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Bin ich sexsüchtig? Sexsucht-Tests im Internet

Wer im Internet den Begriff Sexsucht eingibt, wird schnell fündig. Eine ganze Reihe von Websites bieten Online-Fragebögen an, die eine schnelle Antwort auf die Frage versprechen.

Bin ich sexsüchtig?
Wie aussagekräftig Internet-Tests sind…

Typische Testfragen im Internet und ihre tatsächliche Relevanz

Als ein Beispiel möchte ich hier den Online-Fragebogen „Sind Sie sexsüchtig?“ des Magazins Fit for fun etwas näher analysieren. Der gleiche Test fand sich übrigens bis Jan 2020 auch bei Focus Online und wurde jetzt gelöscht.

Hier werden dem User insgesamt 12 Fragen vorgelegt, die jeweils mit Ja oder Nein beantwortet werden können. Nur wer alle Fragen mit Nein beantwortet, erhält das Ergebnis: Kein Grund für Bedenken. Ihr Sexleben scheint in normalen Bahnen zu laufen.“

Bereits ab einem einzigen Ja heißt es in der Auswertung „Zur Vorsicht wird geraten!“ und der Test empfiehlt: „Wenn Sie eine oder gar mehrere der Fragen mit Ja beantworten mussten, sollten Sie Ihre sexuellen Vorlieben vielleicht einmal mit einem Arzt/Psychologen Ihres Vertrauens besprechen.“

Ab 5 Jas gilt dann „Alarmstufe Rot“, verbunden mit dem Hinweis: „Sie sollten unbedingt zu einem Experten – Psychologen oder Arzt – gehen und ihm Ihre Beobachtungen ganz offen schildern. Er kann beurteilen, ob Sie unter einer behandlungsnötigen Sexsucht leiden und die richtigen Schritte einleiten, damit Sie wieder ein normales Verhältnis zu Sex und Erotik entwickeln.“

Ist also schon ein einziges Ja auf eine der Fragen in diesem Test Hinweis auf eine mögliche psychische Störung?

Es lohnt sich, die Testfragen genauer in den Blick zu nehmen:

  1. Haben Sie wegen Ihrer sexuellen Vorlieben oft ein schlechtes Gewissen?

    Sexuelle Vorlieben haben aus sexualtherapeutischer Sicht nur dann einen Krankheitswert, wenn sie die betroffene Person oder deren soziales Umfeld schädigen.
    Fraglich ist, wofür das „schlechte Gewissen“ ein Indikator sein soll.

    Leider ist sowohl der Fall denkbar, dass ein Pädophiler mit eindeutig krankhaftem und suchtartigem Konsumzwang von Kinderpornografie kein schlechtes Gewissen hat, als auch der umgekehrte Fall eines Menschen mit „schlechtem Gewissen“, dessen einzige „Sünde“ ist, hin und wieder zu onanieren. Es gibt also das Risiko, dass der Fragebogen im einen Fall ein falsches Nein zum Thema Sexsucht ausgibt und im anderen Fall ein falsches Ja.

    Das schlechte Gewissen allein ist kein zuverlässiger Hinweis auf Sexsucht. Allerdings brauchen sexuelle Vorlieben wie z.B. Masturbation, die niemandem schaden, grundsätzlich nicht mit schlechtem Gewissen verbunden sein. Wer also z.B. wegen Masturbation ein schlechtes Gewissen hat, ist zwar nicht sexsüchtig- ein therapeutisches Gespräch konnte sich allerdings lohnen um herauszufinden, warum sich der/die Betroffene für ein völlig normales sexuelles Verhalten mit Selbstvorwürfen überzieht.

  2. Haben Sie bereits wichtige Termine versäumt, weil Sie mit Erotik und Sex beschäftigt waren?

    Die Vernachlässigung wichtiger Termine ist ein wichtiger Indikator für eine Sucht. Wer diese Frage mit Ja beantwortet, kann also tatsächlich ein Suchtproblem haben.

    Einzige Ausnahme: Der Sex war der noch wichtigere Termin. Und dieser Fall kann eigentlich nur dann vorkommen, wenn es sich um die einmalige Gelegenheit handelt, sich den Traummann oder die Traumfrau des Lebens zu sichern und darüber alles andere zu vergessen…

  3. Masturbieren Sie zwanghaft oft, sogar mehrmals am Tag?

    So gestellt, ist das eine Suggestivfrage, die keine aussagekräftigen Ergebnisse liefern kann.

