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Wie erkennt man Pornosucht?- Die wichtigsten Kriterien

Pornosucht und Hypersexualität aus therapeutischer Sicht

Pornosucht: Häufig stellen mir Klienten die Frage, was Pornosucht eigentlich ist und wie man sie erkennt. Antworten, wie man sie im Internet findet, sind oft recht unwirsch und meist wenig hilfreich (nach dem Motto: „Geh doch lieber ins Bordell…“).

Grundsätzlich ist der Genuss von Pornografie aus psychotherapeutischer Sicht nichts Schlechtes. Wenn der männliche Partner in einer Beziehung ein häufigeres Bedürfnis nach sexueller Betätigung hat als die Frau, dann ist Internet-Pronografie sogar ein guter Weg, die Beziehung zu stabilisieren, sicherlich viel besser als zusätzliche „Affairen“ oder Bordellbesuche.

Einen Krankheitwert hat der Genuss von Pornografie aus Sicxht der Sexualtherapie  nur dann, wenn es einen Leidensdruck bei dem Betroffenen oder seiner Umgebung gibt (das gilt für jedes menschliche Verhalten). Stundenlange Beschäftigung mit Pornografie ist, wenn der Betroffene selbst darunter nicht leidet, zwar ein ziemlich exzentrisches Verhalten, aber für sich genommen in keiner Weise krank.

Pornosucht läßt sich also nicht durch irgendwelche Zeiten oder Häufigkeiten feststellen. Es gibt keine Regel, die besagt, soundso viele Minuten/Stunden Pornokonsum am Tag bedeuten Pornosucht.

Die Frage, ob Porno-Konsum zur Sucht geworden ist, läßt sich besser analog zu den ICD-10– Kriterien der Weltgesundheitsorganisation WHO zum Alkoholkonsum prüfen:

Pornosucht- Schädlicher Konsum

Schädlicher Konsum von Alkohol liegt vor, wenn der Alkoholkonsum für körperliche oder psychische Schädigungen verantwortlich ist oder erheblich dazu beigetragen hat. Tatsächliche körperliche Schädigungen durch sexuelle Selbstbefriedigung sind in der modernen Wissenschaft nicht bekannt- anders, als das etwa noch im 19.Jahrhundert vermutet wurde. Ähnlich wie Glücksspiel macht auch Pornosucht als solche körperlich nicht krank, kann aber psychische Schädigungen verursachen.
© M.Petery.
Psychische Schädigungen durch Internet-Pornokonsum könnten sein: Unfähigkeit/Unlust, einen realen Sexualpartner zu finden oder in einer bestehenden Beziehung regelmäßigen Sexualverkehr zu haben; Probleme mit dem eigenen Selbstwertgefühl aufgrund des Nichteinhaltens eigener moralischer Grundsätze; Verlust von Kontrolle über Zeit und Geld zugunsten von Pornokonsum.

Wenn solche Schädigungen vorliegen, ist es unbedingt sinnvoll, psychotherapeutische Hilfe in Anspruch zu nehmen.

Pornosucht- Kriterien fürAbhängigkeit

Analog zu den Regeln der ICD 10, wie sie für Alkoholkonsum entwickelt wurden, liegt dann eine Abhängigkeit vor, wenn mindestens 3 der folgenden Kriterien in Laufe des letzten Jahres eingetreten sind:

  1. Craving; starkes Verlangen oder eine Art Zwang zum Pornokonsum  (wäre z.B. der Fall bei Abbruch oder Verkürzung von Treffen mit Freunden zugunsten von Pornokonsum)
  2. Kontrollverlust bezüglich Beginn und Menge (z.B. Pornokonsum auch am Arbeitsplatz, stundenlanger nächtlicher Pornokonsum statt Schlaf)
  3. körperliches Entzugssyndom (so nur bei Alkohol, nicht bei psychischen Abhängigkeiten bekannt)
  4. Toleranzentwicklung gegenüber der Wirkung (bei Alkohol wäre das die Steigerung der Menge, um die gleiche Wirkung zu erhalten; bei der Pornografie könnte dem der Zwang zum Konsum immer brutalerer Inhalte entsprechen)
  5. Einengung des Verhaltens und Vernachlässigung anderer Interessen (Freizeitbeschäftigung reduziert sich nahezu ausschließlich auf den Genuß von Pornografie)
  6. Anhaltender Konsum trotz eindeutiger schädlicher Folgen (gesundheitlich, psychisch, sozial): hier wäre wieder Pornokonsum am Arbeitsplatz trotz Verbot durch den Arbeitgeber ein Beispiel.

