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Kategorie:Orgasmus und Orgasmusprobleme
Orgasmusprobleme und Orgasmusschwierigkeiten
Orgasmusprobleme sind ein sehr häufiges Thema der Sexualtherapie. Schließlich ist Sex, bei dem nicht beide Partner auf ihre Kosten kommen, auf Dauer unbefriedigend und frustrierend.
Ohne Sex ist langfristig sogar die Partnerschaft selbst in Gefahr.
Dabei können die Probleme auf vielen Gebieten entstehen:
Probleme des Mannes beim Orgasmus
Probleme der Frau beim Orgasmus
Probleme beim gemeinsamen Orgasmus
Zu allen drei Themenkomplexen finden Sie nachstehend ausführliche Artikel.
Jede Woche bekomme ich neue Anfragen zum Thema „Mein erstes Mal Sex“. Hier eine Zusammenfassung der wichtigsten Fragen junger Frauen. Zu den wichtigsten Fragen junger Männer geht es unter diesem Link.
„Ich hätte gern Sex, aber was passiert, wenn mein Jungfernhäutchen total anfängt zu bluten und ich richtig Schmerzen bekomme?“
Spätestens der erste Koitus führt zur Verletzung des Jungfernhäutchens, das allerdings bei vielen Frauen auch schon vorher aufgelöst sein kann, z.B. durch einen entsprechenden Druck beim Sport, insbesondere beim Reiten.
Die Verletzung des Jungfernhäutchens ist schmerzhaft- allerdings auch nicht so sehr, dass deswegen eine örtliche Betäubung oder gar eine chirurgische Entfernung notwendig wäre. Auch die Menge Blut, die dabei austritt, ist eher gering und steht in keinem Vergleich zur Blutmenge, die Sie bei Ihren Monatsblutungen verlieren.
Trotzdem ist es wahrscheinlich, dass Sie nach dem Zerreißen des Jungfernhäutchens erst einmal wenig Lust dazu haben, den Sex mit Ihrem Freund fortzusetzen. Wenn Ihr Freund dann trotzdem weitermacht, kann das tatsächlich schmerzhaft und unangenehm werden.
Daher ist es das Beste, Sie sprechen das Thema mit Ihrem Freud ganz offen an. Ja, Sie wollen den Sex mit ihm ausprobieren- und Sie beide wissen, dass das erste Mal zur Verletzung des Jungfernhäutchens führen wird. Und Sie verabreden mit Ihrem Freund die (eigentlich selbstverständliche) Regel, dass er beim ersten Mal seinen Penis sofort wieder zurückzieht, wenn es schmerzhaft wird.
Sie beide können sich sicher sein, dass die Verletzung des Jungfernhäutchens schon nach wenigen Tagen ausgeheilt ist. Und dann können Sie ohne Schmerzen in aller Ruhe ausprobieren, wie Ihnen beiden der Sex am meisten Freude macht.
„Mein erstes Mal Sex: Wenn ich mit meinem Freund schlafe, tut das nur weh.“
Sex tut jeder Frau weh, wenn die Vagina nicht genügend Scheidenflüssigkeit entwickeln konnte, die als Gleitflüssigkeit bei Eindringen des Penis dient. Vor dem Koitus ist es also sehr wichtig, dass Sie selbst bereits so sehr erregt sind, dass Ihre Scheide ausreichend feucht geworden ist. Sie beide sollten also unbedingt beim Vorspiel bleiben und mit dem Koitus noch warten, bis sich ausreichend Flüssigkeit bilden konnte
Sollten Sie körperlich zu wenig Scheidenflüssigkeit bilden, ist ein Gespräch mit Ihrer Frauenärztin oder Ihrem Frauenarzt angezeigt. Möglicherweise können Sie sich nach solcher Rücksprache auch mit einem künstlichen Gleitmittel behelfen.
Es kann aber auch sein, dass Ihr Körper ganz grundsätzlich noch nicht zum Sex mit Ihrem Freund bereit ist- vielleicht deswegen, weil Sie sich noch nicht lange genug kennen und Sie in seiner Gegenwart noch nicht völlig entspannt sind und sich innerlich verkrampfen.