    Denn Masturbation, die zwanghaft erfolgt, ist immer ein psychisches Problem, sogar wenn die zwanghafte Masturbation nur zu bestimmten Anlässen alle paar Wochen einmal auftritt.

    Mehrmalige Onanie täglich hat dagegen definitiv keinen Krankheitswert, wenn sie nicht zwanghaft erfolgt, sondern der betreffenden Person schlicht und ergreifend Spaß macht und auch im Rahmen einer Partnerschaft keine Belastung darstellt.

  4. Haben Sie viele Sexualpartner/innen?

    Viele Sexualpartner zu haben, ist für sich allein genommen kein Anzeichen für eine Krankheit.

    Für eine solche Diagnose müsste ein Leidensdruck hinzukommen: z.B. durch die Gefährdung der hauptsächlichen Partnerschaftsbeziehung.

  5. Lenken Sie sexuelle Fantasien oft von Ihrer Arbeit ab?

    Sexuelle Fantasien, die einen Menschen bei Arbeiten stören, sind tatsächlich problematisch, wenn sie als störend empfunden werden.

    Andererseits haben eine ganze Reihe an Studien ergeben, dass sehr viele Menschen Dutzende Male am Tag an Sex und an sexuelle Fantasien denken und das eher als Bereicherung ihres Alltags empfinden.

    Insofern hat auch diese Frage Suggestivcharakter und könnte Menschen mit völlig unauffälligen sexuellen Fantasien dazu bringen, die Frage mit Ja zu beantworten. Aussagekräftig wäre nur die Frage: „Stören Sie sexuelle Fantasien oft bei Ihrer Arbeit?“

  6. Sind Sie davon überzeugt, dass tabulose Pornos unbedingt zum Liebesspiel dazugehören?

    „Tabulose Pornos“- das ist schon eine etwas merkwürdige Formulierung. Gibt es denn Pronos, die nicht tabulos sind? Also verklemmte Pornos mit vielen Tabus? Und wären die dann in einer Partnerschaft weniger gefährlich?

    Aber von der Formulierung mal abgesehen: Es ist definitiv kein Zeichen für Sexsucht, wenn es in einer Partnerschaft beiden Partnern Spaß macht, während des Sex einen Porno laufen zu lassen.

  7. Nutzen Sie regelmäßig anonyme Sex-Angebote wie Telefonsex oder Prostitution?

    Zwanghafte Konsumierung von Telefonsex-Angeboten oder Prostitution sind mit Sicherheit Hinweise auf eine psychische Erkrankung. Das gilt insbesondere dann, wenn eine solche Nutzung selbstschädigenden Charakter hat, beispielsweise finanziell, beruflich oder in Bezug auf eine bestehende Partnerschaft.

    Allerdings bedeutet „regelmäßig“ nicht automatisch „zwanghaft“. So die Person keinen Leidensdruck verspürt, liegt also auch bei regelmäßiger Nutzung solcher Angebote ohne inneren Zwang kein Hinweis auf einen Suchtcharakter vor.

  8. Stehen Sie auf Sado-Maso-Spiele?

    Bei dieser Frage stand wohl eher Prüderie Pate als sexualwissenschaftlicher Erkenntnisdrang.

    SM-Vorlieben, die einvernehmlich mit dem oder der Partnerin ausgelebt werden, haben mit Sexsucht definitiv nichts zu tun.

  9. Können Sie nur mit bestimmten Fetischen in Fahrt kommen?

    Und schon wieder Prüderie! Fetischismus ist keine Krankheit, außer, der/die Betroffene leidet darunter, dass er nur mit einem bestimmten Fetisch kommt (z.B., wenn der/die Partner/in den Fetisch ablehnt).

    Das wäre dann aber ein paartherapeutisches Problem und kein Hinweis auf Sexsucht.

  10. Werden Sie nervös und schlecht gelaunt, wenn Sie Ihren Trieb nicht ausleben können?

    Die meisten Menschen brauchen sexuelle Zufriedenheit, um psychisch gesund zu sein. Libidoverlust gilt als eine Erkrankung (z.B. infolge einer Depression). Insofern werden wohl die meisten Menschen „nervös und schlecht gelaunt, wenn sie ihren Trieb nicht ausleben können“.

