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Probleme in der Partnerschaft RTL- Let´s talk about Sex- Radiointerviews

Klischees über Männer- Interview mit Dr. Michael Petery

Klischees über Männer

Hier der Radiomitschnitt.
Kleiner Hinweis: Dr. Petery ist Humanbiologe (Dr. rer. biol. hum.), nicht Psychologe.

 
Interview mit Dr. Michael Petery
in der Sendung Let´s talk about Sex bei Radio 89.0 RTL

Klischees über Männer: Was ist „typisch“ Mann? Was nervt, was stimmt, was nicht?

 

Beispiele für Klischees über Männer sind: Männer schauen alle Pornos. Männer gehen öfter fremd als Frauen. Männer wollen immer nur Sex. Männer sind unsensibel, hören nie zu.
Männer müssen immer stark sein, zeigen nie Schwäche.

Klischees über Männer: Wie entstehen solche Klischees?

Klischees haben aus psychologischer Sicht ursprünglich eine Schutzfunktion. Auf einer ganz primitiven Stufe gibt es Klischee-Verallgemeinerungen, die durchaus Sinn machen, z.B. der Satz: Alle Löwen sind gefährlich und fressen Menschen.

Es ist gut, wenn ich als Mensch einen solchen Satz verinnerlicht habe, sogar auch dann, wenn es rein theoretisch dressierte Löwen geben könnte, die zu Menschen nur nett sind. Wenn ich aber plötzlich auf der Straße einem Löwen begegne, ist es das beste: Ich denke sofort diesen Satz, habe Angst und laufe davon.
Ein solcher Klischee-Satz schützt mich davor, groß nachzudenken: Ich renne sofort los, wenn ich den Löwen sehe. Mein Handeln ist so sehr viel effektiver, als wenn ich erst darüber nachdenken muss, ob denn dieser konkrete Löwe eigentlich gefährlich ist oder nicht.

Psychologisch gesehen, haben solche Verallgemeinerungen also vor allem diesen einen Sinn: mich davor zu schützen, dass ich mich mit einem konkreten Einzelfall wirklich auseinandersetzen muss.
In der Partnerschaft sind solche Klischees absolutes Gift. In einer Partnerschaft geht es nämlich immer um einen konkreten Einzelfall, nämlich um den Menschen, mit dem ich in einer Beziehung lebe.
Wenn ich als Frau in mir drin einen Satz herumtrage wie „Alle Männer sind unsensibel und hören nie zu“, dann verbiete ich mich selber wahrzunehmen, dass möglicherweise gerade in diesem Moment genau der Mann vor mir sitzt, der mir zuhören will. Und ich gebe diesem Mann dann wegen meiner eigenen vorgefassten Meinung keine Chance, mir zuzuhören.

Wenn ich felsenfest von solchen Sätzen überzeugt bin wie z.B. „Alle Männer sind unsensibel und hören nie zu!“- dann brauche ich mich auch als Frau nicht mehr zu bemühen, einem Mann irgendetwas zu erklären. Es macht ja sowieso keinen Sinn.

Klischees über Männer: Ist das wirklich typisch Mann?

Klar, es gibt Unterschiede zwischen Mann und Frau. Experimente haben zum Beispiel gezeigt, dass Männer und Frauen eine unterschiedliche Farbwahrnehmung haben. Frauen sehen die Welt in kräftigeren Farben als Männer. Dieser Unterschied scheint tatsächlich genetisch gegeben zu sein und für alle Männer zu gelten.

Aber da hören dann auch schon die allgemein nachweisbaren psychologischen Unterschiede auf. Sätze wie „Männer schauen alle Pornos.“ oder „Männer wollen immer nur Sex.“ sind offensichtlich falsch, da es ja auch viele Gegenbeispiele gibt.

Klischees über Männer:
Was ist noch ok und was ist nicht zu tolerieren?

Es gibt keine allgemeine Regel, was eine Frau in einer Partnerschaft beim Mann durchgehen lassen soll und was nicht.

Die entscheidende Frage ist vielmehr: Welches konkrete Verhalten dieses einen Mannes stört mich als seine Partnerin so sehr, dass es die Partnerschaft bedroht?

Und das kann von Fall zu Fall höchst unterschiedlich sein. Bei Paartherapien habe ich da in meiner eigenen Praxis schon die unterschiedlichsten Dinge erlebt. Eine Klientin störte sich daran, dass ihr Mann oft am Wochenende ohne sie allein im Wald Stunden lang spazieren ging (wobei sie selber keine Lust hatte mitzukommen)- eine andere Frau wiederum fand es unerträglich, dass sie die Wohnung niemals für sich allein haben konnte, weil ihr Mann überhaupt kein Hobby hatte, das ihn jemals nach draußen gebracht hätte.

Wenn ich als Frau also etwas habe, was für mich absolut nicht OK ist, muss ich das dem Mann sagen. Viele Frauen gehen wie selbstverständlich davon aus, dass ihre Männer wissen, was sie stört- und in der Paartherapie sind dann oft beide überrascht nach dem Motto: „Ach, das stört dich an mir?“ „Ja klar, das hättest du doch schon längst merken müssen.“ „Aber ich habe da gar nichts gemerkt, weil du es mir nie gesagt hast.“

Erst wenn solche störenden Punkte offen ausgesprochen sind, ist es möglich, gemeinsam Lösungen für das Problem zu finden.

Klischees über Männer:
Kann man einen Mann noch „erziehen“?

Den anderen zu erziehen, funktioniert in der Partnerschaft ganz bestimmt nicht. Erziehen kann man nur Kinder.

In der Partnerschaft bedeutet Erziehung, dass derjenige, der in der Erzieherrolle ist, den anderen nicht mehr gleichrangig als Erwachsenen wahrnimmt. Und damit ist die Partnerschaft auf Augenhöhe am Ende. Was danach bestenfalls och übrig bleibt, ist wechselseitige Abhängigkeit. Das hat aber mit Partnerschaft nicht mehr viel zu tun.

Übrigens gibt es das in der Praxis gar nicht so selten, dass ein Partner den anderen auf solche Weise entmündigt- aber das ist immer das Ende der Partnerschaft im eigentlichen Sinne und funktioniert auf Dauer nur, wenn einer oder beide Partner an einer psychischen Störung leiden.

Wenn mich also etwas an meinem Partner stört, dann sind Erziehungsmaßnahmen wie Belohnung oder Bestrafen der falsche Weg. Helfen kann da nur ein gemeinsames Gespräch über wechselseitige Bedürfnisse. Und wenn die Situation schon so festgefahren ist, dass das Gespräch nicht mehr möglich ist, dann hilft nur noch der Weg zum Paartherapeuten.

Klischees über Männer:
Wie können Frauen lernen, damit zu leben?

Es kommt auf die Gesamtbilanz an. Wenn ich insgesamt mit meinem Partner zufrieden bin, kann ich ihm auch das eine oder andere nachsehen.

Und wenn die Gesamtbilanz stimmt, hat das auch für die Frau Vorteile. Wenn er sich ein paar Dinge herausnehmen darf, dann gibt es auch für die Frau Bereiche, wo sie sich von ihm nicht hereinreden lassen muss.

Und das ist das Geheimnis einer guten Partnerschaft: dass es einen großen gemeinsamen Bereich gibt, aber auch für jeden Partner einzeln genügend Freiräume, wo jeder für sich er oder sie selbst sein kann. Und dieses Wechselspiel von Gemeinsamkeit und Für-Sich-Sein macht eine Partnerschaft auch auf Dauer lebendig und spannend.

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Wenn Sie dazu Fragen haben, können Sie sich gern an mich wenden.

Dr. rer. biol. hum. Michael Petery

PS:
Vgl. auch das Interview Klischees über Frauen

 

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Probleme in der Partnerschaft RTL- Let´s talk about Sex- Radiointerviews Sexuelle Wünsche

Was törnt an beim Sex, was nicht?

Was törnt an beim Sex, was nicht?

Interview mit Dr. Michael Petery
in der Sendung Let´s talk about Sex bei Radio 89.0 RTL

Was sind Dinge, auf die Männer und Frauen beim anderen jeweils bei der ersten Begegnung achten?

Das ist sehr unterschiedlich, von Person zu Person. Wissenschaftliche Studien haben gezeigt, dass Männer häufig mehr visuell orientiert sind, also darauf achten, wie sieht die Frau aus, wie ist sie angezogen.

Frauen gehen mehr auf die Stimmigkeit des Gesamteindrucks: da gehören dann auch der Geruch dazu, der Klang der Stimme. Wichtig ist es den meisten Frauen vor allem, dass der Mann vertrauenswürdig wirkt und menschliche Wärme ausstrahlt.

 

Welche Rolle spielt „der Geruch“ – sich riechen können?

Der Geruch ist etwas, was besonders bei Frauen entscheidend ist. Dabei geht es gar nicht darum, ob der Mann ein Deo benutzt oder nicht. Es geht tatsächlich um den körperlichen Eigengeruch.

Wenn eine Frau einen Mann nicht riechen kann, hat der keine Chance. Und wenn er sich beim ersten Date noch so viel Mühe gibt, auf anderen Gebieten zu punkten.
Was törnt an beim Sex?
Was törnt an beim Sex?

 

Mundgeruch, ungepflegte Fingernägel – kann man das ansprechen und ändern?

Also, das ist schon eine ziemlicher Hammer, jemandem das so offen zu sagen. Ein bisschen stellt sich da für den Betroffenen auch die Frage: „OK, das sind die Punkte, die du mir jetzt sagst: Und was findest du noch alles an mir schlecht, ohne es mir gleich zu sagen?“

Bestimmt kein guter Einstieg in einer neuen Beziehung!

Und wenn die Beziehung schon länger läuft, dann ist natürlich auch zu überlegen: Warum habe ich jetzt in diesem Augenblick das Bedürfnis, meinem Partner oder meiner Partnerin auf diese Fehler hinweisen zu müssen? Schließlich habe ich das ja bis jetzt auch nicht getan und wir waren trotzdem zusammen.

Möglicherweise hat dieses plötzliche Kritikbedürfnis ja damit zu tun, dass in der Beziehung ganz allgemein ein paar Dinge nicht mehr stimmen.

 

Und dann im Bett – komische Vorlieben, Verhalten, Angewohnheiten? Wegrennen oder ansprechen?

Guten Sex gibt es nur, wenn ich meinem Partner oder meiner Partnerin zeigen kann, was meine eigenen Bedürfnisse und Vorlieben sind.

