen auch einmal spielerisch in Wirklichkeit ausgelebt zu werden. Vielleicht finden Sie eine Frau, der es Spaß macht, für Sie im sexuellen Rollenspiel die grausame Göttin zu spielen. Oder Sie genießen es, sich hin und wieder den Besuch bei einer Domina zu gönnen und so unter professioneller Anleitung Ihre sexuellen Wünsche weiter zu erkunden.

Masochismus und Homosexualität
sind zwei paar Stiefel

Ihre Sorge, dass Ihre masochistischen Fantasien irgendwie mit Homosexualität zusammenhängen, sind vollkommen unbegründet. Natürlich können auch homosexuelle Männer masochistische Fantasien haben- dann aber zumeist als ein Misshandeltwerden von anderen Männern. In Ihren eigenen Fantasien spielen Männer offenbar keine Rolle.

Trotzdem könnte es sich für Sie lohnen, mit einem Therapeuten über das Thema Homosexualität zu sprechen. Schließlich scheint Ihnen die Vorstellung, Ihre Freunde könnten Sie für „schwul“ halten, ziemliche Angst zu machen. Vielleicht finden Sie im Gespräch mit dem Therapeuten eine Möglichkeit, diese Angst abzulegen. In einem solchen Gespräch mit dem Therapeuten könnte es dann um folgende Fragen gehen:

  • Was bedeutet Homosexualität für mich?
  • Fällt es mir schwer, Homosexualität als „normale“ Form der Sexualität zu akzeptieren? Wenn ja, warum?
  • Warum habe ich Angst, für „schwul“ gehalten zu werden?
  • Beinhaltet die Bezeichnung „schwul“ in meiner Vorstellung eine Abwertung? Wenn ja, warum?
  • Warum könnten mich meine Freunde als „schwul“ ansehen wollen?
  • Werte ich selbst andere Menschen als „schwul“ ab?

Masochismus-
Kein Hindernis für Ehe und Familie

Zum Schluß noch ein paar Worte zu Ihrer Sorge, Sie könnten aufgrund Ihrer sexuellen Veranlagung niemals eine Familie gründen.

Diese Sorge ist aus meiner Sicht vollkommen unberechtigt.

Natürlich brauchen Sie für die Familiengründung eine Frau, die zu Ihnen passt. Wichtig ist außerdem, dass Ihre Frau Ihre sexuellen Fantasien und Wünsche akzeptiert. Aber das ist eine Binsenweisheit, und würde genauso gelten, wenn Sie keinerlei masochistischen Elemente in sich tragen würden.

Im übrigen bedeutet Masochismus nicht, dass Ihre zukünftige Frau auch außerhalb des sexuellen Rollenspiels eine grausame Tyrannin sein muss. Ganz im Gegenteil: Sie brauchen, wie jeder andere Mann auch, eine Frau, die Sie in Ihrer ganz besonderen Eigenart verstehen und lieben kann. Und diese Frau zu finden ist für Sie nicht leichter und nicht schwerer als für jeden anderen Mann auch.

Nicht Ihre sexuellen Fantasien und Wünsche entscheiden darüber, ob Sie ein guter Familienvater und Ehemann sein können, sondern ganz andere Eigenschaften: so zum Beispiel die Fähigkeit, Ihrer Partnerin zuhören zu können und auf deren Wünsche einzugehen, und die Fähigkeit, dass Sie Ihre eigenen Wünsche klar ausdrücken können.

Wenn dazu noch ein gutes Stück Zuverlässigkeit hinzukommt und die Bereitschaft, Verantwortung für das Wohl Ihrer Familie zu übernehmen, dann steht nichts im Wege, dass Sie ein geradezu perfekter Familienvater werden.

Gern stehe ich Ihnen für weitere Rückfragen zur Verfügung.

© M.Petery.
Dr. rer. biol. hum. Michael Petery

PS: Weitere Infos im Artikel BDSM Beratung.

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Von mpetery

Zuletzt aktualisiert am 19.09.2017.

Ein paar Worte zu meiner Person:
Mein Name ist Michael Petery, bin verheiratet und arbeite in Hildburghausen (30km nordwestlich von Coburg) in meiner Praxis für Psychotherapie gemäß Heilpraktikergesetz.

Studiert habe ich in Tübingen, Paris und Berlin. Bis 2014 war ich am Universitätsklinikum in München-Großhadern tätig als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Klinik für Palliativmedizin und der Professur für Spiritual Care bei Prof. Dr. Eckhard Frick (Pychiatrie) und Prof. Dr. Traugott Roser (ev. Theologie). Daneben habe ich meine Klienten in eigener Praxis in München-Schwabing betreut.

Leitfiguren für meine therapeutische Arbeit sind Carl Rogers (clientenzentrierte Gesprächstherapie), Fritz Perls (Gestalt-Therapie) und Irvin D. Yalom.

2 Antworten auf „Masochismus- Der Traum vom Misshandeltwerden“

Nur eine Anmerkung: Den Hinweis, sich vor der Arbeit noch mit Pornos zu befriedigen, halte ich für problematisch. Pornokonsum kann zu einem zwanghaften Verhalten bzw. einer Sucht werden. Wenn ich mich nur dann konzentrieren kann, wenn ich vorher zu Pornos masturbiert habe, habe ich ein neues Problem. Ich sage das nicht als Fachmann, sondern als jemand der jahrelang unter Pornosucht gelitten hat. Letztlich haben sich Internetpornos für mich als weit problematischer herausgestellt, als meine Fetische und Fantasien.

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