    Sinnvoller wäre z.B. die Frage, wie unmittelbar sexuelles Verlangen ausgelebt werden muss, ob es also auf sexuellem Gebiet eine „Störung der Impulskontrolle“ gibt (was tatsächlich eine Erkrankung wäre).

  11. Hat sich Ihre Begierde in letzter Zeit gesteigert, brauchen Sie eine immer höhere Dosis Sex?

    Bei der Fragestellung hat wohl die Analogie zur Alkoholsucht Pate gestanden. Aber wie soll man sich das mit der Dosissteigerung beim Sex eigentlich vorstellen?

    Sexualwissenschaftliche Erkenntnisse weisen darauf hin, dass es im Leben ein und desselben Menschen immer wieder Zeiten mit häufigerem und weniger häufigem Sex gibt, die sich abwechseln. Eine Analogie zum Alkohol, dass sich die Sexdosis über Jahrzehnte infolge einer sich aufbauenden physischen Abhängigkeit immer mehr steigert, ist beim Sexualverhalten noch bei keinem Menschen beobachtet worden…

    Eine „Steigerung der Begierde in letzter Zeit“ ist also kein Kriterium für Sexsucht. Einen Krankheitswert hat häufiger Sex nur dann, wenn der Betroffene oder seine Umwelt darunter leiden.

  12. Haben Sie sich sexuell schon einmal aufgedrängt, also jemanden belästigt?

    Sexuelle Belästigung ist eine sexuelle Handlung ohne Einverständnis des anderen- und als solche strafrechtlich relevant.

    Häufigste Ursache aus psychologischer Sicht ist wohl entweder eine „Störung der Impulskontrolle“ oder zwanghaftes Verhalten. Beides hat mit Sexsucht wenig zu tun.

Fazit

Die Testfragen sprechen zwar eine ganze Reihe möglicher psychischer Probleme an, können aber die Ausgangsfrage „Bin ich sexsüchtig?“ nicht beantworten.

Immerhin stellt der Test kein großes Risiko da: Die schon nach einem einzigen „Ja“ gegebene Empfehlung, einen Arzt oder Psychologen aufzusuchen, kann zumindest nicht groß schaden. Inhaltlich hilfreich ist der Test allerdings wohl weniger.

Wie ich in meinem Beitrag über Hypersexualität dargestellt habe, ist es wissenschaftlich nach wie vor unklar, ob es das Krankheitsbild Hypersexualität als solches überhaupt gibt.

Ein „Zuviel“ an Sex kann Hinweis auf die unterschiedlichsten psychischen Erkrankungen sein: das beginnt bei der Depression, Störung der Impulskontrolle und Zwangsstörung und reicht bis hin zu Persönlichkeitsstörungen oder Borderline. Deshalb ist eine sehr sorgfältige Diagnostik durch einen spezialisierten Arzt oder Therapeuten unbedingt erforderlich, um dann jeweils krankheitsspezifisch therapeutisch helfen zu können.

Bin ich sexsüchtig?
Warnung vor unseriösen Angeboten

Neben solchen vergleichsweise harmlosen Selbsttests im Internet, die sich auf den Portalen der großen Zeitschriftenverlage finden, gibt es auch „Bin sich sexsüchtig?“-Websites, die offenbar völlig unseriös sind.

Dazu gehören meiner Meinung nach insbesondere von therapeutischen Laien organisierte Selbsthilfegruppen gegen Sexsucht, die als mögliche Lösung vor allem sexuelle Enthaltsamkeit und die „spirituelle Unterwerfung unter ein höchstes Wesen“ als Lösung propagieren.

Im Umfang solcher Gruppen zirkulieren Fragebögen, wo bereits ein Ja auf folgende Fragen als Anzeigen für Sexsucht gesehen wird:

  • Wäre es für Sie peinlich, wenn jemand Außenstehendes etwas über deine sexuellen Beziehungen erfährt?
  • Brauchen Sie die Nähe deines Partners, um sich wohl zu fühlen?
  • Glauben Sie, in Ihrem Leben einen Anspruch auf Sex zu haben?
  • Leben Sie in einer Beziehung, die Sie nicht aufgeben können?
  • Meinen Sie, das Leben hätte ohne Sexualität weniger Sinn?
  • Onanieren Sie hin und wieder, obwohl Sie in einer festen Partnerschaft leben?
  • Brauchen Sie Sex, um sich richtig als Mann oder Frau zu fühlen?