Natürlich mache ich mich ein Stück weit verletzlich, wenn ich eine scheinbar komische Vorliebe nenne- andererseits hat mein Gegenüber vielleicht ebenfalls Wünsche, die er oder sie sich kaum zu sagen traut.

Und wenn ich mich selber überwinde und meine eigenen Ideen ganz offen ausspreche, dann kann das auch den anderen dazu ermutigen, mit seinen unaussprechlichen Wünschen herauszukommen.

Aber das geht natürlich nur, wenn ich das Vertrauen habe, dass mein Partner mich nicht auslacht oder lächerlich macht. Deshalb ist wechselseitiges Vertrauen und Respekt das A und O in einer Beziehung.
Was törnt an beim Sex?
Kann man den anderen überhaupt „ändern“?

Ein ganz klares Nein. Wer seinen Partner nicht so annehmen kann, wie er ist und ihn ändern will, der hat bereits verloren. Der bekannte Psychologe Fritz Perls (Begründer der Gestalt-Therapie) hat das mal sehr schön gesagt:

Ich tu, was ich tu; und du tust, was du tust.
Ich bin nicht auf der Welt, um nach deinen Erwartungen zu leben,
Und du bist nicht auf der Welt, um nach den meinen zu leben.
Du bist du, und ich bin ich,
Und wenn wir uns zufällig finden: – wunderbar.
Wenn nicht, kann man auch nichts machen.

Was törnt an beim Sex?

Warum machen bestimmte Dinge eigentlich an und andere nicht?

Die Ursache dafür liegt in der Funktionsweise unseres Gehirns.

Wenn wir eine neue Erfahrung machen, wird nicht nur diese Erfahrung in unserem Gehirn gespeichert, sondern alle Eindrücke ringsherum: also auch Gerüche, Geräusche, Bilder und sogar eigene Gedanken und Vorstellungen.

Das bedeutet: Schon bei unseren frühesten sexuellen Erfahrungen -und bereits Kinder können so etwas wie sexuelle Erregung verspüren- speichern wir nicht nur die Erinnerung an das schöne Gefühl, sexuell erregt zu sein, sondern auch die Sinneseindrücke drumherum. Das passiert völlig unbewusst. Trotzdem gibt es im Hirn durch neuronale Verschaltungen eine ganz enge Nähe dieser verschiedenen Erinnerungsstücke.

Und damit haben wir die Erklärung dafür, dass uns später im Leben Sachen antörnen, die viel-leicht sogar auf den ersten Blick gar nicht so viel mit Sex zu tun haben: eine bestimmte Musik, bestimmte Gerüche oder Geräusche, oder auch innere Bilder. Es kann sogar auch auch das Gefühl, etwas Verbotenes zu tun, was manche Menschen antörnt- vielleicht deswegen, weil sie früher einmal als Kinder von ihren Eltern beim Rumspielen mit ihrem Geschlechtsorgan überrascht wurden und es ihnen dann verboten wurde, weiterzumachen. So verbindet sich dann das Gefühl von Beschämung mit dem Gefühl starker sexueller Erregung.

Was wäre Ihr Tipp, sich auf ein Date vorzubereiten?

Aus meiner Sicht ist das Wichtigste, authentisch zu sein. Also nichts vorzuspielen. In einer Beziehung kann man dem anderen sowieso nicht lange etwas vormachen. Und wer beim ersten Date versucht, zu sehr zu blenden, der macht aus der Sicht der Psychologie einen Riesenfehler.

Denn der Partner oder die Partnerin wird das erste Date für die gesamte Beziehung und auch noch Jahre später als Messlatte nehmen. Für den, der sich da zu sehr herausgelehnt hat, sind ewige Vorwürfe des Partners oder der Partnerin vorprogrammiert: „Warum kannst du nicht auch heute so toll/schön/aufmerksam sein wie bei unserem ersten Date?“

Der große Auftritt beim ersten Date ist also nur etwas, was dazu dienen kann, schnell für einen One-Night-Stand zusammenzukommen. Wer eine längerfristige Partnerschaft sucht, sollte es das besser vermeiden, nur etwas vorzuspielen, was nicht da ist..

Und viele Frauen und Männer törnt es sogar an, wenn sie gleich zu Anfang merken: der oder die andere ist ja auch nicht perfekt, genauso wenig wie ich selbst. Und gerade deswegen können wir besonders gut zueinander passen.

Und wenn man schon miteinander im Bett ist: Gibt es da Sachen, die ganz besonders antörnen, also so etwas wie Sextoys oder Dirty talk?

Ich denke, dass ist höchst unterschiedlich. Jeder Mensch ist durch vorangegangene Erlebnisse in seiner sexuellen Erlebniswelt vorgeprägt- so wie ich das vorhin erklärt habe. Und da kann z.B. Dirty Talk für den einen Menschen ganz hervorragend funktionieren und ihn total hochbringen, und ein anderer Mensch ist komplett abgetörnt.

Die beste Lösung, die es hier gibt, heißt: miteinander reden und auch einfach mal ausprobieren. Nur wer den Mut hat, hier herumzuexperimentieren, kann auch neue Erfahrungen machen. Und das Wunderbare am Sex ist, dass es da für jeden Menschen unendlich viel zu entdecken gibt…

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Wenn Sie dazu Fragen haben, können Sie sich gern an mich wenden.

Dr. rer. biol. hum. Michael Petery

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Probleme in der Partnerschaft Sexuelle Probleme

Somnophilie- die Lust am Sex mit Schlafenden

Somnophilie-
mein Freund nimmt mich im Schlaf

Mit meinem neuen Freund verstehe ich mich eigentlich super.

Trotzdem macht mir sein Sexdrang etwas Angst. Neulich bin ich nachts dadurch aufgewacht, dass er versucht hat, in mich einzudringen. Das allein ist eigentlich kein Problem, ich fand es sogar ganz geil.

Er hat mir dann allerdings gestanden, dass es ihn in seiner Fantasie am meisten anmacht, Sex mit einer schlafenden Frau zu haben. Vor meiner Zeit hätte er sich sogar schon mehrmals K.-o.-Tropfen besorgt, um seine Partnerinnen für den Sex bewusstlos zu machen.

Völlig sicher bin ich mir nicht, ob er das nicht auch mit mir machen will oder ob er das vielleicht sogar schon gemacht hat. Jedenfalls ist es nach einigen Partys schon so weit gekommen, dass ich mich überhaupt nicht mehr erinnern kann, wie ich heimgekommen bin. Das kann allerdings auch daran liegen, dass ich selbst etwas zu viel getrunken habe…

Sabrina C.

Somnophilie-
mein Freund nimmt mich im Schlaf

Hallo Sabrina,

Ihr Freund steht auf Sex mit schlafenden Frauen- die Sexualwissenschaft hat für diese Form der sexuellen Vorliebe sogar ein Fachwort: Somnophilie (von griechisch „somnos“-Schlaf und „philia“-Vorliebe).

Sie selbst haben das gemerkt, als Sie dadurch wach wurden, dass Ihr Freund in Sie eingedrungen ist. Und er hat Ihnen gestanden, bei anderen Frauen dazu K.-o.-Tropfen benutzt zu haben. Selbst sind Sie sich auch nicht sicher, ob er das nicht auch schon bei Ihnen getan hat.

Somnophilie- ohne Einverständnis
eine Form der Vergewaltigung

Was Ihr Freund da tut, ist höchst problematisch und sogar strafrechtlich relevant.

Es ist niemals in Ordnung, ohne das ausdrückliche Einverständnis mit einem anderen Menschen Sex zu haben. Das sollte auch beim eigenen Partner eine Selbstverständlichkeit sein.

Und erst recht ist es strafbar, andere Menschen mit Hilfe von K.-o.-Tropfen bewußtlos zu machen, um seinen eigenen Sexualtrieb zu befriedigen. Hinzu kommt, dass die Verabreichung von K.-o.-Tropfen für das Opfer ein erhebliches gesundheitliches Risiko darstellt, bis hin zur Lebensgefahr.

Eine solche Sexualpraktik ist nichts anderes als eine schwere Form der Vergewaltigung- und das auch dann, wenn es sich beim Opfer um die Freundin des Täters handelt, die eigentlich im Wachzustand sogar zum Sex mit dem Täter bereit ist.

Somnophilie-
harmlos nur als Fantasie

Die sexuelle Fantasie, mit einer schlafenden Frau Sex zu haben, ist für sich genommen harmlos. Jeder Mensch kann und darf die sexuellen Fantasien haben, die ihm selbst gut tun. Therapeutische Hilfe ist nur dann erforderlich, wenn sexuelle Fantasien einem selbst oder anderen zu schaden beginnen.

Problematisch wird Somnophilie daher erst, wenn der Bereich der sexuellen Fantasie überschritten wird und real ein zweiter Mensch ins Spiel hinzukommt. Ab diesem Punkt ist unbedingt erforderlich, dass das Einverständnis der betroffenen Frau (oder auch des betroffenen Mannes) vorliegt. Das gilt auch dann, wenn es sich nur um das Masturbieren vor dem/der Schlafenden handelt. Denn auch hier wird ohne Einwilligung bereits das Recht auf sexuelle Selbstbestimmung verletzt.

Somnophilie-
der Reiz am Sex mit Schlafenden

Der Hauptgrund für den Reiz der Fantasie liegt für den wachen Partner offenbar darin, den anderen als komplett wehrlos zu erleben, mit ihm also theoretisch alles machen zu können, ohne dass dieser sich wehrt. Es ist also ein Machtspiel, das in den Bereich des Sadismus hineingehört.

Umgekehrt ist aber auch möglich, dass ein masochistisches Motiv beim somnophilen Täter vorliegt: Da die wenigsten Menschen so tief schlafen, dass sie beim Sex nicht aufwachen, muss der Täter damit rechnen, erwischt zu werden und sich dann in dieser für ihn peinlichen Situation rechtfertigen zu müssen.

Somnophilie-
Konsequenzen in der Partnerschaft

In Ihrem Fall ist das Problem, dass der ungefragte Übergriff auf Ihre Person bereits stattgefunden hat- vielleicht nur vergleichsweise harmlos, als ein Koitus, bei dem sie aufgewacht sind, möglicherweise aber auch schon unter Zuhilfenahme von K.-o.-Tropfen. Beides ist ein Vertrauensbruch, mit dem Sie selbst irgendwie umgehen müssen.

