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Schlagwort:Masturbation
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Masturbation als Thema der Sexualtherapie
Lange Zeit galt sexuelle Selbstbefriedigung als Sünde oder als Krankheit. Heute gilt es als völlig normal, wenn Menschen sich selbst befriedigen- auch im Rahmen einer Partnerbeziehung.
Problematisch wird Selbstbefriedigung nur dann, wenn eigene Normen oder die Erwartungen des Partners im Gegensatz zum eigenen Sexualverhalten stehen. Dann kann für die Betroffenen ein erheblicher Leidensdruck entstehen. Eine Sexualtherapie kann dabei helfen, das eigene Verhalten als normal zu akzeptieren und falsche Vorstellungen abzubauen.
Ebenfalls problematisch ist, wenn sich der Konsum von Pornografie zu einer Belastung für die Partnerschaft auswächst. Bei Pornosucht ist es sinnvoll, sich therapeutische Unterstützung zu holen, damit für den Betroffenen im privaten und beruflichen Umfeld keine bleibenden Schäden entstehen.
Eine möglicherweise blöde Frage: Ich onaniere relativ oft und das macht mir Spaß. Es kommt auch vor, dass ich weniger aus Lust onaniere, sondern aus Langeweile, sozusagen als Freizeitbeschäftigung.
Seit ein paar Monaten onaniere ich außerdem vorm Einschlafen, weil ich unmittelbar nach einem Orgasmus wunderbar einschlafen kann.
Jetzt frage ich mich: Ist das normal oder bin ich schon sex-(onanie)-süchtig?
Thomas R.. (Name geändert)
Onanie als Schlafmittel- ohne Risiken und Nebenwirkungen?
Hallo Thomas,
Onanie macht Ihnen Spaß- und jetzt haben Sie auch noch entdeckt, dass Ihnen Onanie beim Einschlafen hilft. Nun machen Sie sich Sorgen, ob sie deswegen sexsüchtig sind.
In meinem Artikel „Wie erkennt man Pornosucht?“ habe ich ein paar Kriterien zusammengestellt, was Suchtverhalten auf sexuellem Gebiet bedeuten könnte.
Wichtigstes Kriterium für eine Sucht ist: Der Betroffene muss darunter leiden. Das scheint nach Ihrer Schilderung nicht der Fall zu sein- damit wäre das Thema Sucht bereits vom Tisch.
Körperliche Schädigungen durch Onanie sind wissenschaftlich nicht bekannt, also auch darüber brauchen Sie sich nicht weiter Gedanken zu machen.
Bleibt noch die Frage, ob Sie darunter leiden, dass durch Ihre Onanie tagsüber andere Ihrer Interessen zu kurz kommen oder dass Ihre Sozialkontakte dadurch eingeschränkt sind. Oder ob Sie sich durch Onanie in der Öffentlichkeit möglicherweise selbst juristisch in Gefahr bringen.
Wenn Sie auch diese Fragen verneinen können, ist Ihr Gebrauch von Onanie vollkommen unproblematisch und sogar gesund.
Andere Menschen nehmen zum Einschlafen Tabletten, die der Gesundheit ernsthaft schaden können oder sogar in die Abhängigkeit führen. Sie haben ein Mittel gefunden, das völlig harmlos ist und Sie „wunderbar einschlafen“ läßt. Was kann man sich Besseres wünschen?
Seit 10 Jahren bin ich mit meinem Mann verheiratet und wir haben zwei Kinder. Am Anfang unserer Beziehung hatten wir sehr viel Sex, manchmal sogar mehrmals am Tag. Das ist dann im Laufe der Jahre weniger geworden. Allerdings geht spontaner Sex ja auch nicht mehr so einfach, wenn es Kinder gibt und die Fahrerei zur Schule, zum Schwimmkurs, zum Ballett usw. Außerdem arbeite ich auch noch halbtags in einem Laden.
Vielleicht ist es da auch ganz normal, wenn ich mich abends hin und wieder einfach nur auf die Couch legen will…
Wir haben zwar immer noch alle 2-3 Tage Sex, aber eher, weil ich das Gefühl habe, dann wieder „dran“ zu sein. Tatsächlich macht mein Mann mir schon Vorwürfe, wenn es mal vier Tage dauert. Er fragt dann gleich, ob ich wohl einen anderen hätte und deswegen keine Lust. Ganz sein Ernst kann das aber kaum sein, schließlich hätte ich beim besten Willen neben Arbeit, Haushalt und Kindern keine Zeit dazu!