Wer mit solchen Fragen versucht, völlig normales menschliches Verhalten krank zu reden, versucht wohl eher. Menschen zu verunsichern als ihnen zu helfen. Dass solchermaßen fragwürdige Persönlichkeitstests beliebtes Anwerbemittel für diverse Sekten sein können, muss wohl an dieser Stelle nicht extra betont werden.

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© M.Petery
Wenn Sie möchten, können Sie sich mit weiteren Fragen gern an mich wenden.

Dr. rer. biol. hum. Michael Petery

Hypersexualität-
macht zuviel Sex krank?
Wie erkennt man Pornosucht?-
Die wichtigsten Kriterien
Bin ich sexsüchtig?
Sexsucht-Tests im Internet
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und psychische Störungen
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trotz Partnerschaft
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Er will häufiger als ich

 

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Hypersexualität- ist zu viel Sex krank?

Hypersexualität: ist Arthur Schnitzler dafür ein Beispiel?

Hypersexualität-
was bedeutet das eigentlich?

Wörtlich übersetzt bedeutet Hypersexualität „zu viel an Sexualität“. Wissenschaftlich gesehen gibt es keine klare Definition. Objektiv lässt sich nur feststellen, dass Menschen sehr unterschiedlich häufig Sex haben: manche nie oder nur sehr selten, andere mehrmals am Tag. Und das kann sich bei genau dem gleichen Menschen phasenweise immer wieder ändern.

Der Wiener Arzt und Schriftsteller Arthur Schnitzler war zum Beispiel stolz darauf, es als junger Mann mit seiner damaligen Freundin in nur einem Jahr geschafft zu haben, über 1000 Mal Sex gehabt zu haben. Ist ein solcher Rekord als krank einzusstufen, als ein Zuviel an Sex, mit dem Krankheitstitel Hypersexualität? Ist er selber als Opfer von Hypersexualität anzusehen oder auch seine Freundin?

Für den amerikanischen Psychiater Martin Kafka wären beide krank: er hält alles, was über 6 Orgasmen pro Woche hinausgeht, für bedenklich, ebenso jede Beschäftigung mit Sex mehr als eine Stunde am Tag.

Hypersexualität-
eine Erfindung von Moralaposteln?

Tatsächlich kommen vor allem aus den USA Stimmen, welche ein zu viel an Sex als ein psychologisches Krankheitsbild festsetzen möchten. Wissenschaftliche Begründungen für eine solche Grenzsetzung gibt es nicht. Es ist zu vermuten, dass dieser Wille zur Sexbegrenzung vor allem in einer sehr konservativen Sexualmoral begründet ist.

In der wissenschaftlichen Diskussion in Europa ist man sich dagegen weithin einig, dass ein Verhalten nur dann einen „nosologischen Charakter“ (Krankheitswert) hat, wenn es mit physischen oder psychischen Schädigungen für den Betroffenen oder dessen soziale Umgebung einhergeht.

Mit dieser Definition lässt sich der Fall Schnitzler deutlich flexibler beurteilen: Wenn wir davon ausgehen wollen, dass es Schnitzler und seiner Freundin gemeinsam sehr viel Spaß gemacht hat, ihren gemeinsamen Sexrekord aufzustellen, dann wäre beider Verhalten zwar ungewöhnlich, aber keinesfalls eine Krankheit.

Wenn sich allerdings herausfinden ließe, dass es allein der junge Arzt war, der seine Freundin zu so viel Sex drängte, ohne dass die dazu eigentlich richtig Lust hatte- dann wäre der Krankheitswert vorhanden (Schädigung der sozialen Umwelt durch eigenes Verhalten).

Gleichfalls wäre Schnitzlers Verhalten problematisch, wenn er weniger aus Freude an der Sache zu so viel Sex gekommen wäre, sondern aus einem inneren Zwang heraus gehandelt hätte, der ihm aufgezwungen hätte, einen solchen Rekord aufstellen zu müssen.