In diesem Fall sollten Sie mit dem ersten Sex einfach warten- solange, bis Sie selbst auf Sex mit Ihrem Freund Lust haben. Es ist völlig normal, wenn es in einer Beziehung bis zum ersten Sex einige Wochen oder auch Monate dauert- gerade dann, wenn einer oder beide Partner noch wenig Erfahrung mit Sex haben.
„Mein erstes Mal Sex: Ich bekomme beim Sex einfach keinen Orgasmus.“
Das ist ein Problem, das ich in der Praxis häufig höre. Sie stehen also keineswegs allein da.
Die wichtigste Frage, die vorab zu klären ist: Sind Sie alleine in der Lage, einen Orgasmus zu bekommen? Wenn Sie für sich alleine einen Orgasmus bekommen können, haben Sie keinerlei körperliche Probleme, welche die Ursache für den fehlenden Orgasmus beim Sex mit dem Partner sein können. Falls der Orgasmus auch alleine nicht klappt (ein eher seltener Fall), sollten Sie mit Ihrem Frauenarzt oder Ihrer Frauenärztin über das Thema reden.
Häufig liegt die Ursache für den fehlenden Orgasmus der Frau beim Sex mit dem Partner schlicht und ergreifend an falschen Vorstellungen darüber, wie Sex zu funktionieren hat. Und die wenigsten Frauen (und auch die weigsten Männer!) wissen, dass das in der Öffentlichkeit verbreitete Ideal vom Normsex im Koitus bei vielen Frauen niemals zum Orgasmus führt.
Zu den erregunngsempfindlichsten Stellen der Frau gehört die Klitoris und der G-Punkt (vgl. Artikel Weiblicher Orgasmus- Jede Frau ist anders), nicht aber die Scheideninnenwand. Durch das bloße Eindringen des Penis in die Scheide erreichen die meisten Frauen keinen Orgasmus (auch wenn genau dieses Eindringen für sehr viele Männer das höchste aller Sexgefühle darstellt- aber übrigens auch nicht für alle!).
Viele Männer, die davon überzeigt sind, dass das Einführen des Penis (=Koitus)auch automatisch für jede Frau das höchste der Gefühle sein muss, ziehen ihre Vorstellung von Sex einfach durch und wundern sich, falls sie das überhaupt bemerken, dass die Frau nicht im genau gleichen Rhythmus ihren Orgasmus bekommt.
Im Hintergrund steht das traditionelle Ideal, dass Mann und Frau ihren Orgasmus möglichst gleichzeitig im Koitus erleben sollten. Eine solche Gleichzeitigkeit ist aus sexualtherapeutischer Sicht ein extrem unwahrscheinliches Ereignis und auch gar nicht unbedingt erstrebenswert. Guter Sex besteht vor allem darin, dass die Partner sich gegenseitig verwöhnen und dabei unterstützen, je auf ihre Weise zu sexueller Befriedigung zu kommen.
Es ist also völlig in Ordnung, wenn der Mann seinen Orgasmus im Koitus bekommt, die Frau aber davor oder danach durch eine andere Form des Sex, also zum Beispiel durch die Stimulation der Klitoris (durch die Zunge des Mannes oder einen Vibrator) oder auch durch eigenes festes Zusammenpressen der Oberschenkel (möglicherweise unterstützt durch eine kräftige Umarmung des Mannes).
Die Regel „Ladies first!“ kann auch beim Orgasmus hilfreich sein. Schließlich hält bei den meisten Frauen das Erregungslevel deutlich länger an (was Frauen oft auch mehrere Orgasmen hintereinander ermöglicht), während bei den meisten Männern die sexuelle Erregung nach dem Samenerguss sehr schnell abflacht- bis dahin, dass sie danach den gemeinsamen Sex ziemlich abrupt abbrechen wollen.