Was tun, wenn die Kriterien für Pornosucht zutreffen?

Exzessiver, schädlicher Pornokonsum ist weniger eine Krankheit für sich, sondern viel eher der Ausdruck für andere, dahinterliegende psychische Störungen. Deswegen hilft es Betroffenen wenig, wenn man ihnen rät: „Hör doch einfach auf, du schadest dir doch selbst.“  Es ist unbedingt sinnvoll, beim Vorliegen der Suchtkriterien psychotherapeutische Hilfe in Anspruch zu nehmen, da alleine kaum eine Lösungsmöglichkeit für den Betroffenen selbst besteht.

Psychotherapeutische Hilfe ist gleichzeitig der beste Weg, um nicht nur am Symptom, sondern auch an der Ursache der Störung zu arbeiten. Dazu ist vor allem eine sorgfältige Diagnostik nötig, zum Beispiel, um festzustellen, ob eine depressive Erkrankung der Pornosucht zugrunde liegt. Danach können unterschiedliche Therapieverfahren (z.B. Verhaltenstherapie, Gesprächstherapie) weiterhelfen.
© M.Petery.
Dr. rer. biol. hum. Michael Petery

 

Von mpetery

Zuletzt aktualisiert am 19.09.2017.

Ein paar Worte zu meiner Person:
Mein Name ist Michael Petery, bin verheiratet und arbeite in Hildburghausen (30km nordwestlich von Coburg) in meiner Praxis für Psychotherapie gemäß Heilpraktikergesetz.

Studiert habe ich in Tübingen, Paris und Berlin. Bis 2014 war ich am Universitätsklinikum in München-Großhadern tätig als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Klinik für Palliativmedizin und der Professur für Spiritual Care bei Prof. Dr. Eckhard Frick (Pychiatrie) und Prof. Dr. Traugott Roser (ev. Theologie). Daneben habe ich meine Klienten in eigener Praxis in München-Schwabing betreut.

Leitfiguren für meine therapeutische Arbeit sind Carl Rogers (clientenzentrierte Gesprächstherapie), Fritz Perls (Gestalt-Therapie) und Irvin D. Yalom.

8 Antworten auf „Wie erkennt man Pornosucht?- Die wichtigsten Kriterien“

Im Prinzip stimme ich Ihnen zu. Allerdings halte ich die Aussage: „… wenn die Frau weniger Lust hat, als der Mann….“ für zu oberflächlich und in vielen Fällen für schlichtweg falsch und auch gefährlich. Damit wird der Frau eine gwisse Teilschuld angelastet, die sie im Allgemeinen schlicht und einfach nicht hat. Und es stürzt die Frau, wenn sie diese These denn annimmt, in große psychische Probleme. In einer Beziehung mit einem pornosüchtigen Mann erlebt die Partnernin ohnehin schon genug Anschuldigungen und ungerechtfertigte Unterstellungen. Das gehört zum Verschleierungsverhalten des Süchtigen, sowohl bei Alkoholmißbrauch, wie auch bei der Pornosucht.

Während meiner Arbeit mit/an dem Thema habe ich viele Betroffene kennengelernt, die schon in der ‚Vor-Internet‘ Zeit pornosüchtig waren, damals ihre Sucht mit Heftchen, anonymen Peepshows, Spanner-Verhalten usw. ausgelebt haben. Ich habe mit Männern gesprochen, die teils schon seit über 30 Jahren süchtig waren, lange bevor sie in eine Partnerschaft ‚eingestiegen‘ sind. Das Internet mit seinem massigen Angebot fördert die Sucht heute. Unzählige Seiten mit immer krasseren Praktiken und Bildern sind leicht zugänglich und ermöglichen es, unbegrenzt und immer schneller die ‚Dosis‘ zu erhöhen. Seitensprung-Agenturen und entsprechende Werbung im (Spät-) TV suggerieren dem Süchtigen, dass es normal ist, seine Frau als langwweilig zu empfinden und deshalb eine entsprechende ‚Hot-Line‘ anzurufen, einen Seitensprung zu begehen usw.. Dabei bekommt der Süchtige eine Art Absolution für seine Sucht, und sein Unvermögen, realen Sex zu haben. Er darf beruhigt weitermachen, weil das Problem ja nicht bei ihm liegt.

