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Domina-Sex: Warum stehen Männer darauf?

Domina-Sex: Wenn Frauen Männer quälen

Interview mit Dr. Michael Petery
in der Sendung Let´s talk about Sex bei Radio 89.0 RTL

Domina-Sex:
Warum machen das Männer, sich erniedrigen zu lassen?

Der Besuch bei einer professionellen Domina ist, anders als das auf den ersten Blick erscheinen mag, ein Verwöhnprogramm für Männer. Die Männer suchen sich bei einer Domina wie im Restaurant auf einer Speisekarte genau die Formen sexueller Erniedrigung aus, die sie sich selbst wünschen. Das hat mit Sadismus seitens der Frau nur sehr wenig zu tun.

Die wichtigste Erfahrung, um die es den meisten Männern dabei geht, ist die Abgabe der Führungsrolle: einmal selbst für nichts verantwortlich zu sein, sich ganz und gar in die Hände eines anderen Menschen zu begeben, der für die Dauer der Sitzung bestimmt, was geschieht.

Aus psychologischer Sicht ist eine Session bei einer Domina so etwas wie ein Angstexpositions-Training: der Mann stellt sich seinen tiefsten Ängsten von Misshandlung und Erniedrigung und kann im kontrollierten Rahmen des Domina-Studios erleben, dass diese lebensbedrohlichen Ängste sich zuletzt in sexueller Lust auflösen.

Bei vielen Männern, die eine Domina aufsuchen, ist anzunehmen, dass eigene Erfahrungen von sexuellem Missbrauch in der Kindheit im Hintergrund stehen. Neuere Forschungen gehen davon aus, dass in Deutschland etwa 15% der Frauen und 5% der Männer als Kinder Opfer von sexuellen Übergriffen geworden sind. Dabei sind, gerade Männern gegenüber, die Täterinnen häufig weiblich: oft die eigene Mutter, aber auch die Erzieherin oder Lehrerin.

Wer so etwas in der Kindheit erlebt hat, für den ist die Erfahrung des Übergriffs und der sexuellen Erregung lebenslänglich sehr eng verbunden.

Der Besuch bei einer Domina ist da geradezu ein kreativer und lebensbejahender Weg, mit solchen Belastungen umzugehen. Dadurch, dass der Mann Auftraggeber der Domina ist, kann er diese spezielle Verknüpfung seiner sexuellen Lust mit der Erfahrung der Erniedrigung immer wieder nacherleben, ohne in die Rolle des Opfers zurückzufallen.

Domina-Sex:
Frauen – warum haben sie so eine Wirkung? Wieso wollen sie Männer erniedrigen?

Das ist jetzt eine ganz andere Frage: Frauen, die Männer erniedrigen wollen. Professionelle Dominas gehören in der Regel nicht zu dieser Gruppe. Sie verstehen sich meist eher als eine Mischung aus Schauspielerin und Psychotherapeutin.

Wenn eine Frau in ihrem Privatleben Freude daran hat, Männer sexuell zu erniedrigen, ist das etwas ganz anderes. Ein solcher Wunsch hat in der Regel ebenfalls Wurzeln in kindlichen Misshandlungserlebnissen. Das ist bei einer Frau dann oft die mehr oder weniger bewusste Rache für das, was andere Männer ihr früher selber angetan haben.

Domina-Sex:
Wann wird es gefährlich?

In der BDSM-Community und auch in der Beziehung zwischen der Domina und ihren Kunden ist allen Beteiligten klar, dass sie ein Spiel spielen Zu diesem Spiel gehört es, dass vorher festgelegte Regeln gelten: etwa Code-Wörter, wann es zu viel wird oder das Spiel abgebrochen werden soll. Die Kontrolle bleibt letztlich immer bei demjenigen, der die unterlegene Rolle innehat.

Ein solches Spiel zielt nicht auf die Erniedrigung anderer Menschen als Person ab, sondern auf die Erzeugung maximaler sexueller Lust- wobei Schmerz und Erniedrigung durchaus Mittel zum Zweck sein können.