Wichtig ist da vor allem eines: Miteinander reden! Als Frau dem männlichen Partner ganz offen zu sagen, wie die eigene Form des Orgasmus aussieht, und ihm zu erklären, was er am besten dazu beitragen kann, dass es klappt. Denn von sich aus kommen nur sehr wenige Männer selbst auf den Gedanken, da einmal nachzufragen.
„Mein erstes Mal Sex: Ich habe Angst, dass mich mein neuer Freund verlässt, wenn wir nicht bald richtigen Sex miteinander haben.“
Das Gelingen einer guten Beziehung liegt definitiv nicht daran, dass der erste Sex schon sehr schnell nach dem ersten Kennenlernen passiert. Das Gegenteil ist eher richtig: Wenn Partner sich auch außerhalb des Sex gut verstehen und miteinander bereits über alles und jedes geredet haben, dann fällt ihnen auch der Sex sehr viel leichter.
Wenn Ihr neuer Freud Sie zum Sex drängt, ohne dass Sie das zum jetzigen Zeitpunkt selber wollen, dann ist das nicht unbedingt eine Empfehlung für ihn. Möglicherweise hat er an der sexuellen Erfahrung als solcher mehr Interesse als an Ihrer Person. Das wäre dann für eine wirkliche Partnerschaft eine sehr schlechte Ausgangsbasis.
Möglicherweise ist es aber auch so, dass Ihr Freund Sie da gar nicht bedrängt und Sie nur selbst die Vorstellung haben, dass es in einer neuen Freundschaft schon bald zum Sex kommen muss.
Das wäre insofern wenig erstaunlich, als dass in der Öffentlichkeit fast überall die Vorstellung vorherrscht, jede Beziehung müsste grundsätzlich sehr schnell zum Sex führen. Das mag auch in Ihrem eigenen Freundeskreis so scheinen- aber wer traut sich schon zu sagen, selber mit dem erste Sex etwas länger gewartet zu haben, wenn die Gefahr besteht, mit einer solchen Aussage irgendwie lächerlich dazustehen.
Richten Sie sich also nicht nach irgend welchen Vorstellungen, wie schnell der erste Sex kommen muss, sondern achten Sie vor allem auf sich selbst: Der erste Sex sollte erst dann sein, wenn Sie selber (und auch Ihr Freund!) es gern möchten.
Und bis zum ersten „richtigen“ Sex gibt es gemeinsam noch eine ganze Reihe an Zwischenschritten zu entdecken, die ebenfalls aufregend sind: vom ersten Kuss bis hin zu ausgiebigem Petting (gegenseitiges Streicheln, auch mit sexueller Erregung, aber ohne Koitus). Und es ist schon fast schade, diese gemeinsame Entdeckungsreise zu schnell zurückzulegen oder ganz zu überspringen.
„Mein erstes Mal Sex: Ich würde gern Sex ausprobieren, habe aber Angst, schwanger zu werden.“
Eine ungewollte Schwangerschaft muss definitiv nicht sein! Vor dem ersten Mal sollten Sie also Ihre Frauenärztin oder Ihren Frauenarzt aufsuchen und sich ausführlich darüber beraten lassen, welche Verhütungsmethode für Sie am besten geeignet ist.
Gerade für junge Frauen sind in den letzten Jahren viele neue Präparate entwickelt worden, die eine effektive Verhütung garantieren und ihren Körper wenig belasten.
Jede Woche bekomme ich neue Anfragen zum Thema „Mein erstes Mal Sex“. Hier eine Zusammenfassung der wichtigsten Fragen junger Männer. Zu den wichtigsten Fragen junger Frauen geht es unter diesem Link.
„Ich hatte bisher nur wenig Sex und der Gedanke an mein erstes Mal Sex setzt mich total unter Druck. Was kann ich tun?“
Wenn ein Mann eine Frau kennenlernt, geht es meistens nicht ausschließlich um Sex, sondern vor allem um die Beziehung. Die neue Bekanntschaft mit einer Frau scheitert nicht daran, wie erfahren der Mann im Bett ist oder welche Leistungen er da beim ersten Mal Sex vorlegt.