Hier gibt es letztlich nur zwei Möglichkeiten:
Entweder Sie akzeptieren das Verhalten Ihres Freundes, so wie es ist, und setzen sich dadurch erheblichen Risiken aus, vor denen Sie ganz zu recht Angst haben. Oder Sie verlangen eine eindeutige Klärung der Situation, in der Sie selbst bestimmen, was für Sie OK ist (z.B. der Sex im Schlaf) und was nicht (als die K.-o.-Tropfen).

Dabei bleibt natürlich das Risiko bestehen, dass Ihr Freund Ihnen ein Wohlverhalten verspricht, dass er selbst nicht bereits ist einzuhalten- oder an das er sich aufgrund der Stärke seiner sexuellen Vorliebe gar nicht halten kann.

Wenn Sie selbst das Gefühl haben, Ihrem Freund hier keine eindeutigen Regeln auferlegen zu können, mit denen auch Sie einverstanden sind, gibt es letztlich aus der Sicht der Vernunft für Sie nur die Möglichkeit, sich von ihm zu trennen oder gemeinsam einen Therapeuten aufzusuchen. In einem solchen Gespräch mit einem Therapeuten könnte dann nochmals ausgelotet werden, ob und unter welchen Bedingungen nicht doch gemeinsame Regeln für das sexuelle Miteinander festgelegt werden können.

Möglicherweise kann es auch sinnvoll sein, dass Ihr Freund sich aufgrund eines solchen Gespräches zu einer eigenen Psychotherapie entschließt, die ihm hilft, die selbst- und fremdschädigenden Seiten seiner sexuellen Vorlieben zu überwinden.

Wenn Sie weitere Fragen dazu haben, freue ich mich über Ihre Nachricht.

Mit freundlichen Grüßen

Ihr Dr. hum biol. Michael Petery

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Paartherapie und Eheberatung Probleme in der Partnerschaft Sexualtherapie- Fragen, Ablauf, Behandlung, Theorie

Persönlichkeitsstörungen in der Partnerschaft

Persönlichkeitsstörungen- eine Aufgabe für die Sexualtherapie

Persönlichkeitsstörungen sind als Krankheitsbild in der Öffentlichkeit weithin unbekannt. Und das, obwohl die Ergebnisse verschiedener wissenschaftlicher Studien vermuten lassen, dass etwa 10% der Bevölkerung in Deutschland an einer Persönlichkeitsstörung leiden. Dazu kommen noch weitere Menschen, die zwar das Vollbild einer Persönlichkeitsstörung nicht erfüllen, aber dennoch einen großen Teil der Diagnosekriterien erfüllen (sogenannte Persönlichkeitsakzentuierung).

Im Rahmen der Paartherapie bedeutet das: rein statistisch gesehen, ist in jeder fünften Beziehung einer der Partner betroffen. Bei Paaren, bei denen Partnerschaftsprobleme bestehen, liegt der Prozentsatz sicherlich noch höher.

Erstaunlicherweise ist in der Sexualtherapie und in der Paartherapie die Häufigkeit des Krankheitsbilds Persönlichkeitsstörung oft unbeachtet geblieben.

In fast allen Büchern zum Thema Sexualtherapie gehen die Autoren davon aus, dass es sich bei ihren Klienten um insgesamt psychisch gesunde Menschen handelt, die nur an Funktionsstörungen auf sexuellem Gebiet leiden. Nach meiner eigenen Erfahrung ist aber genau das Gegenteil der Fall: Probleme auf sexuellem Gebiet sind meist nur ein Symptom, hinter dem noch weitere und tiefgreifendere psychische Störungen stehen (übrigens noch häufiger als Persönlichkeitsstörungen sind depressive Erkrankungen als Ursache für sexuelle Probleme).

Natürlich heißt das nicht, dass in jeder Paarbeziehung, in der es Probleme gibt, einer oder beide Partner automatisch eine psychische Störung haben müssen.

Es bedeutet aber, dass in jeder Therapie mit dem Vorhandensein solcher Störungen zu rechnen ist. Die praktische Konsequenz daraus: Häufig haben Probleme in der Partnerschaft sehr viel weniger mit der Partnerschaft selbst zu tun, als das auf den ersten Blick scheinen mag.

Persönlichkeitsstörungen-
was bedeutet das?

Das Diagnosemanuals DSM-5 der Vereinigung amerikanischer Psychiater definiert die Persönlichkeitsstörungen durch folgende Kriterien:

  • Deutliche Beeinträchtigungen der Funktionsfähigkeit des Selbst (Identität oder Selbststeuerung) und der zwischenmenschlichen Kommunikation (Einfühlungsvermögen, Nähe).
  • Auftreten von krankhaften Persönlichkeitszügen in einem oder mehreren Bereichen.
  • Die Beeinträchtigungen sind ein dauerhaftes Muster, über lange Zeit hin stabil, und treten ähnlich in unterschiedlichen Situationen auf.,
  • Die Beeinträchtigungen können nicht allein durch den Entwicklungsstand des Betroffenen oder durch sein soziokulturelles Umfeld erklärt werden.
  • Die Beeinträchtigungen können nicht durch die Einnahme von Drogen, Medikamenten oder sonstige medizinische Schädigungen (z.B. Hirnverletzung) erklärt werden.
  • Die Beeinträchtigungen können nicht durch den Entwicklungsstand des Betroffenen oder durch sein soziokulturelles Umfeld erklärt werden.

Persönlichkeitsstörungen-
Konsequenzen in der Paartherapie

Nach den neuesten Erkenntnissen der Psychologie werden Persönlichkeitsstörungen nicht -wie noch bis zur Jahrtausendwende- als tief greifende Störungen der Gesamtpersönlichkeit verstanden, sondern als Störungen der Interaktion und der Beziehungsgestaltung. Bei Paaren, in denen ein Partner an einer „Persönlichkeitsstörung“ leidet, sind die Beziehungsprobleme sozusagen vorprogrammiert.
Als therapeutische Konsequenz ergibt sich daraus:

• Bei Paartherapien ist eine sorgfältige Diagnose erforderlich, um festzustellen, ob die gemeinsamen Probleme durch das Vorliegen einer Persönlichkeitsstörung bei einem der Partner (oder auch bei beiden) mitbedingt sein kann.

• Bei Vorliegen einer Persönlichkeitsstörung ist der Fokus der Therapie nicht nur auf die jeweils konkret vorliegenden Probleme zu setzen, sondern darauf, dass beide Partner den Wirkmechanismus der gestörten Beziehungsgestaltung, die in der Persönlichkeitsstörung liegt, zu verstehen beginnen und Umgangsstrategien erlernen, damit umzugehen.

Eine Therapie kann den Leidensdruck, der durch eine Persönlichkeitsstörung innerhalb einer Partnerschaft verursacht wird, erheblich reduzieren. Dabei geht es vor allem auch um die Verbesserung der Lage des Partners, der selbst keine Persönlichkeitsstörung hat, indem er lernt,
1. nicht jede Reaktion des anderen auf sich zu beziehen,
2. mit gestörten Verhaltensmustern so umzugehen, das sie ihn selbst nicht belasten und
3. dafür zu sorgen, selbst innerhalb der Partnerschaft nicht mit den eigenen Bedürfnissen zu kurz zu kommen.

Die Diagnose einer Persönlichkeitsstörung, wenn sie denn bei einem der Partner vorliegt, kann im Rahmen einer Partnerschaft eine große Entlastung bedeuten: etwa dann, wenn durch eine solche Erkenntnis andauernde wechselseitige Schuldzuschreibungen der Partner wegfallen und die Erklärung der Schwierigkeiten im Krankheitsbild selbst gesehen werden kann. Außerdem können Umgangstrategien mit dem Krankheitsbild Persönlichkeitsstörung nur dann gefunden werden, wenn es zuvor diagnostiziert wurde.

Persönlichkeitsstörungen-
Warnung vor Laiendiagnosen

Die Diagnose einer Persönlichkeitsstörung kann nur durch einen Psychiater oder einen erfahrenen Psychotherapeuten festgestellt werden. Laien und insbesondere Partner, Familienmitglieder und enge Freunde sind grundsätzlich nicht die Richtigen, um eine solche Diagnose abzugeben. Die Wahrscheinlichkeit, dass Menschen, die selbst im Beziehungsgeflecht beteiligt sind, Fehldiagnosen abgeben, ist sehr hoch.

Außerdem sind Laien nicht dazu ausgebildet, mit den Folgen möglicher Diagnosen umzugehen und die entsprechenden Hilfsangebote zu geben. Im Extremfall kann eine mitgeteilte Diagnose Menschen in akute Suizidgefahr bringen.

Daher wird ein erfahrender Therapeut sich hüten, eigene Verdachtsdiagnosen auszusprechen, bevor er nicht Konzepte gefunden hat, wie der Patient mit den möglichen Folgen der mitgeteilten Diagnose umgehen kann.

Wenn ich in diesem Blog Beispielfälle für Persönlichkeitsstörungen im Rahmen sexualtherapeutischer Behandlung vorstelle, bitte ich Sie als Leser, diese Überlegungen keineswegs als Vorlage für eigene Diagnosestellungen zu übernehmen. Diese Ausführungen haben allein den Zweck, darauf aufmerksam zu machen, dass hinter bestimmten Schwierigkeiten in der Paarbeziehung Persönlichkeitsstörungen stehen können.

Ich habe dazu beispielhaft drei Formen der Persönlichkeitsstörung ausgewählt, die besonders häufig bei der Sexualtherapie eine Rolle spielen: die abhängige, die narzisstische und die paranoide Persönlichkeitsstörung.

Wenn in einer Beziehung einer der Partner den Verdacht hat, er selbst oder der andere könnte an einer Persönlichkeitsstörung leiden, dann ist das ein dringender Anlass, den Arzt oder Psychotherapeuten aufzusuchen. Das gilt genauso, wie wenn Sie vermuten würden Ihr Partner hätte eine schwere Lungenentzündung oder eine andere schwere körperliche Erkrankung: Dann würden Sie es ja auch nicht mit einer Laiendiagnose bewenden lassen, sondern möglichst schnell die fachlich kompetente Hilfe eines Arztes einholen.

Wenn Sie dazu weitere Fragen haben, freue ich mich über Ihre Nachricht.

Mit freundlichen Grüßen
© M.Petery.
Dr. rer. biol. hum. Michael Petery

PS: Zum Thema narzisstische Persönlichkeitsstörung finden Sie ausführliche Informationen und einen Gastbeitrag von mir unter himmelundhoelleblog.