Richtig schmerzen tut mich, dass er mich nach drei Tagen ohne Sex nicht mehr in den Arm nimmt und sich auch im Bett nicht mehr an mich kuschelt, als Strafe sozusagen. Ständig Sex Ich frage mich allmählich, ob er mich eigentlich nur dann lieben kann, wenn ich mit ihm schlafe. Und in meiner Unsicherheit sage ich dann jedes Mal schneller Ja zum Sex, als ich das selber eigentlich haben will.
Inzwischen habe ich herausgefunden, dass er in den Tagen dazwischen Pornos auf dem Computer anschaut. Ich hab ihm dann vorgeschlagen, dass wir uns ruhig am Abend mal gemeinsam einen Porno anschauen können. Aber er war dann nur ärgerlich und meinte, dass er weder allein noch mit mir Pornos guckt.
Ich weiß echt keine Lösung mehr. Ich liebe meinen Mann über alles, und eigentlich macht mir unser Sex sogar richtig viel Spaß. Aber nicht dann, wenn er ständig Sex will und ich selber total müde und erschöpft. Was soll ich bloß machen?
Jenny L. (Name geändert)
Ständg Sex
Ständig Sex – Mein Mann bedrängt mich mit seinen Wünschen
Hallo Jenny,
Sie haben einen Mann, den Sie lieben. Prinzipiell haben Sie Freude am Sex. Allerdings will ihr Mann häufiger Sex als Sie- insbesondere dann, wenn Sie schlicht und ergreifend nur zu müde sind. Er bedrängt sie dann, macht Ihnen Vorwürfe und straft Sie mit Liebesentzug.
Ständig Sex – Kontraproduktive Manipulationstechniken
Die Manipulationstechniken Ihres Mannes, die Sie zu mehr Sex bewegen sollen, sind kontraproduktiv:
Selbst wenn er es schafft, Sie, nur weil Sie wieder „dran“ sind, zum Sex zu überreden, hat er nicht viel davon. Diesen Sex nach Dienstplan werden Sie als anstrengend und unbefriedigend empfinden (und Ihr Mann möglicherweise auch), und Sie werden bei seiner nächsten Anfrage noch weniger Lust dazu haben, darauf einzugehen.
Und die Technik des Liebesentzugs wird Ihre Lust auf Sex mit Sicherheit nicht erhöhen.
Erst recht gilt das für die Unterstellung, Sie hätten Sex mit anderen Männern: Dadurch kann er Sie höchstens wütend machen oder ärgerlich.
Um diese Manipulationsversuche zu stoppen, ist es am wirkungsvollsten, wenn Ihr Mann selber begreift, dass er so nur sich selber schadet und langfristig sogar noch weniger Sex bekommt.
Allerdings ist es fraglich, ob er diese Botschaft von Ihnen selbst annehmen kann. Möglicherweise würde er, wenn Sie ihm selbst das so erklären, darin nur wiederum für ihn unverständliche Ausflüchte Ihrerseits heraushören- und dann so weitermachen wie bisher.
Hilfe durch gemeinsamen Besuch beim Therapeuten
Es kann sein, dass es in dieser Situation lohnt, gemeinsam einen Therapeuten aufzusuchen. Um ihn für eine solche Therapie zu gewinnen, ist es sicherlich sinnvoll, die Sache mit den Manipulationsmethoden erst einmal draußen zu lassen.
Leichter werden Sie ihn dafür gewinnen, wenn Sie sagen, dass Sie gern Ihre gemeinsamen Probleme beim Sex gemeinsam lösen wollen. Ständig Sex
Ständig Sex- Lösungswege aus der Krise
Hier nun ein paar Überlegungen, worum es in Ihrer Therapie gehen könnte:
Sie beide lernen die Bedürfnisse des jeweils anderen besser kennen.
Sie beide überlegen gemeinsam, was dazu beitragen kann, dass die eigenen Bedürfnisse und die Bedürfnisse des Partners befriedigt werden.