Das entscheidende Kriterium ist vielmehr: Wie gut passen Sie beide als ein Paar zueinander? Wie offen können Sie über ihre wechselseitigen Bedürfnisse und Wünsche in ihrer Beziehung sprechen, und das nicht nur auf dem Gebiet Sex… Wie sehr ist jeder von Ihnen bereit, auf den anderen einzugehen und gemeinsam ein Leben zu führen, das sich nach den Wünschen und Bedürfnissen beider Partner richtet?
„Mein erstes Mal Sex- Wie mache ich alles richtig, ohne mich zu blamieren?“
Es gibt kein richtiges oder falsches Verhalten beim Sex. Es gibt auch kein bestimmtes Programm, das beim ersten Mal Sex mit einer Frau durchgeturnt werden muss. Die Idee vom Normsex ist wenig hilfreich, um ein erfülltes Sexualleben zu führen.
In der Regel braucht es in einer Beziehung längere Zeit, bis sich der Sex so richtig entwickelt. Wenn einer oder beide Partner wenig Erfahrung haben, ist es gut, den Weg zum „richtigen“ Sex langsam zu entwickeln und erst einmal nur das gemeinsame Zusammensein zu genießen. Zum ersten Mal gemeinsam Petting zu machen (d.h. Körperberührungen und Ankuscheln ohne Koitus) ist in der Regel aufregend genug. Es ist völlig in Ordnung, wenn es in einer neuen Beziehung in der ersten Zeit dabei bleibt.
Auch die meisten Frauen kommen am Anfang mit Männern besser klar, die nicht schon in der allerersten Phase gleich ein ganz bestimmtes Sexprogramm durchspielen wollen.
„Was gibt es zu beachten, dass der erste Koitus beiden Partnern richtig Spaß macht und beide zum Orgasmus kommen?“
Es ist unwahrscheinlich, dass beim ersten Koitus beide Partner einen Orgasmus bekommen.
Möglicherweise ist die Frau beim ersten Sex noch Jungfrau. Beim Zertrennen des Jungfernhäutchens kommt es zu (harmlosen) Blutungen. Es ist wahrscheinlich, dass damit erst einmal Schluss ist mit dem Koitus. Denn wenn die Frau Schmerzen empfindet, macht ihr der Koitus keinen Spaß- und so der Mann kein Sadist ist, ihm auch nicht.
Aber auch, wenn beide Partner schon Koituserfahrung haben, ist es keineswegs sicher, dass beim ersten Mal beide einen Orgasmus bekommen. Erst wenn die beiden im Lauf der Zeit sich und ihre sexuellen Bedürfnisse wechselseitig kennengelernt haben, kommt es schließlich auch bei einem oder beiden Partnern zum Orgasmus.
Wobei der Orgasmus im Koitus definitiv nicht das Kriterium dafür ist, ob der Sex gut war. Entscheidend ist: War es eine gute gemeinsame Erfahrung? Haben wir beide Spaß daran, miteinander noch mehr auszuprobieren?
„Mein erstes Mal Sex: Mache ich mich bei einer Frau lächerlich, wenn ich zugebe, nur wenig sexuelle Erfahrung zu haben?“
Als Mann einer Frau mit größerer sexueller Erfahrung vorzuspielen, man sei selbst auch schon erfahren, ist ein Ding der Unmöglichkeit. Das wirkt auf die Frau im besten Fall ein bisschen drollig, eventuell aber auch etwas lächerlich. Daher: Ehrlichkeit ist Trumpf! Als sexuell unerfahrener Mann ist es am besten, genau das der Partnerin schon vor dem Sex ganz offen zu sagen.
Wenn die Frau selber wenig sexuelle Erfahrung hat, kann ein solches Geständnis sogar ein zusätzlicher Anziehungspunkt sein. Dann weiß die Frau, dass Sie beide auf gleichem Level stehen und den Sex in aller Ruhe gemeinsam miteinander erkunden können.
Und wenn die Frau schon Erfahrung hat: Dann können Sie als Mann es jetzt genießen, von einer Könnerin in die Welt des Sex eingeführt zu werden. Sie wird es als Kompliment empfinden, wenn Sie sich hier von ihr und ihrer Erfahrung ein Stück weit leiten lassen.