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Probleme in der Partnerschaft Sexuelle Probleme

Langeweile in der Beziehung- Was kann helfen?

Langeweile-
im Alltag und im Bett nichts als Routine

Langeweile in der Beziehung Foto © elnariz Fotolia.com
Seit fast vier Jahren lebe ich mit meinem Freund zusammen. Die erste Zeit unserer Beziehung war wirklich wunderschön: Wir haben viel miteinander unternommen, haben uns mit Freunden getroffen…

Seit einiger Zeit ist das irgendwie zu Ende. Am liebsten hängt er vor seinem Computer, spielt jeden Abend stundenlang irgendwelche epischen Ballerspiele. Am Wochenende kommt er kaum aus dem Bett. Er sagt, das bräuchte er, um sich von der Anspannung der Woche zu erholen.

Ich selbst habe viele Interessen, gehe gern aus und habe eine Menge Freunde. Das wiederum nervt ihn. Außerdem ist er wahnsinnig eifersüchtig, wenn ich in seiner Gegenwart auf mein Handy schaue, um nachzuschauen, was meine Freunde bei facebook gepostet haben.

Dabei tue ich das eigentlich eher aus Langeweile. Bei uns in der Beziehung läuft einfach nichts mehr außer Essen, Kuscheln, Schlafen. Und das ist mir einfach zu wenig.

Auch beim Sex läuft nicht mehr viel. Er selbst hat schon gemerkt, dass ich nicht mehr richtig feucht werde, und deswegen bei mir sogar nachgefragt. Ich meinte dann, ob er vielleicht eine Idee hätte, mich mehr in Erregung zu bringen. Und seine Reaktion war nur: Na gut, dann verschieben wir das halt auf später…

Ist unsere Beziehung tatsächlich so augelutscht, dass da nichts mehr läuft? Oder ist das völlig normal und passiert in jeder Beziehung nach den ersten Jahren?

Im Prinzip mag ich meinen Freund und will ihn auch nicht verlieren- andererseits wüßte ich gern, ob für mich in Sachen Liebe vielleicht doch noch mehr drin ist…

Melanie W. (Name geändert)

Langeweile in der Beziehung-
Anfang vom Ende der Partnerschaft?

Hallo Melanie,

Seit fast vier Jahren leben Sie mit Ihrem Freund zusammen. Jetzt stehen Sie an einem Punkt, an dem Sie Ihre Beziehung nur noch langweilig finden. Und auch beim Sex läuft nur wenig, weil Sie bei ihm in keine richtige Erregung kommen.

Langeweile in der Beziehung-
ein häufiges Thema in der Sexualtherapie

Mit Ihrem Problem stehen Sie nicht allein da. Langeweile in der Beziehung gehört zu den häufigen Gründen, warum Menschen sich Rat bei einem Sexualtherapeuten holen.

Viele Paare erleben die erste Zeit der Beziehung als unvergleichbar spannenden Moment -der er ja auch ist- und verbinden damit die Erwartung, dass diese Spannung niemals nachläßt.

Wenn sich dann im Laufe der Jahre so etwas wie Routine einstellt, bewerten viele Menschen das als negativ.

Langeweile in der Beziehung-
Routine kann auch positiv sein

Dabei ist auch die genau umgekehrte Bewertung von Routine in der Partnerschaft möglich: aus der Anfangsspannung kann sich durch Routine auch Vertrautheit entwickeln, das Wissen, den Partner sehr gut zu kennen und sich daher auf ihn in jeder Beziehung verlassen zu können.

Diese Vertrautheit bietet die Chance, beim Partner auch kompliziertere Themen anzusprechen, die in der Anfangszeit vielleicht nie zur Sprache kamen: so etwa das Thema unterschiedlicher Bedürfnisse.

Was in der Anfangszeit möglicherweise als Affront gewirkt hätte („Ich will etwas anderes als du!“, „Ich empfinde etwas anders als du!“), kann in der späteren Phase der größeren Vertrautheit auch ausgesprochen werden. Sollte es sogar- denn langfristig kann keine Partnerschaft funktionieren, wenn ein oder beider Partner dauerhaft sich mit ihren eigenen Vorstellungen zurückhalten, bloß um dadurch die Gemeinsamkeit nicht zu gefährenden.

Langeweile in der Beziehung-
die Entdeckung der Unterschiedlichkeit

Die Entdeckung der Unterschiedlichkeit kann ein gutes Mittel gegen mögliche Langeweile in der Beziehung sein.

Dadurch, dass die Partner in der Beziehung ihre unterschiedliche Interessen haben, stellt sich immer wieder neu die Frage, wie die Partnerschaft zwischen den beiden Polen Gemeinsamkeit und Einzelinteressen der Partner neu auszubalancieren ist- eine Aufgabe, die in einer Beziehung auch über Jahrzehnte hinweg immer wieder neue Herausforderungen mit sich bringt.

Langeweile in der Beziehung-
Patentlösungen gibt es nicht

Langeweile in der Beziehung wurzelt letztlich darin, dass die Partner sich aus irgendeinem Grunde damit zufrieden geben, in der Beziehung nicht mehr ihre eigenen Bedürfnisse immer wieder neu aushandeln zu wollen.

Dafür kann es die unterschiedlichsten Gründe geben, wie zum Beispiel:

  • Die Partner haben ein sehr hohes Ideal von ihrer Beziehung und glauben, keine unterschiedlichen Interessen haben zu dürfen
  • Die Partner haben Angst, die Beziehung könnte eine Auseinandersetzung um unterschiedliche Interessen nicht überleben und halten daher lieber an dem Zustand fest, in dem sich die Beziehung gerade befindet
  • Die Partner wissen schlicht und ergreifend selber nicht, was ihre persönlichen Interessen eigentlich sein könnten.

Die Gründe können also sehr vielfältig sein, warum in einer Partnerschaft nicht offen über unterschiedliche Interessen ud Bedürfnisse gesprochen werden kann. Klar ist jedoch: Wenn ein solcher Stillstand erst einmal eingetreten ist, wird die Beziehung langweilig.

Es gibt keine Patentrezepte, wie ein solcher Stillstand – und damit auch die Langeweile- überwundern werden kann. Schließlich sind alle Menschen verschieden und auch jede Beziehung anders. Was für die einen eine passende Lösung ist, muss nicht automatisch für die anderen passen.

Langeweile in der Beziehung-
Kommunikation als Lösungsansatz

Letztlich können nur Sie und Ihr Partner das Problem lösen- indem Sie beide herausfinden, ob und wie Sie Ihre jeweils eigenen Bedürfnisse und Ihre Partnerschaft miteinander verbinden können.

Wichtigstes Mittel, um dieses Ziel zu erreichen, wird es sein, dass Sie mit Ihrem Freund offen darüber reden, was er und was Sie selbst benötigen, um sich in Ihrer Beziehung wohl zu fühlen.

Dabei kann es sein, dass das ganz unterschiedliche Punkte sind. Von seiner Seite reicht vielleicht tatsächlich die immerwährende Wiederholung von Essen, Kuscheln, Schlafen. Von Ihrer Seite besteht dagegen das Bedürfnis nach Abwechslung, nach Ausgehen, nach Kontakt zu weitere Freunden.

In dem Moment, wenn Sie diese Unterschiedlichkeit wechselseitig anerkennen und trotz dieser Unterschiedlichkeit nach Wegen suchen, dass auch Ihre Gemeinsamkeit ihren Platz behält, dürfte es mit der Langeweile in der Beziehung vorbei sein.

Langeweile in der Beziehung-
Wie eine Therapie helfen kann

Die Entdeckung der Unterschiedlichkeit fällt vielen Paaren sehr schwer-zum Beispiel:

  • weil die Partner ihre jeweils eigenen Bedürfnisse nicht kennen bzw. nicht kommunizieren können
  • weil die Partner Schwierigkeiten haben, diese Unterschiedlichkeit überhaut wahrzunehmen
  • weil die Entdeckung der Unterschiedlichkeit so starke Konflikte auslöst, dass dadurch die Partnerschaft selbst in Bedrohung gerät.

Sollten Sie solche Schwierigkeiten in Ihrer Beziehung haben, könnte es sich -für Sie allein oder auch zu zweit- lohnen, in einige Sitzungen gemeinsam mit einem Therapeuten zu investieren.

Langeweile in der Beziehung-
die Klärung Ihrer eigenen Bedürfnisse

Bis jetzt wissen Sie vor allem, was Sie sich in Ihrer Beziehung nicht wünschen. Ein erster Schritt im Gespräch mit Ihrem Therapeuten könnte daher sein, dass Sie sich mehr darum kümmern, welche Erwartungen Sie grundsätzlich an Ihre Partnerschaft haben.

Dazu könnte die Klärung folgender Fragen beitragen:

  • Wie viel Zeit möchte ich gemeinsam mit meinem Partner verbringen und wieviel Zeit Brauche ich für mich alleine bzw. für die Interessen, die ich nicht mit ihm teile?
  • Was würde ich mit ihm in der gemeinsamen Zeit machen, wenn ich allein darüber bestimmen könnte?
  • Was möchte ich beim Sex in meinem Leben noch ausprobieren?
  • Welche sexuellen Fantasien machen mich an?
  • Wie sieht meine Wunschbeziehung in 10 Jahren aus?
  • Möchte ich mit meinem Partner irgendwann Kinder bekommen oder nicht?

Je genauer Sie Ihre eigenen Fantasien, Erwartungen und Wünsche (und die Ihres Freundes) kennen, desto mehr Möglichkeiten haben Sie, die eine oder andere Idee auch in Wirklichkeit umzusetzen.

Langeweile in der Beziehung hat oft auch den Grund, dass beide Partner nichts Neues mehr miteinander ausprobieren. Und das liegt wiederum vor allem daran, dass sie sich die jeweils eigenen Fantasien und Wünsche nicht mitteilen.

Kommunikation und offenes Aussprechen der eigenen Bedürfnisse ist also ein ganz wichtiges Mittel, um aus der Langeweile in der Beziehung herauszukommen.

Wenn Sie selbst anfangen, in der Partnerschaft neue Wünsche auszusprechen, ist es sehr wahrscheinlich, dass auch Ihr Freund neue eigenen Ideen entwickelt. Und wenn das einmal so weit ist, ist das Thema Langeweile in der Beziehung ganz sicher wieder vom Tisch.