Dabei stellt sich gleichzeitig heraus, was dazu nicht beiträgt (u.a. Manipulationsversuche, aber auch allgemeine Faktoren wie Übermüdung, zu viel Arbeit, schlechtes Timing…).
Umgangsstrategien mit dem unterschiedlich häufigen Sexbedürfnis
Der unterschiedliche Sex-Rhythmus
Der unterschiedlich häufige Wunsch nach Sex ist ein Problem, das in vielen Partnerschaften unterschwellig vorhanden ist und mit dem beide Partner oft nicht recht umzugehen wissen.
Es ist es vollkommen normal, dass zwei Menschen nicht ständig genau zu den selben Zeiten und im selben Rhythmus Lust auf Sex haben. Das wäre ja genauso, als wenn beide davon überzeugt wären, immer nur zur gleichen Zeit das gleiche Essen in der gleichen Menge zu sich nehmen zu können. Auch da wären die Probleme vorprogrammiert!
Wenn in einer Partnerschaft Kinder und Arbeit hinzukommen, wird es noch schwieriger, passende Zeitpunkte für den gemeinsamen Sex zu finden. Es ist also ein Stück Planung erforderlich.
Onanie als Möglichkeit für die sexuelle Grundversorgung
Von daher halte ich es für unbedingt sinnvoll, wenn jeder Partner sich und seinen Körper soweit kennt, dass er sich auch selbst befriedigen kann. Auch da die Analogie: So schön das gemeinsame Essen ist- Wenn ich hungrig bin, sollte ich prinzipiell in der Lage sein, auch ohne Anwesenheit des Partners etwas zu essen.
In Ihrer Beziehung scheint Ihr Mann Schwierigkeiten mit seiner Onanie zu haben, wenn er den eigenen Pornokonsum vor Ihnen abstreiten muss. Die Therapie könnte ihm helfen, hier besser mit seinen eigenen Bedürfnissen umzugehen, ohne dass ihm die eigene Scham dabei im Wege steht.
Schöner gemeinsamer Sex ist kein Zufall!
Aus dem offenen Zulassen der Onanie in der Partnerschaft ergibt sich als Konsequenz: Mein Partner sollte es vorher wissen, wenn ich mit ihm gern Sex haben will, damit er sich nicht schon vorher selbst befriedigt hat. Die Einladung zum gemeinsamen Essen spreche ich ja auch so rechtzeitig aus, dass mein Partner nicht unmittelbar vorher zum Schnellimbiss geht…
Es ist also etwas Planung nötig. Gibt es einen Abend, an dem Sie beide etwas früher aus der Arbeit kommen und die Kinder beim Babysitter oder bei den Großeltern in guten Händen sind?
Guter Sex passiert nicht aus Zufall: Ein gemeinsames Essen oder ein gemeinsames Bad können einen schönen Rahmen geben. Vielleicht auch das Ansehen eines erotisch anregenden Films, der Ihnen beiden gefällt. Da sollten Sie ruhig etwas herumexperimentieren.
Vielleicht haben Sie auch die Möglichkeit, alle paar Wochen einen Kurztrip mit Hotelübernachtung ohne die Kinder zu machen. Dann könnten Sie zu zweit in ein Kino, zu einem Konzert oder in die Sauna gehen und am nächsten Morgen ausschlafen… Und Gelegenheit zum ungestörten Sex hätten sie auch…
Ich wünsche Ihnen beiden viel Erfolg auf einer solchen Entdeckungsreise Ihrer wechselseitigen Bedürfnisse!
Ist Onanie schädlich? Nein, entgegen all den medizinischen Märchen des 18. und 19. Jahrhunderts, die manchmal noch heute forterzählt werden.
Onanie verursacht keine körperlichen Schäden
Physiologisch macht es keinen Unterschied, wie ein Orgasmus ausgelöst wird, weder bei Männern noch bei Frauen. Ein „selbst erzeugter“ Orgasmus hat auf biochemischer Ebene die gleiche Wirkung wie ein Orgasmus beim Koitus zwischen zwei Sexualpartnern.. Die Intensität des Orgasmus hat mehr mit der Dauer des Vorspiels zu tun als damit, ob der Orgasmus mit oder ohne Koitus geschieht. Einige neuere Studien lassen beim Mann sogar vermuten, dass regelmäßige Onanie Prostata-Erkrankungen vorzubeugen hilft.