„Ich bin mir gar nicht sicher, ob ich überhaupt heterosexuell bin.“
Viele junge Männer, die keine feste Freundin haben und/oder nur wenig Erfahrung mit Sex mit Frauen haben, stellen sich die Frage, ob sie eventuell homosexuell sind. Dazu ganz klar die Antwort: Wenig sexuelle Erfahrung mit Frauen ist kein Anzeichen für Homosexualität. (Viel sexuelle Erfahrung mit Männern dagegen schon…)
Bei der Frage der sexuellen Orientierung geht es um das, was mir Lust bereitet. Ein heterosexueller Mann ist aufgeregt beim Gedanken, eine Frau kennenzulernen, und verliebt sich immer wieder in Frauen. Häufig sind heterosexuelle Männer mit wenig sexueller Erfahrung in Gegenwart von Frauen extrem schüchtern und trauen sich kaum, eine Frau anzusprechen.
Heterosexuelle Männer entwickeln aufgrund eigener Ängste manchmal homosexuelle Zwangsgedanken, die sehr quälend sein können (vgl. dazu die Fallgeschichte von Uwe. D.). In einem solchen Fall lohnt es sich unbedingt, darüber mit einem Therapeuten zu sprechen.
Das gleiche gilt, wenn mich die Unsicherheit über mögliche eigene Homosexualität nicht mehr loslässt und zum quälenden Dauerthema wird.
„Wenn ich zu viel onaniere- lerne ich dann niemals eine Frau kennen?“
Onanie schadet nicht. Sie hindert auch nicht daran, eine Frau zu finden, sondern ist eine gute Vorübung, den eigenen Körper und die eigene Sexualität kennenzulernen und zu wissen, was einen selber erregt und zum Orgasmus bringt (d.h. welche Berührungen, welcher Druck bzw. welche Reibung auf den Penis- und auch, welche inneren Vorstellungen und Fantasien).
Onanie ist also eine gute Vorschule für die Beziehung- und Onanie ist auch während der Beziehung wichtig. Wer onanieren kann, braucht den Partner nicht mit sexuellen Wünschen unter Druck zu setzen, wenn es mal einen Tag gibt, an dem nur einer von beiden Lust auf Sex hat.
Zu viel onanieren kann man aus organischer Sicht nicht- irgendwann ist der Körper einfach nicht mehr in der Lage, noch einen weiteren Orgasmus zu produzieren. Dennoch gibt es Menschen, die darunter leiden, sehr viel zu onanieren (vgl. den Artikel „Ist Onanie schädlich?„). Problematisch kann es auch sein, wenn ein Mensch nur noch Pornos konsumiert, darüber seinen Berufsalltag vergisst oder das Interesse an konkreten Menschen als Sexualpartner verliert (vgl. Artikel „Was ist Pornosucht?„).
„Beim ersten Mal klagte meine Freundin nur über Schmerzen, als ich bei ihr eindringen wollte.“
Wenn eine Frau noch nicht ausreichend erregt ist und sich noch nicht genügend Scheidenflüssigkeit gebildet hat, ist das Eindringen des Penis in die Vagina schmerzhaft. Ein Koitus funktioniert also nur nach einem ausreichend langem Vorspiel, bei dem die Frau das zum Koitus nötige Erregungslevel erreicht hat („Plateauphase“- vgl. den Artikel Weiblicher Orgasmus“).
Es ist also wichtig, beim Sex nicht zu schnell vorzugehen. Es ist auch kein Fehler, die Frau zu fragen: „Was meinst du? Kann ich jetzt mal ausprobieren, meinen Penis bei dir einzuführen?“
Wenn die Frau über Schmerzen klagt, ist das ein absoluter Grund, sofort mit dem aufzuhören, was ihr weh tut. Wer trotzdem weitermacht, muss damit rechnen, dass dieser Sex der letzte mit dieser Frau gewesen ist. Zu Recht! Mein erstes Mal Sex
„Mein Penis ist beim ersten Mal gar nicht richtig steif geworden, so dass der Sex nicht geklappt hat.“
Das passiert auch Männern mit großer sexueller Erfahrung immer wieder. Gründe können sein: Stress, Müdigkeit, aber auch Alkohol.