Wenn Sie dazu weitere Fragen haben, freue ich mich über Ihre Nachricht.

Mit freundlichen Grüßen
© M.Petery.
Dr. rer. hum. biol. Michael Petery

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Überall Feinde- paranoide Persönlichkeitsstörung?

Paranoide Persönlichkeitsstörung? Apokalyptische Reiter. Gemälde von Wiktor Wasnezow 1887

 

 

Paranoide Persönlichkeitsstörung- ständig Verdacht und Misstrauen

Ein Erfahrungsbericht

 

 

Das Zusammenleben mit meinem Mann war schon immer schwierig. Immer musste er Recht behalten, in letzter Instanz, auch den Kindern gegenüber. Er kann sehr schnell irrsinnig wütend werden. Am schlimmsten ist, dass er mich selbst immer wieder der Untreue verdächtigt, obwohl das völlig absurd ist.

 

 

In der Öffentlichkeit sind die Zornausbrüche meines Mannes besonders in dem Heimatverein gefürchtet, wo er der Vorsitzende ist. Da rastet er regelmäßig aus, wenn jemand etwas sagt, was nicht genau seiner Meinung entspricht. Er glaubt dann sofort, das ginge darum, ihn ganz persönlich zu kränken. Besonders schlimm ist es, wenn neue Leute dem Verein beitreten wollen: dann denkt er sofort, das gehe nur denen darum, ihm seinen Vereinsvorsitz streitig zu machen. Er riecht dann regelrecht überall die Verschwörung.

 

 

Seit einem halben Jahr hat er nun im Beruf eine neue Abteilung bekommen- seither ist er kaum noch auszuhalten. Er redet auch zuhause nur noch davon, dass er seine Mitarbeiter verdächtigt, bewusst Unterlagen zu fälschen, um ihm zu schaden. Die Leute würden ihn hintergehen und blöd behandeln, nur weil er sich aus einfachen Verhältnissen hochgearbeitet habe. Und dies Problem kenne er schon seit seiner Schulzeit: da waren es die Lehrer und Mitschüler gewesen, die ihn ständig hinter seinem Rücken gehänselt hätten.

 

 

Als ich dann versucht habe, ihn davon zu überzeugen, dass er auf der Arbeit bestimmt nicht gemobbt wird, sondern eher von seinen Mitarbeitern gefürchtet, hat er mir dann vorgeworfen, dass ich mit diesen Leuten wahrscheinlich unter einer Decke stünde. Und er ging noch weiter mit seinen Vorwürfen: Er habe schon lange den Verdacht, dass ich ihn mit seinem Stellvertreter betrügen würde. Dabei ist das vollkommener Unsinn!

 

 

Ich habe ihm zwar deutlich zu verstehen gegeben, dass das alles absurd ist, aber ich merke, dass er seither mir heimlich hinterher spioniert und Beweise gegen mich sucht. So habe ich ihn neulich dabei überrascht, wie er die Anrufprotokolle auf meinem Handy kontrolliert hat.

 

 

Ich habe keine Ahnung, wie ich damit umgehen soll.

 

 

Frauke N. (Name geändert)

 

 

Diagnostische Anhaltspunkte

 

 

Hallo Frauke,

 

 

aus dem, was Sie schreiben, lässt sich mit Sicherheit keine endgültige Diagnose über Ihren Mann stellen. Dazu wäre eine längere Untersuchung durch einen Facharzt für Psychiatrie nötig- wobei natürlich sehr fraglich ist, ob Ihr Mann jemals einer solchen Untersuchung zustimmen würde.

 

 

Allerdings ist sein Verhalten, so wie Sie das schildern, durchaus in psychologischer Hinsicht auffällig. Und es ist nachvollziehbar, dass Sie unter diesem Verhalten leiden.

 

 

Mögliche Hinweise auf eine paranoide Persönlichkeitsstörung 

 

 

Offenbar handelt es sich bei seinem Problem um ein Verhaltensmuster, das ihn schon seit seiner Schulzeit begleitet. Ein solches über die ganze Lebenszeit gleich bleibendes Störungsbild lässt aus psychologischer Sicht das Vorliegen einer sogenannten Persönlichkeitsstörung vermuten. Das permanente Misstrauen und seine Streitsucht könnten Indizien für eine paranoide Persönlichkeitsstörung sein.

 

 

Nach dem Krankheitskatalog der Weltgesundheitsorganisation ICD-10 (F60.0 und Anhang 1) müssen für die Diagnose paranoide Persönlichkeitsstörung neben den allgemeinen Kriterien für eine Persönlichkeitsstörung mindestens vier der folgenden Zusatzkriterien erfüllt sein:

 

 

  1. Große Empfindlichkeit gegenüber Zurückweisung;
  2. Unfähigkeit, subjektiv erlebte Beleidigungen oder Missachtungen zu vergeben
  3. Generelles Misstrauen, auch bei freundlicher oder neutraler Haltung anderer
  4. Streitsucht und starres Beharren auf eigenen Rechten
  5. Häufig unberechtigtes Misstrauen gegenüber der sexuellen Treue des Partners
  6. ständige Selbstbezogenheit und Überheblichkeit;
  7. häufige Verschwörungstheorien über Menschen der Umgebung, die einem schaden wollen

 

 

Im Fall Ihres Mannes ergeben sich hier einige deutliche Übereinstimmungen mit den Kriterien:

 

 

  • Generelles Misstrauen: Neue Vereinsmitglieder erscheinen sofort als Leute, die ihm den Vereinsvorsitz streitig machen wollen
  • Unberechtigte Verdächtigung des Partners auf sexuelle Untreue
  • Ständige Selbstbezogenheit in seinen Gesprächsthemen zuhause
  • Verschwörungstheorie gegenüber Kollegen am Arbeitsplatz

 

 

Mögliche Ursachen für eine paranoide Persönlichkeitsstörung 

 

 

 

Die Ursache für die Ausbildung einer paranoiden Persönlichkeit liegt nach Ansicht der meisten Experten in massiven Grenzverletzungen, die ein Kind durch engste Bezugspersonen erleiden musste, von ständiger Bevormundung bis hin zu sexuellen Misshandlungen. Das Kind lernte so, grundsätzlich jedem und allen zu misstrauen. Die einzige Person, der es auf dieser Welt trauen kann, ist nur man selbst.

 

 

Der Schutz des eigenen Territoriums ist für einen solchen Menschen absolut lebenswichtig, auch die strengste Sicherung der eigenen Grenzen gegenüber möglichen Übergriffen. Es ist daher absolut wichtig, überall immer selbst die völlige Kontrolle zu haben. Ständige Wachsamkeit gegen mögliche Übergriffe und ständige Kampfbereitschaft sind der einzig mögliche Selbstschutz.

 

 

Dazu gehört auch, dass bereits bei sehr geringen vermeintlichen Grenzverletzungen durch andere sofort massiv eingeschritten wird, etwa durch einen Zornausbruch. Dass andere Menschen deswegen von einem abrücken oder einen als gefährlich und jähzornig empfinden, sieht ein Mensch mit paranoider Persönlichkeitsstörung eher als positiv an: durch solche Einschüchterung der anderen sinkt ja das Risiko, selber angegriffen zu werden.

 

 

Auch wenn andere Menschen potentiell ständig als Bedrohung empfunden werden, ist ein Mensch mit paranoider Persönlichkeitsstörung selten ein Einzelgänger: denn er benötigt möglichst viele Bundesgenossen und Vasallen, die ihn bei seinem Kampf unterstützen. Um selber keine Gefahr zu sein, müssen diese Menschen sich ihm aber komplett unterordnen, seien es nun die anderen Mitglieder im Verein, die Arbeitskollegen oder auch der/die Ehepartner/in und die eigenen Kinder.

 

 

Solange diese Unterordnung stimmt, kann ein Mensch mit paranoider Persönlichkeitsstörung durchaus fürsorglich sein und sich mit großem eigenen Elan für seine „Vasallen“ einsetzen: sie sind dann ja sozusagen Teil seines eigenen Ich.

 

 

Umgangsstrategien mit einer paranoiden Persönlichkeitsstörung

 

 

 

Vielleicht ist es für Sie eine Erleichterung zu wissen, dass die Probleme Ihres Mannes mit größter Wahrscheinlichkeit nicht in den tatsächlichen aktuellen Lebensumständen begründet sind und auch nicht an Ihrer Person als Ehefrau liegen, sondern in der psychischen Gesamtdisposition ihres Mannes.

 

 

Von daher bieten sich zwei Hauptumgangsstrategien an:
deeskalieren und ausweichen.

 

 

Es ist zum Beispiel für Sie wenig sinnvoll, wenn Sie seinen Verschwörungstheorien über die Kollegen widersprechen: Auf diese Weise ziehen Sie nur ebenfalls den Argwohn Ihres Mannes auf sich. Und Sie werden jetzt selber verdächtigt, ihn hintergangen zu haben.

 

 

Auch seinen Verdacht auf sexuelle Untreue und seine Handy-Nachforschungen sollten Sie am besten schlicht und einfach ignorieren. Ein Auflehnen dagegen könnte Ihr Mann wohl nur als Eingeständnis Ihrer Schuld oder als Aufkündigung Ihrer Solidarität verstehen.

 

 

Wenn Sie ein Interesse daran hat, die Beziehung mit Ihrem Mann zu erhalten, ist es am besten, Sie weichen allen offenen Konfrontationen mit ihm so gut wie möglich aus. In Bezug auf die Streitigkeiten Ihres Mannes im Verein und am Arbeitsplatz können Sie versuchen, soweit das überhaupt möglich ist, zu deeskalieren, indem Sie beispielsweise die Vorteile herausstellen, die ein neues Mitglied dem Verein und damit auch Ihrem Mann bringt.

 

 

Das kann aber nur funktionieren, solange Sie bei ihrem Mann bereits vorhandene positive Gedanken bestärken: also ihm zum Beispiel deutlich machen, dass neue Mitglieder im Verein seine Position und den Einfluss des Vereins in der Öffentlichkeit stärken und nicht schwächen werden.

 

 

Jede offene Kritik an Ihrem Mann oder jeder Beschwichtigungsversuch würde bestehende Probleme nicht deeskalieren, sondern würde nur bedeuten, Öl ins Feuer zu gießen.

 

 

Wenn Sie dazu weitere Fragen haben, freue ich mich über Ihre Nachricht.