Hypersexualität-
Kriterien für eine mögliche Erkrankung

Folgende Punkte können also Anzeichen sein, dass sehr viel Sex tatsächlich eine psychische Erkrankung darstellt:

  • Leidensdruck: Der oder die Betroffene empfinden das von ihnen ausgelebte Mass an Sex (mit oder ohne Partner) als zu viel und leiden darunter, z.B. weill sie dadurch andere wichtige Tätigkeiten vernachlässigen (z.B. berufliche Erfordernisse oder sonstige persönliche Interessen).
  • Nötigung des Partners oder der Partnerin: Unfähigkeit, in der Partnerschaft akzeptieren zu können, dass der oder die andere nicht so oft das Bedürfnis zum Sex hat als man selbst.
  • Unfähigkeit, auf eine Möglichkeit zum Sex zu verzichten, auch wenn dadurch einen persönlicher Schaden entstehen kann. Z.B. Nutzung des PC am Arbeitsplatz für privaten Pornokonsum, Sex mit Unbekannten ohne Abklärung des Risikos von Geschlechtskrankheiten und Verhütung…. (gestörte Impulskontrolle)
  • Belästigung anderer mit verbalen sexuellen Anspielungen oder Handlungen (Angrapschen etc.) ohne deren explizites Einverständnis
  • hohe Promiskuität (zahlreiche, wechselnde Sexualpartner) ohne expliziten Wunsch danach
  • Ausbleiben des Gefühls wirklicher sexueller Befriedigung trotz intensiver sexueller Betätigung
  • suchtartiges Sexualverhalten, bei dem keine eigene Kontrolle mehr möglich schient (vgl. dazu meinen Beitrag zu Wie erkennt man Pornosucht?)

Alle diese Hinweise weisen zwar auf mögliche psychische Erkrankungen hin, definieren allerdings kein klar feststellbares Krankheitsbild von Sexsucht bzw. Hypersexualität.

Die Störung im sexuellen Bereich ist also vor allem ein Hinweis darauf, dass es sich lohnen kann, das Thema mit einem kompetenten Therapeuten durchzusprechen- und abzuklären, ob eventuell andere psychische Erkrankungen im Hintergrund stehen, die psychotherapeutisch behandelt werden sollten.

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Dr. rer. biol. hum. Michael Petery

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Schnitzler Jugend in Wien

Arthur Schnitzler (1862-1931) interessierte sich als Arzt und Schriftsteller gleichermaßen für das Thema Sex. Bereits seine Jugenderinnerungen enthalten eine ganze Reihe von Sexerlebnissen. Berühmt (und berüchtigt) wurden seine freizügigen Sexschilderungen im Theaterstück „Der Reigen“ oder in der Erzählung „Elsa“. Seine „Traumnovelle“ von 1926 wurde Vorbild für Stanley Kubricks Film Eyes Wide Shut- einem Klassiker der BDSM-Szene.

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Wie erkennt man Pornosucht?- Die wichtigsten Kriterien

Pornosucht und Hypersexualität aus therapeutischer Sicht

Pornosucht: Häufig stellen mir Klienten die Frage, was Pornosucht eigentlich ist und wie man sie erkennt. Antworten, wie man sie im Internet findet, sind oft recht unwirsch und meist wenig hilfreich (nach dem Motto: „Geh doch lieber ins Bordell…“).

Grundsätzlich ist der Genuss von Pornografie aus psychotherapeutischer Sicht nichts Schlechtes. Wenn der männliche Partner in einer Beziehung ein häufigeres Bedürfnis nach sexueller Betätigung hat als die Frau, dann ist Internet-Pronografie sogar ein guter Weg, die Beziehung zu stabilisieren, sicherlich viel besser als zusätzliche „Affairen“ oder Bordellbesuche.

Einen Krankheitwert hat der Genuss von Pornografie aus Sicxht der Sexualtherapie  nur dann, wenn es einen Leidensdruck bei dem Betroffenen oder seiner Umgebung gibt (das gilt für jedes menschliche Verhalten). Stundenlange Beschäftigung mit Pornografie ist, wenn der Betroffene selbst darunter nicht leidet, zwar ein ziemlich exzentrisches Verhalten, aber für sich genommen in keiner Weise krank.

Pornosucht läßt sich also nicht durch irgendwelche Zeiten oder Häufigkeiten feststellen. Es gibt keine Regel, die besagt, soundso viele Minuten/Stunden Pornokonsum am Tag bedeuten Pornosucht.