Onanie- das Erbe der falschen Vorstellungen
Zur Frage „Ist Onanie schädlich?“ erschien 1712 in England das anonyme Pamphlet „Onania: or, the Heinous Sin of Self-Pollution“ („Onanie oder die abscheuliche Sünde der Selbstbeschmutzung“), in dem erstmals behauptet wurde, dass exzessive sexuelle Selbstbefriedigung Ursache zahlreicher Krankheiten wäre, wie z.B. Pocken und Tuberkulose.
Ist Onanie schädlich? Eine andere weit verbreitete Vorstellung sieht die Gefahr bei der Onanie darin, dass sie exzessiv betrieben wird und nach und nach wie bei einer Suchterkrankung das ganze Leben eines Menschen bestimmt. Auch hier liegt eine falsche Vorstellung zugrunde. Ein gesunder Mensch hat sexuelle Bedürfnisse- krank ist er dann, wenn er sie nicht hat. (Ebenso wie Hunger und Durst natürliche Bedürfnisse sind und kein Anzeichen von Krankheit!)
Wenn ein Mensch sein sexuelles Bedürfnis befriedigen möchte, ist das also nicht krank, sondern ein Zeichen körperlicher und psychischer Gesundheit.
Anders als bei Drogen oder Alkohol kann sich bei Onanie auch keine Sucht im Sinne stofflicher Abhängigkeit entwickeln: genauso wenig, wie man süchtig nach dem Trinken nichtalkoholischer Getränke werden kann.
Bei der Onanie gilt dasselbe wie bei Hunger oder Durst: Der Körper selbst zeigt an, wann das Bedürfnis da ist- und sobald das Bedürfnis befriedigt ist, läßt es auch wieder nach. Wann und wie häufig ein Mensch sexuelle Bedürfnisse hat, ist individuell höchst unterschiedlich- und kann jeden Tag wieder anders aussehen.
Onanie- wann hat das Thema Bedeutung für die Psychotherapie?
Für Onanie gilt dasselbe wie für alle anderen menschlichen Handlungen: Ein Krankheitswert liegt nur dann vor, wenn das Individuum selbst bzw. dessen Umwelt unter der betreffenden Handlung leidet. Solange Onanieren Spass macht, ist medizinisch und psychotherapeutisch die Welt in Ordnung.
In der therapeutischen Praxis gibt es allerdings gar nicht so selten Klienten und Klientinnen, denen ihr eigener Umgang mit Onanie Schwierigkeiten bereitet. Die Frage „Ist Onanie schädlich?“ kann sich als Zwangsgedanke festsetzen und einen Menschen viel Lebensfreude kosten.Quälend können auch falsche medizinische Vorstellungen sein (siehe oben) wie die Vermutung, sich selbst mit Onanie körperlich zu schaden.
Ebenfalls relativ häufig kann sich Onanie mit einem psychischen Zwang verbinden: Onanie ist dann nicht mehr lustvolle Selbstbefriedigung, sondern eine als peinlich empfundene Handlung, die ausgeführt werden muss. in extremen Fällen kann das bis hin zum Zwang zur Onanie in der Öffentlichkeit führen- mit allen daraus resultierenden strafrechtlichen Konsequenzen (Strafgesetzbuch § 183 Exhibitionistische Handlungen).
Ist Onanie schädlich? Schuldgefühle in der Partnerschaft
Auch kommt in vielen Partnerschaften vor, dass einer der Partner seine Lust an der Onanie vor dem anderen verbirgt- und wegen der Heimlichkeit seiner Selbstbefriedigung Schuldgefühle entwickelt. Diese können noch verstärkt werden, wenn in einer Partnerschaft ein Partner den anderen beim Onanieren „ertappt“ und ihm deswegen Vorwürfe macht.
Im Rahmen einer Sexualtherapie wäre es wichtig nachzuprüfen, welches Bild vom Umgang mit der Sexualität beide Partner haben, ob Selbstbefriedigung eines oder beider Partner in der Beziehung einen Platz haben kann oder ob Sexualität tatsächlich nur im Kontext der Gemeinsamkeit stattfinden darf.