 

 

Mit freundlichen Grüßen
© M.Petery.
Dr. rer. biol. hum. Michael Petery

 

 

PS:
Weitere Infos im Beitrag: Persönlichkeitsstörungen als Problem in der Partnerschaft und im Artikel Paranoide Persönlichkeitsstörung im Blog Arztphobie.com.

 

 

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Beziehungsprobleme Paartherapie und Eheberatung Probleme in der Partnerschaft

Zusammenziehen oder nicht- Testfall für die Partnerschaft

Zusammenziehen-
Freund will nicht aus seiner Wohnung

Mit meinem neuen Freund bin ich jetzt fast ein Jahr zusammen. Wir sind beide über 30 und haben auch schon darüber gesprochen, dass wir irgendwann einmal miteinander Kinder haben möchten. Wenn ihm das wirklich ernst ist, fände ich es richtig, wenn wir als erster Schritt jetzt gemeinsam zusammenziehen.

Mein Freund lebt zur Zeit allein in einer Wohnung, die er sich ursprünglich mit seiner Ex angemietet hat- übrigens zu einem Zeitpunkt, als die beiden weniger lang zusammen waren als wir jetzt. Er hat mir jetzt vorgeschlagen, dass ich bei ihm einziehen kann- für mich ein unerträglicher Gedanke, weil er die ganze Einrichtung gemeinsam mit der Exfreundin ausgesucht hat, von der sogar noch ein selbstgemaltes Plakat im Gang hängt. Wenigstens hat er jetzt ihren Namen auf dem Türschild überklebt.

Sein Wohnort ist übrigens fast 50 km von meinem entfernt und wir beide haben unsere Arbeit jeweils an unseren Wohnorten. Allein von daher fände ich am besten, dass wir in Zukunft irgendwo in der Mitte wohnen. Aber er mag einfach nicht aus seiner Wohnung ausziehen.

Ich weiß jetzt nicht, wie ich das sehen soll: Meint er unsere Beziehung wirklich ernst und den Plan, irgendwann Kinder zu bekommen, wenn wir uns nicht einmal über das Zusammenziehen einigen können? Meine Freundinnen sind alle bis 30 mit ihren Freunden in eine gemeinsame Wohnung gezogen, und bei den meisten passierte das schon nach einem halben Jahr.

Vielleicht ist mein Freund mit mir auch gar nicht richtig sicher- schließlich ging es mit seiner Ex bei der Wohnungssuche ja auch schneller.
Oder bin ich nur drängelig und es ist normal, ein Jahr und länger mit dem Zusammenziehen zu warten?

Ich weiß, das klingt blöd: Aber ich will nicht erst 35 werden und dann ein Kind bekommen. Muss ich mich also von ihm trennen, wenn es mit dem Zusammenziehen jetzt nicht klappt?

Franziska G. (Name geändert)

Zusammenziehen-
nicht in die Wohnung der Exfreundin

Hallo Franziska,

Sie und Ihr Freund sind jetzt seit fast einem Jahr zusammen. Sie möchten gern mit ihm zusammenziehen, als erster Schritt hin zu gemeinsamen Kindern. Ihr Freund bietet Ihnen an, in die Wohnung zu ziehen, die er gemeinsam mit seiner Exfreundin eingerichtet hat. Das möchten wiederum Sie nicht, weil Sie sich zu sehr an die Exfreundin erinnert fühlen und die Wohnung zu weit von Ihrem eigenen Arbeitsplatz entfernt liegt.

Zusammenziehen oder nicht-
was da alles dahinterstehen kann

Ihre Schilderung ethält viele Elemente, bei denen unklar ist, was sie eigentlich bedeuten, so etwa die Fragen:

  • Wie ernst ist es Ihrem Freund mit dem Kinderwunsch? Ist das Wohnungsproblem vorgeschoben, damit das Thema Kinder noch etwas länger hinausgeschoben bleibt?
  • Möchte Ihr Freund in seiner Wohnung bleiben, weil er sich noch nicht ganz sicher ist, ob die Beziehung zu Ihnen hält?
  • Will Ihr Freund nicht mit Ihnen zusammenziehen, weil er Angst hat, Sie danach zu verlieren- so wie er seine Exfreundin nach dem Zusammenziehen verloren hat?
  • Sieht er es als unproblematisch an, dass Sie an seinem Wohnort passende Arbeit finden oder geht er selbstverständlich davon aus, dass Sie täglich 50 km pro Richtung pendeln?
  • Gibt es ganz praktische Gründe, warum er seine Wohnung nicht aufgeben kann (z.B. Mitevertrag mit mehrjähriger Mindestlaufzeit)?

Das sind nur einige Punkte, die ziemlich unklar sind. Möglicherweise lassen sich einige der Fragen auch noch nicht eindeutig beantworten.

Vielleicht ist Ihr Freund zur Zeit hin- und hergerissen zwischen den verschiedenen Möglichkeiten: Einerseits will er mit Ihnen zusammenziehen und Kinder bekommen, andererseits aber vielleicht doch nicht so schnell…

Zusammenziehen oder nicht?
Eine genauere Aussprache ist wichtig

Weil hier noch so vieles unklar erscheint, wäre es wichtig, wenn Sie beide sich noch genauer darüber aussprechen, was Sie sich jeweils für Ihre Zukunft wünschen. Falls Ihnen beiden das schwer fällt, könnte es auch sinnvoll sein, für einige Stunden einen Paartherapeuten hinzuzuziehen.

Ohne eine solche Klärung besteht die Gefahr, dass Sie über Ihren Freund und seine Handlungsgründe Vermutungen anstellen, die vielleicht gar nicht zutreffen.

Umgekehrt es kann auch sein, dass Ihr Freund bestimmte Bedürfnisse von Ihnen noch gar nicht verstanden hat, so etwa Ihr Wunsch, nicht in einer Wohnung zu leben, die von der Exfreundin mitgestaltet wurde und die 50 km von Ihrem Arbeitsplatz entfernt liegt.

Ich wünsche Ihnen daher, dass Sie schon bald Gelegenheit finden, diese unklaren Punkte miteinander zu besprechen, so dass Sie gemeinsam an einer passenden Lösung für Ihre Zukunft weiterarbeiten können.

Wenn Sie dazu weitere Fragen haben, freue ich mich über Ihre Nachricht.

Mit freundlichen Grüßen
© M.Petery.
Dr. rer. biol. hum. Michael Petery

 

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Beziehungsprobleme Probleme in der Partnerschaft

Lust auf Affäre- der Wunsch nach Fremdgehen

Eine Affäre-
ein guter Weg für neue sexuelle Erfahrungen?

Ich bin 42 und seit 21 Jahren mit meinem Mann verheiratet. Vorher waren wir auch schon drei Jahre befreundet gewesen, Sex hatte ich in meinem Leben mit keinem Mann außer mit ihm. Kinder haben wir keine.

Unser Sexleben seit Jahren mehr oder weniger eingeschlafen. Mein Mann ist beruflich sehr eingespannt. Wenn überhaupt, kommt es nur zu sehr kurzem Sex abends im Bett- er schläft dann jedes Mal sofort ein, wenn er gekommen ist und kümmert sich überhaupt nicht um mich.

Wenn ich jetzt nicht selber aktiv werde, dann wird das die einzige sexuelle Erfahrung in meinem Leben bleiben. Dabei träume ich ständig von ganz anderem Sex: viel härter, auch an ungewöhnlichen Orten, mit verschiedenen Männern.

Ich will mich nicht von ihm trennen, allein schon, weil ich wirtschaftlich von ihm abhängig bin. Außerdem mag ich ihn immer noch, irgendwie. Aber eher wie eine Art großen Teddybär- und von dem erwartet man sich ja auch keinen Sex.

Was tun? Ich habe überlegt, mich im Internet bei einer Partnerbörse anzumelden, um eine Affäre anzufangen. Dabei ist ganz klar: es geht mir nur um neue sexuelle Erfahrungen, nicht um einen neuen Partner. Ist das aus sexualtherapeutischer Sicht eine gute Idee?

Nicole B. (Name geändert)

Eine Affäre als Problemlösung?

Hallo Nicole,

in Ihrem ganzen Leben haben Sie außer mit Ihrem Mann keine sexuellen Erfahrungen gemacht. Mit Ihrem aktuellen Sexualleben gemeinsam mit Ihrem Mann sind Sie unzufrieden, und nun überlegen Sie, ob eine Affäre Ihr Problem lösen kann.

Ihre Frage berührt zwei unterschiedliche Aspekte:

1. Sie sind mit Ihrem Eheleben und Ihren bisherigen sexuellen Erfahrungen unzufrieden.
2. Sie sehen eine Affäre als Ausweg aus Ihren Problemen.

Beide Aspekte sind aber nicht notwendigerweise miteinander verbunden, auch wenn es auf den ersten Blick naheliegend erscheint, den Ausweg Affäre als Problemlösung für Ihre sexuelle Unzufriedenheit anzusehen.

Aus sexualtherapeutischer Sicht lohnt es sich, die beiden Aspekte erst einmal getrennt voneinander anzusehen.

Unzufriedenheit mit dem Sex in der Ehe

Unzufriedenheit mit dem Sex in langjährigen Beziehungen und Ehen ist ein sehr häufiges Thema in der Sexualtherapie. Hier stehen Sie mit Ihrer eigenen Unzufriedenheit mit Ihrer Ehe sicher nicht alleine da.

In vielen Beziehungen kommt es nach einer Anfangsphase mit hoher sexueller Zufriedenheit, die auch mehrere Jahre anhalten kann, nach und nach zu einer Phase der sexuellen Routine. Dabei spielen sowohl äußere Faktoren eine Rolle (z.B. zu wenig Zeit oder ständige Ermüdung durch den Beruf), aber auch innere Faktoren (z.B. keine neuen Ideen beim Sex oder die Ansicht, mit dem Partner schon alles ausgereizt zu haben, was möglich ist).

Natürlich kann es sein, dass sich zwei Menschen nach langen Jahren in einer Partnerschaft tatsächlich nichts mehr zu sagen haben, sowohl im allgemeinen Lebenszusammenhang wie auch auf dem Gebiet des Sex. Aus der Erfahrung des Therapeuten ist dieser Fall allerdings eher selten.

Die eigentliche Ursache für die Unzufriedenheit in langjährigen Partnerschaften ist viel häufiger die Unfähigkeit, die aktuellen eigenen Bedürfnisse gegenüber dem Partner auszusprechen und zumindest teilweise auch durchzusetzen.