Die Frage, ob Porno-Konsum zur Sucht geworden ist, läßt sich besser analog zu den ICD-10– Kriterien der Weltgesundheitsorganisation WHO zum Alkoholkonsum prüfen:

Pornosucht- Schädlicher Konsum

Schädlicher Konsum von Alkohol liegt vor, wenn der Alkoholkonsum für körperliche oder psychische Schädigungen verantwortlich ist oder erheblich dazu beigetragen hat. Tatsächliche körperliche Schädigungen durch sexuelle Selbstbefriedigung sind in der modernen Wissenschaft nicht bekannt- anders, als das etwa noch im 19.Jahrhundert vermutet wurde. Ähnlich wie Glücksspiel macht auch Pornosucht als solche körperlich nicht krank, kann aber psychische Schädigungen verursachen.
© M.Petery.
Psychische Schädigungen durch Internet-Pornokonsum könnten sein: Unfähigkeit/Unlust, einen realen Sexualpartner zu finden oder in einer bestehenden Beziehung regelmäßigen Sexualverkehr zu haben; Probleme mit dem eigenen Selbstwertgefühl aufgrund des Nichteinhaltens eigener moralischer Grundsätze; Verlust von Kontrolle über Zeit und Geld zugunsten von Pornokonsum.

Wenn solche Schädigungen vorliegen, ist es unbedingt sinnvoll, psychotherapeutische Hilfe in Anspruch zu nehmen.

Pornosucht- Kriterien fürAbhängigkeit

Analog zu den Regeln der ICD 10, wie sie für Alkoholkonsum entwickelt wurden, liegt dann eine Abhängigkeit vor, wenn mindestens 3 der folgenden Kriterien in Laufe des letzten Jahres eingetreten sind:

  1. Craving; starkes Verlangen oder eine Art Zwang zum Pornokonsum  (wäre z.B. der Fall bei Abbruch oder Verkürzung von Treffen mit Freunden zugunsten von Pornokonsum)
  2. Kontrollverlust bezüglich Beginn und Menge (z.B. Pornokonsum auch am Arbeitsplatz, stundenlanger nächtlicher Pornokonsum statt Schlaf)
  3. körperliches Entzugssyndom (so nur bei Alkohol, nicht bei psychischen Abhängigkeiten bekannt)
  4. Toleranzentwicklung gegenüber der Wirkung (bei Alkohol wäre das die Steigerung der Menge, um die gleiche Wirkung zu erhalten; bei der Pornografie könnte dem der Zwang zum Konsum immer brutalerer Inhalte entsprechen)
  5. Einengung des Verhaltens und Vernachlässigung anderer Interessen (Freizeitbeschäftigung reduziert sich nahezu ausschließlich auf den Genuß von Pornografie)
  6. Anhaltender Konsum trotz eindeutiger schädlicher Folgen (gesundheitlich, psychisch, sozial): hier wäre wieder Pornokonsum am Arbeitsplatz trotz Verbot durch den Arbeitgeber ein Beispiel.

Was tun, wenn die Kriterien für Pornosucht zutreffen?

Exzessiver, schädlicher Pornokonsum ist weniger eine Krankheit für sich, sondern viel eher der Ausdruck für andere, dahinterliegende psychische Störungen. Deswegen hilft es Betroffenen wenig, wenn man ihnen rät: „Hör doch einfach auf, du schadest dir doch selbst.“  Es ist unbedingt sinnvoll, beim Vorliegen der Suchtkriterien psychotherapeutische Hilfe in Anspruch zu nehmen, da alleine kaum eine Lösungsmöglichkeit für den Betroffenen selbst besteht.

Psychotherapeutische Hilfe ist gleichzeitig der beste Weg, um nicht nur am Symptom, sondern auch an der Ursache der Störung zu arbeiten. Dazu ist vor allem eine sorgfältige Diagnostik nötig, zum Beispiel, um festzustellen, ob eine depressive Erkrankung der Pornosucht zugrunde liegt. Danach können unterschiedliche Therapieverfahren (z.B. Verhaltenstherapie, Gesprächstherapie) weiterhelfen.
© M.Petery.
Dr. rer. biol. hum. Michael Petery