Da ein Gespräch über diese Themen in vielen Partnerschaften oft nicht ganz einfach ist, erscheint es sinnvoll, sich hier psychotherapeutische Hilfe zu suchen. Nachdem eine lustvoll ausgeübte Sexualität ganz entscheidend zur Lebensqualität eines Menschen beiträgt, ist es unbedingt sinnvoll, Probleme im Gebiet Sexualität nicht auf die lange Bank zu schieben, sondern aktiv an einer Lösung zu arbeiten. Wenn Sie möchten, stehe ich Ihnen hier gern für eine weitere Beratung zur Verfügung.
Der Begriff Perversion stammt aus dem 19. Jahrhundert. Der Psychiater Richard von Krafft-Ebing erklärte 1875 in seinem Buch zur Sexualpathologie männliche Homosexualität zu einer Form „verkehrter“, d.h. „perverser“ Sexualität, die er als degenerative Erbkrankheit bezeichnete.
Die Vorstellung von einer „perversen“ Sexualität ist das Gegenbild zur Vorstellung vom traditionellen Normsex, der vorschreibt, dass Sexualität einzig und allein im Rahmen der Ehe in der Form des Koitus zwischen Mann und Frau stattfindet.
Trotzdem war die Lehre von den Perversionen im 19. Jahrhundert insofern ein Fortschritt, als dass Krafft-Ebing Homosexualität nicht wie bis dahin allgemein üblich als einen Fall für die Justiz ansah, sondern als Fall für den Psychiater…
Die heutige Wissenschaft hat schon lange aufgezeigt, dass sich auch Krafft-Ebings Auffassung von Homosexualität als Perversion keineswegs aufrecht erhalten läßt. Homosexualität, männlich und weiblich, gehört ebenso zu den „normalen“ Formen menschlicher Sexualität wie die Sexualität zwischen Mann und Frau.
Aber auch unabhängig von der Homosexualität ist der Begriff der Perversion leider immer noch ein Schlagwort, mit dem Formen von Sexualität gebrandmarkt werden, die kulturell oder moralisch nicht anerkannt werden von eben den Menschen, die den Begriff Perversion gebrauchen.
Ein Beispiel dafür ist etwa die oft noch weit verbreitete Ablehnung der Onanie, obwohl sie in der heutigen medizinischen Diagnostik (ICD-10) als völlig normgerechtes Verhalten angesehen wird. Auch andere Formen menschlicher Sexualität, die durchaus problematiosche Seriten haben können wie etwa Masochismus, Sadismus oder Fetischismus, sind nicht grundsätzlich als Perversion und damit als „krank“ anzusehen-
Perversion- abstoßend und faszinierend zugleich
Hinter dem Gebrauch des Wortes „Perversion“ kann eine unbewusste Faszination für genau diese „perversen“ Formen der Sexualität stehen: Gerade weil eine „verbotene“ und „perverse“ Handlung fasziniert, muss sie moralisch umso stärker unterdrückt und gebrandmarkt werden.
Interessanterweise zeigt sich genau das bei dem ExLibris-Bild, welches der Homosexualitätserklärer Richard von Krafft-Ebing selbst für seine Bibliothek verwendet hat (siehe Abbildung oben): Ein nackter Mann erwürgt eine Schlange, die aus einem Buch herausquillt. Ist das nicht ein wunderbar-unfreiwilliges Bild für seinen Kampf mit der eigenen Homoerotik?
Psychotherapeutisch interessant ist aus meiner Sicht also nicht die „perverse“ Handlung, sondern die Frage, warum ein Mensch bestimmte Sexualpraktiken als pervers empfindet. Und hier öffnet sich bis heute ein großes Aufgabengebiet für die Sexualtherapie.
Dr. rer. biol. hum. Michael Petery
PS: Unanhängig von der Frage nach der „Perversion“ gibt es natürlich Formen der Sexualität, die für den Betroffenen selbst einen erheblichen Leidensdruck ergeben können (z.B. „Pornosucht“) oder die strafrechtlich relevant sind, weil sie andere Menschen psychisch und körperlich schwerst verletzen (z.B. Kindesmissbrauch).
Bildnachweis: Alfred Schrötter von Kristelli (1851–1935) – Originaldruck, Signatur des Künstlers (AS) von 1904, Krafft-Ebing’sches Familienarchiv Graz (A)