Gefährlich wird es, wenn Schmerz und Erniedrigung selbst zum eigentlichen Zweck werden. Wenn also das Spiel aus Unterwerfung und Dominanz gar kein Spiel mehr ist.

Dann kann es zu schwerwiegenden Übergriffen kommen, sowohl im Sinne einer psychischen Demütigung und menschlichen Erniedrigung, wie auch durch ganz konkrete körperliche Gewaltexzesse.

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© M.Petery.
Wenn Sie dazu Fragen haben, können Sie sich gern an mich wenden.

Dr. rer. biol. hum. Michael Petery

Von mpetery

Zuletzt aktualisiert am 19.09.2017.

Ein paar Worte zu meiner Person:
Mein Name ist Michael Petery, bin verheiratet und arbeite in Hildburghausen (30km nordwestlich von Coburg) in meiner Praxis für Psychotherapie gemäß Heilpraktikergesetz.

Studiert habe ich in Tübingen, Paris und Berlin. Bis 2014 war ich am Universitätsklinikum in München-Großhadern tätig als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Klinik für Palliativmedizin und der Professur für Spiritual Care bei Prof. Dr. Eckhard Frick (Pychiatrie) und Prof. Dr. Traugott Roser (ev. Theologie). Daneben habe ich meine Klienten in eigener Praxis in München-Schwabing betreut.

Leitfiguren für meine therapeutische Arbeit sind Carl Rogers (clientenzentrierte Gesprächstherapie), Fritz Perls (Gestalt-Therapie) und Irvin D. Yalom.

3 Antworten auf „Domina-Sex: Warum stehen Männer darauf?“

Völlig überholte gefährliche Klischeevorstellungen die „Domina-Sex“ auf eine käufliche lieblos Interaktion reduziert und pathologisiert.
Es gibt nach heutigen Forschungsstand keine Hinweise darauf, dass sadomasochistische Tendenzen mit der Psychopathologie, zumindest der, wie sie für ambulante Psychotherapiepatienten typisch ist (Angststörungen, Depressionen), korrelieren. (Hoyer 2008, S. 178 ff.)
Ganz im Gegenteil wie Baumeister in seiner Forschung bereits 1988 feststellte „Society’s real victims are clearly underrepresenteted among masochist“ (Baumeister 1988, S. 45)
Ein Kausalzusammenhang zwischen Missbrauchserfahrungen und späterer masochistischer Neigung konnte bisher – trotz zahlreicher Versuche- nicht festgestellt werden.
Bitte nennen sie für ihre widersprüchliche Behauptung wissenschaftlicher Quellen?

Danke; Frau Klyk, für Ihren Beitrag, den ich gern online gestellt habe. Hier dazu ein paar Anmerkungen:

Ich fühle mich von Ihnen ziemlich missverstanden: In meinem eigenen Text finde ich keinen Hinweis, ich würde „Domina-Sex auf eine käufliche lieblose Interaktion reduzieren und pathologisieren“.
Im Gegenteil- bei Menschen mit traumatisierenden Kindheitserfahrungen kann, wie oben gesagt, „der Besuch bei einer Domina geradezu ein kreativer und lebensbejahender Weg sein, mit solchen Belastungen umzugehen“ (so oben in Abschnitt 6). Masochismus wäre demnach bei solchen Menschen eine Form der Coping-Strategie- und daher aus therapeutischer Sicht positiv zu sehen.

Die meisten Menschen, so wie es oben steht, genießen es einfach bei BDSM-Sex auf der Sub-Seite, einmal „die Führungsrolle abzugeben“.

Und hier noch eine aktuelle Buchempfehlung zum Thema: Melanie Büttner: Sexualität und Trauma. Stuttgart 2018.

@Natalie Klyk

herausragend & sehr informativ — wichtig und bedeutungsvoll das hier kurz zusammenfassend klarzustellen!!

man kann Ihnen für dieses mutige intelligente Posting nicht klar ausreichend danken!

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