Ja, der Pornosucht liegen sicher psychische Störungen und/oder Erkrankungen zu Grunde. Und ja, die kann auch nur in einer professionell durchgeführten Therapie behandelt werden. Und wie bei allen Therapiene, kann es hier nur einen Erfolg geben, wenn der Betroffene das auch wirklich will. Leider ist die Scham immer noch viel zu groß, dieses Thema offen anzugehen und/oder zuzugeben. Genau wie bei der Alkoholsucht, leiden nicht nur die Betroffenen, sondern auch die Familien und Partner darunter.

Liebe Frau Kenzler
wo haben Sie gelernt so zu argumentieren: „im Prinzip ja, aber eigendlich ist es ganz anders, nämlich…“.? Bei Radio Eriwan oder etwa beim unsäglichen Machwerk von Heinrich Kramer? (die Älteren unter uns werden sich erinnern…)

Bitte lassen Sie den geneigten Leser teilhaben, warum denn die Aussage des Autors zu oberflächlich und in vielen Fällen für schlichtweg falsch und auch gefährlich sei?

Ihr weiterer Kommentar schweift leider ab und stellt keine sachliche Auseinandersetzung mit dem Thema dar, sondern ist offenbar ihre ganz persönliche Meinung! Die Aussage des Autors ist von ihnen somit weder entkräftet noch ernsthaft in Frage gestellt.

Guten Tag…ich muss Fr.Kenzler rechtgeben. Allerdings nicht nur bei dem einen Satz- ich war etwas enttäuscht von dem Artikel, da ich ihn insgesamt oberflächlich finde. Meiner Meinung nach verharmlosen Sie die Thematik.
Ich als Partnerin eines süchtigen Mannes leide schon seit vielen Jahren drunter, ich weiss, wovon ich spreche, wenn ich sage: Der Genuss von Pornografie IST was Schlechtes!
Es IST schlecht für ihn selbst (es vergiftet sein Denken,verzerrt die Realität), und es IST genauso schlecht für die Partnerin (es zerstört den Selbstwert,es zerfrisst die Psyche, die Liebe kommt abhanden). Es braucht für mich keinerlei Kriterien- wenn man einen Süchtigen bittet, damit aufzuhören, weil die Partnerin drunter leidet und er kann oder will es nicht, vielleicht sogar über einen längeren Zeitraum, ist meiner Meinung nach eine Sucht absolut vorhanden! LG

Mein Partner guckt in jeder freien Minute Pornos. Nach der Arbeit und nach dem Abendessen wird die Kiste angemacht und Pornos geguckt. Wenn ich meinen Partner nicht ablenke, wird Porno angesehen. Darunter leidet sein Schlaf, denn der wird vor dem Fernseher verbracht und unsere Beziehung ebenfalls, denn ich muss entweder mich sexuell mit einbringen oder ich bekomme ihn vom Fernsehen nicht weg. Also leidet der Partner wie bei anderen Süchtigen auch.

Ich habe bis heute nicht verstanden, was an Pornos, an diesen silikonbusen-milchbrötchenrasierten Frauenleibern erregend sein soll. Irgendwie sind die übernatürlich, künstlich, tot. Um wie viel natürlicher, lebendiger, femininer, schöner ist dagegen meine Frau… Pornos soll aus psychotherapeutischer Sicht nichts schlechtes sein? Leider leben wir in einer Selbstbefriedigungsgesellschaft und Frauen wie Männer leiden darunter.

Danke für den Kommentar. Es ist richtig, dass Pornokonsum bei Kindern und Jugendlichen nachhaltige Schädigungen hervorrufen kann- und das ist leider ein dauerhaftes und trauriges Kapitel in der sexualtherapeutischen Praxis. Kinder und Jugendliche sollten dringend davor geschützt werden, in Kontakt mit Pornografie zu kommen. Leider ist genau das Gegenteil aktuell der Fall.
Dennoch halte ich es für überzogen, jede Form von Pornografie-Konsum für schädlich zu erachten. Es ist aus meiner Sicht für Erwachsene z.B. sinnvoller, überschüssige sexuelle Energien mit Pornografie abzubauen als durch unüberlegtes Fremdgehen…

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