Wenn hier in der Kommunikation nichts mehr läuft, kann es für das Paar sinnvoll sein, sich für einige Stunden Unterstützung durch einen Therapeuten zu gönnen.

Viele Paare entdecken in einer solchen Therapie ganz neue Möglichkeiten, wieder näher zueinander zu kommen- und auch deutlich besseren Sex zu erleben.

Aus therapeutischer Sich rate ich Ihnen also auf jeden Fall dazu, erst einmal auszuloten, ob Sie und Ihr Mann das Problem Ihrer sexuellen Unzufriedenheit nicht durch gemeinsame Besuche beim Therapeuten lösen können. Das wäre aus meiner Sicht die naheliegendste und einfachste Lösung.

Wenn eine solche gemeinsame Lösung innerhalb der Beziehung nicht möglich ist, kann Ihnen beiden der Therapeut auch helfen, weitergehende Fragen miteinander zu besprechen: so zum Beispiel, ob Ihr Mann Ihren Wunsch nach anderen Sexualpartnern unter bestimmten Voraussetzungen sogar akzeptieren kann. Über solche Fragen im Vorhinein offen zu sprechen, ist sicherlich besser, als wenn Ihr Mann Sie aus heiterem Himmel bei einer Affäre erwischt.

Affäre- Risiken und Nebenwirkungen

Das größte Risiko bei einer Affäre ist, vom Partner dabei erwischt zu werden.

Sie selbst schreiben, dass Sie deshalb keinen neuen Partner suchen, weil Sie von Ihrem Mann wirtschaftlich abhängig sind. Es ist allerdings ziemlich unwahrscheinlich, dass Ihr Mann eine Affäre von Ihnen nicht früher oder später bemerkt- und sei es auch nur dadurch, dass Sie plötzlich zufriedener und ausgeglichener wirken (vgl. Artikel Anzeichen für Untreue).

Eine Affäre hat in der Regel die Folge, dass die Ehe zerbricht.

Sie stellen also mit einer Affäre Ihre Ehe und damit auch die durch Ihren Mann gegebene wirtschaftliche Absicherung aufs Spiel. Von dieser Logik aus wäre es sogar vernünftiger, Sie würden nicht nach einer Affäre suchen, sondern gleich nach einem neuen Partner suchen, der dann auch Ihre wirtschaftliche Absicherung übernimmt…

Ein weiteres Risiko der Affäre:
Auch wenn Sie selbst nur auf der Suche nach einem erotischen Abenteuer sind, können Sie sich nicht sicher sein, dass Ihr neuer bzw. Ihre neuen Sexualpartner das genauso sehen. Es kann also sein, dass Sie sich mit einer neuen Beziehung eine ganze Reihe neuer Probleme einhandeln: Eifersucht des neuen Partners auf den bisherigen Ehemann (und umgekehrt!), eigenes gefühksmäßiges Hin- und Hergerissensein, schlechtes Gewissen, Gefühl der doppelten Verantwortung für den Ehemann und für den neuen Partner etc.

Im Vergleich zu so einer Situation „zwischen allen Stühlen“ erscheint es aus sexualtherapeutischer Sicht deutlich leichter, wenn Sie sich zuerst, so Sie das tatsächlich wollen, von Ihrem bisherigen Partner trennen und dann erst die neue Beziehung aufbauen.

Fazit

Es ist ziemlich unwahrscheinlich, dass eine Affäre eine passende Lösung darstellt für sexuelle Unzufriedenheit in der Ehe. Viel wahrscheinlicher ist, dass durch eine Affäre zusätzlich neue Probleme hinzukommen.

Bevor Sie sich bei einer Partnerbörse registrieren, wäre es aus sexualtherapeutischer Sicht auf jedem Fall sinnvoll, erst einmal zu prüfen, ob therapeutischer Rat Ihnen nicht deutlich besser helfen kann.

Wenn Sie dazu Fragen haben, könen Sie sich gern nochmals an mich wenden.

Mit freundlichen Grüßen
© M.Petery.
Dr. rer. biol. hum. Michael Petery

 

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Beziehungsprobleme Paartherapie und Eheberatung Probleme in der Partnerschaft

Unbefriedigender Sex- Fünf Ideen, die helfen können

Unbefriedigender Sex-
bei ihr fehlt die Leidenschaft

Leider habe ich bei meiner Freundin oft das Gefühl, dass ihr der Sex mit mir nicht besonders gut gefällt.

Sie läßt den Sex mehr oder weniger passiv über sich ergehen, während ich selbst immer der aktive Teil bin: Immer geht von mir die Initiative aus. Ich bin es, der vorschlägt, wann und wo wir Sex haben. Sie macht dann immer mit, sagt auch, dass sie den Sex mit mir mag und alles ok ist. Das ist es dann aber auch.

Allerdings habe ich mir den Sex immer sehr viel leidenschaftlicher und aufregender vorgestellt. Vielleicht habe ich mir aber auch nur Illusionen gemacht, da ich noch nie eine andere Freundin hatte (und sie auch keinen anderen Freund). Vielleicht sind es also nur meine Träume, die mir sagen, dass noch eine ganz andere Art von Sex möglich sein müsste.

Sven R. (Name geändert)

Unbefriedigender Sex- Änderung möglich?

Hallo Sven,

Sie sind mit dem Sex mit Ihrer Freundin unzufrieden, weil Sie Ihre Freundin als zu passiv empfinden und sich wesentlich leidenschaftlicheren Sex wünschen. Sie fragen sich, ob befriedigenderer Sex überhaupt möglich ist.

Unbefriedigender Sex muss nicht sein

Die gute Nachricht:
Sex kann leidenschaftlich sein und höchst befriedigend.

Die Einschränkung:
Leidenschaftlicher Sex kommt nicht von selbst.

Unbefriedigender Sex-
eine Paartherapie könnte sich lohnen

Beim Sex gehören immer beide Seiten dazu.
Deshalb ist es schwierig, Ihnen hier Tipps zu geben, ohne dass ich weiß, wie es Ihrer Freundin eigentlich dabei geht.

Wenn Sie selbst keine rechte Vorstellung davon haben, wie es mit Ihnen beiden weitergehen soll, könnte es sich durchaus lohnen, wenn Sie sich gemeinsam ein paar Stunden Paartherapie gönnen.

Dabei könnte es ausführlich darum gehen, was Sie beide sich beim Sex eigentlich wünschen und wo Möglichkeiten bestehen, dass Sie und Ihre Freundin eine größere Zufriedenheit mit Ihrem gemeinsamen Sex finden.

Dabei könnten folgende Ideen eine Rolle spielen:

1. Idee:
Machen Sie sich frei von der Vorstellung des Normsex

Viele Menschen haben aufgrund ihrer Erziehung ein ziemlich festes Bild davon, wie der Sex in einer Beziehung auszusehen hat („Normsex“). Dieses Bild ist nicht unbedingt die Art von Sex, die auch tatsächlich am besten in die Beziehung paßt.

Im Rahmen einer Sexualtherapie lohnt es sich daher immer zu prüfen, inwieweit die Partner möglicherweise bewußt oder auch unbewusst bestimmten vorgegebenen Vorstellungen zu entsprechen suchen, mit denen sie sich unter Druck setzen und die eigentlich gar nicht die Art von Sex ausmachen, den sie sich wünschen.

Viele Frauen erleben zum Beispiel niemals beim Koitus einen Orgasmus: vgl. den Artikel Weiblicher Orgasmus- jede Frau ist anders. Falls das auch bei Ihrer Freundin der Fall ist, sollten Sie beide versuchen, auch für sie eine Möglichkeit zum Orgasmus in Ihr sexuelles Spiel zu integrieren.

2. Idee:
Leidenschaftlicher Sex ist mehr als ein geglückter Koitus

Viele Menschen beschränken in ihrer Vorstellung den Sex auf den Moment des Koitus. Leidenschaft in einer Beziehung muss nicht unbedingt einen sehr heftig ausgelebten Koitus bedeuten.

Zu einer leidenschaftlichen Beziehung können auch noch ganz andere Momente hinzukommen: die Begeisterung für gemeinsame Interessen, Freude am gemeinsamen Essen, am Aussuchen der Kleidung für sich selbst und den Partner, gemeinsames Reisen… Dazu dann noch die Gesamtinszenierung des Sex: z.B. im Anschluss an ein besonderes Essen oder an einem ungewöhnlichen Ort…

3. Idee:
Guter Sex braucht Planung

Spannender und aufregender Sex braucht ein Stück Planung.

So schön es ist, manchmal ganz spontanen Sex zu haben: im Regelfall klappt es noch besser mit etwas Planung. Ganz ähnlich, wie es zwar schön ist, zufällig seinen besten Freund zu treffen und dann spontan essen zu gehen- meist klappt es mit gemeinsamen Unternehmungen aber doch besser, wenn man sich vorher dazu verabredet.

Schaffen Sie sich also für den Sex einen Moment, in dem Sie beide nicht völlig übermüdet sind (etwa direkt nach dem Heimkommen aus der Ausbildung oder der Arbeit oder nur spätabends vorm Zubettgehen).

Planen Sie Zeit ein für romantische Stunden. Fangen Sie nicht sofort mit dem Koitus an, genießen Sie die Möglichkeiten des Vorspiels. Sorgen Sie für eine schöne Stimmung, z.B. für eine passende Musik oder für romantisches Kerzenlicht.

4. Idee:
Erzählen Sie sich Ihre Fantasien und Wünsche

Erzählen Sie sich von Ihren sexuellen Wünschen und Fantasien– vielleicht auf einem Spaziergang, wo Sie Zeit und Ruhe dazu haben. Es ist wichtig, die eigenen Wünsche zu kennen und die des Partners.

Das heißt nicht, dass alles und jedes sofort ausgelebt werden muss. Im gemeinsamen Sex kann immer nur verwirklicht werden, was beiden Partnern gefällt.

Aber es kann ja sein, dass Sie beide feststellen, doch noch mehr gemeinsame Wünsche zu haben, als Ihnen das im Augenblick klar ist.

5. Idee:
Zu einer guten Inszenierung gehören manchmal auch ein paar Requisiten

So wie es zwar möglich ist, eine sehr gute Inszenierung am Theater auch ohne alle Requisiten in Szene zu setzen, so gilt doch auch, dass das auf die Dauer wohl etwas zu puristisch wäre. Das gleiche gilt auch für den Sex.

Es kann durchaus interessant und spannend sein, hier etwas Abwechslung auszuleben, etwa durch stimulierende Kleidungsstücke (auch aus dem Fetisch-Bereich) oder durch Vibratoren, die den Orgasmus fördern können, oder auch mit Hilfe von Spielzeugen aus dem BDSM-Bereich wie z.B. Fesseln, Masken oder Peitschen.

Es kann durchaus viel Spass machen herauszufinden, was da zu einem am besten passt.

Weil Sex für die meisten Menschen sehr wichtig für die Lebensqualität ist und weil Sex ganz entscheidend zur Qualität einer Beziehung beiträgt, lohnt es sich, hier am Ball zu bleiben. Es wäre absolut schade, nichts zu tun und sich in einer Beziehung damit zu begnügen, dass unbefriedigender Sex schon alles ist…

Wenn Sie dazu weitere Fragen haben, freue ich mich über Ihre Nachricht.

Mit freundlichen Grüßen
© M.Petery.
Dr. rer. biol. hum. Michael Petery


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Beziehungsprobleme Probleme in der Partnerschaft

Alkohol und Gewalt in der Partnerschaft

violence concept

Alkohol und Gewalt:
Vor den Augen des Kindes verdroschen

Alkohol und Gewalt- das ist das Thema, mit dem ich mich herumschlagen muss.

Vor etwa einem Jahr bin ich zusammen mit meiner kleinen Tochter, die ich mit einem anderen Mann bekommen habe, zu meinem neuen Freund gezogen. Er ist eigentlich ein sehr schüchterner Typ und sehr ruhig. Wir passen auch prima zusammen, haben die gleichen Interessen, mögen Sport- und er hat mich zu Anfang echt rundum verwöhnt.

Leider neigt er aber auch zu ziemlichen Wutausbrüchen, meist aus total nebensächlichen Gründen. Er hat schon mal eine Flasche neben mir auf dem Tisch zerschlagen und mit einem Stuhl nach mir geworfen. Da hatte er vorher wohl etwas zu viel getrunken. Beim Autofahren macht er absolut halsbrecherische Fahrmanöver, wenn er sich über irgendetwas aufregt, das ich gesagt habe.

Ein paar Mal wollte er mich und mein Kind auch schon mitten in der Nacht aus der Wohnung rausschmeißen, wenn ich nach solch einem Streit nicht zu ihm ins Bett wollte, sondern lieber im Wohnzimmer schlafen. Das hat dann auch meine Tochter übel mitbekommen. Letztlich hab ich mich dann jedes Mal durchgesetzt und mich im Wohnzimmer mit meiner Tochter eingeschlossen.

Ich war auch schon drauf und dran, wieder auszuziehen. Einmal hatte ich sogar schon die Koffer gepackt. Da kam er dann mit roten Rosen an, hat sich riesig entschuldigt und mich angefleht, dass ich ihn nicht verlassen soll.
© M.Petery.
Vor 14 Tagen gab es nun die bisher größte Krise. Ich hatte ihn am Abend wieder einmal ein paar klare Worte gesagt, dass er so gar nicht im Haushalt mithilft und immer das Geschirr stehen läßt usw. Ich bin dann mit meiner Tochter schlafen gegangen in unser großes Ehebett. Als wir gerade eingeschlafen waren, kam er dann rein, drängte sich an mich, versuchte bei mir einzudringen. Ich bat ihn, mich in Ruhe zu lassen, und sagte, dass es echt nicht in Ordnung wäre, dass er mich ständig alles im Haushalt alleine machen läßt. Dann bat ich ihn, mich jetzt endlich weiterschlafen zu lassen.

Darauf ist er dann aus dem Bett gesprungen, hat wie wild rumgebrüllt und hat mir einen kräftigen Stoß in den Magen verpasst und mir dem linken Arm verdreht, so dass ich vor Schmerz nur so geheult habe- all das vor den Augen meiner Tochter, die ebenfalls wie am Spies geschrien hat. Die Nacht ist er dann zu irgendwelchen Kumpeln abgehauen.

Am nächsten Tag bin ich dann tatsächlich ausgezogen- ins Gästezimmer zu meinen Eltern. Da hat das dann schon gleich wieder mit Anrufen auf dem Handy begonnen- die erste Woche habe ich das immer gleich weggeklickt, auch wenn er gefühlt alle 2 Stunden eine neue SMS mit „Entschuldigung!“ geschickt hat. Jetzt haben wir dann doch telefoniert. Eine ganz echte Entschuldigung kam dann aber doch nicht, nur so was wie: „Da haben wir wohl beide etwas zuviel getrunken an dem Abend… Soll echt nicht mehr vorkommen.“ Dabei bin ich mir komplett sicher, dass ich selber total nüchtern war an dem Abend.

Jetzt ist er sogar so weit, dass er bereit ist, eine Therapie zu machen. Aber nur dann, wenn ich zu ihm zurückziehe.

Ich selber weiß nicht, ob das eine gute Idee ist.

Emily H. (Name geändert)

Alkohol und Gewalt:
Zuerst ist das Alkoholproblem zu lösen

Hallo Emily,

Alkohol und Gewalt in der Partnerschaft ist eine sehr ungute Erfahrung: ausgerechnet dort, wo Sie Liebe, Zuneigung, Geborgenheit gesucht haben, erfahren Sie bei den Wutausbrüchen des Freundes genau das Gegenteil. Außerdem fügt Ihr Freund Ihnen körperliche Schmerzen zu und gefährdet durch sein Autofahren auch Ihr Leben und, wenn Ihre Tochter dabei ist, auch noch das Leben Ihres Kindes. Das kann ganz bestimmt so nicht weitergehen.

Mit großer Wahrscheinlichkeit ist eine Alkoholkrankheit Ihres Freundes für solche Gewaltausbrüche verantwortlich- was Sie ja selbst auch schon vermutet haben. Auch Ihr Freund scheint ja darauf anzuspielen, wenn er sagt:„Da haben wir wohl beide etwas zuviel getrunken an dem Abend..“

Natürlich kann es für solches gewaltsames Verhalten auch noch andere psychische Gründe geben, die entweder noch zum Alkoholproblem hinzukommen oder sogar die eigentliche Ursache sind. Wenn Ihr Freund jetzt eine Therapie macht, werden die behandelnden Ärzte und Psychologen das sicher noch genauer abklären können.

Auf jeden Fall sieht es so aus, dass Ihr Freund zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht in der Lage ist, die Beziehungsprobleme mit Ihnen zu bearbeiten. Solange durch den Therapieerfolg nicht sichergestellt ist, dass er nicht wieder in solche Zustände der Enthemmung und der Gewaltanwendung kommt, bedeutet eine Entschuldigung von ihm letztlich keine Verbesserung der Lage, selbst wenn er sie im Augenblick noch so ernst meint und mit roten Rosen ankommt.

Gewalttätigkeit und Enthemmung infolge von Alkoholmissbrauch sind letztlich körperliche Krankheitssymptome, die nur körperlich, d.h. durch ärztlich begleitete Allkoholentwöhnung, geheilt werden können. Ein psychologisches Anti-Agressionstraining kann dann später möglicherweise zusätzlich helfen- aber zuerst muss die körperliche Krankheitsursache beendet werden.

Alkohol und Gewalt- eine kritische Selbstanfrage

Auch wenn Sie schreiben, dass Sie selbst am Abend Ihrer Trennung vollkommen nüchtern waren, müsste ich Sie in meiner Praxis trotzdem fragen, ob auch in Ihrem Leben Alkohol eine Rolle spielt.

Falls Sie (mit oder ohne Ihrem Freund) als Frau täglich mehr als 0,1 Liter Wein oder Sekt, mehr als 0,25 Liter Bier oder 4 Zentiliter Schnaps pro Tag trinken (vgl. Webseite der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung), befinden Sie sich bereits in einem gesundheitlichen Risikobereich- auch ohne dass Sie jemals betrunken gewesen sein müssen.

In diesem Fall könnte es sich auch für Sie lohnen, den Arzt aufzusuchen und nachzuprüfen, ob nicht auch Sie wegen des Alkohols zu Überreaktionen neigen, die Ihnen selbst gar nicht bewusst sind. Dann könnte es sein, dass Sie sich beide manchmal nicht richtig im Griff haben und dann durch unüberlegte Äußerungen hochschaukeln.

Das soll selbstverständlich nicht die Gewalt Ihres Freundes in irgendeiner Weise entschuldigen: Gewalt ist niemals akzeptabel. Aber eine solche Untersuchung könnte Ihr Beitrag dazu sein, die Situation in Zukunft runterzufahren und, falls Sie wieder zusammenziehen, Ihnen beiden helfen, Ihr neues Leben ohne den Alkohol und seine Nebenwirkungen zu führen.

Außerdem: Wenn Sie sich auf eine mögliche Alkoholkrankheit untersuchen lassen und, falls nötig, auch selbst eine Therapie anfangen, wird es auch Ihrem Freund leichter fallen, mit seiner eigenen Therapie durchzuhalten.

Und wenn Ihr Freund durch die Therapie erfolgreich vom Alkohol weggekommen ist, ist es wichtig, dass Sie selbst in seiner Gegenwart nie wieder Alkohol trinken.

Alkohol und Gewalt-
Ihre Partnerschaft braucht einen Neuanfang

Wenn es also mit Ihrer Partnerschaft weiter gehen soll, ist ein kompletter Neuanfang nötig. Und die Bedingung dafür ist, dass Sie beide zu einem Leben finden, in dem Alkohol, Drogen und Medikamente keine Rolle spielen. Das ist außerdem auch die Voraussetzung dafür, dass Ihre Tochter keine psychischen Schäden abbekommt.

Sollte Ihr Freund nicht die Kraft und das Durchhaltevermögen besitzen, von seiner Alkoholkrankheit geheilt zu werden, müssen Sie damit rechnen, dass sich die Ihnen bekannten Gewaltausbrüche auch weiterhin wiederholen.

Wenn Sie also zu ihm ziehen, bevor er seine Therapie erfolgreich beendet hat, werden Sie genau das Leben mit den Gewaltausbrüchen weiterführen wie bisher. Wenn Sie also den echten Neuanfang durchsetzen wollen, können Sie erst dann zu Ihrem Freund zurückkehren, wenn er seine Therapie erfolgreich abgeschlossen hat.

Mit allen gute Wünschen für Sie und Ihren Freund
© M.Petery.
Dr. rer. biol. hum. Michael Petery