Und das erste Mal Sex kann (für beide Partner!) ein ziemliches Stressgefühl mit sich bringen. Dass der Stress sich dann auf die Erektion auswirkt, ist vom gesundheitlichen Standpunkt aus gesehen vollkommen normal. Ärztliche Hilfe benötigt nur, wer auch alleine nie eine Erektion bekommt.
Also: Das Beste ist, sich beim Sex nicht selber unter Druck zu setzen. Es gibt kein Pflichtprogramm, was durchexerziert werden muss! Auch Miteinander Kuscheln ist eine Form von Sex- und nicht jeder Sex muss mit einem Orgasmus enden. Viel wichtiger ist es, gemeinsam auf Entdeckungstour zu gehen und die aufregende Welt des Sex mit ihren vielen Möglichkeiten nach und nach gemeinsam zu entdecken.
„Ich komme beim Sex viel zu früh. Manchmal habe ich meinen Samenerguss schon, wenn ich überhaupt erst mit meinem Penis bei ihr in die Scheide eindringen will.“
Auch das kann beim ersten Mal passieren: die Erregung ist so riesig, dass der Orgasmus des Mannes schon bei der ersten Berührung der Eichel erfolgt, noch bevor der Penis überhaupt ganz in die Scheide eingedrungen ist. Das ist etwas, was sich in der Regel mit etwas Erfahrung nach und nach von selber legt.
Ansonsten: Es hilft, vor dem nächsten Date selber zu onanieren. Dann ist die Erregung im entscheidenden Moment nicht ganz so hoch. Beim Onanieren alleine lernt der Mann auch, seine Erregung besser einzuschätzen und besser voraussehen zu können, wann sich der Orgasmus ankündigt. Mein erstes Mal Sex Beim Koitus lässt sich der Orgasmus des Mannes dann leichter herauszögern: ein kurzer Bewegungsstopp kann dafür sorgen, die Erregung abzusenken, so dass der Sex danach wieder etwas länger dauert.
„Beim Sex komme immer nur ich als Mann zum Orgasmus. Irgendwie schaffe ich es nicht, auch meine Freundin kommen zu lassen.“
Die Vorstellung, dass Mann und Frau immer beide gleichzeitig beim Koitus zum Orgasmus kommen, ist völlig falsch. Das passiert in der Praxis nur selten und klappt bei vielen Paaren überhaupt nicht.
Guter Sex sieht anders aus als eine solche Vorstellung vom Normsex. Viele Frauen bekommen ihren Orgasmus nicht im Koitus, sondern zum Beispiel durch das Zusammenpressen der Schenkel oder bei einer festen Umarmung durch den Mann. Da lohnt es sich, gemeinsam auf Entdeckungstour zu gehen und herauszufinden, wie der Sex so funktioniert, dass beide zufrieden sind.
Die klassische Definition von Sexualtherapie (engl. sex therapy– daher auch im Deutschen manchmal die Bezeichnung Sextherapie) -in Anlehnung an Masters und Johnson, die beiden Pioniere der Sexualtherapie in den 60er Jahren- lautet: Sexualtherapie ist eine Strategie, um die sexuelle Funktionalität zu verbessern und sexuelle Störungen zu heilen.
Typische Aufgabenbereiche für die Sexualtherapie sind demnach die Behandlung von Störungen wie vorzeitiger Samenerguss (ejaculatio praecox), Potenzschwierigkeiten, Erektionsstörungen, Verlust des sexuellen Interesses und Schmerzen beim Sex (z.B. Vaginismus).
In weiterem Sinne kommen zu diesen körperlichen Symptomen dann noch die Therapie ungewöhnlichen oder abweichenden Sexualverhaltens dazu, wie etwa Paraphilien, Unsicherheit über die eigene Geschlechtszugehörigkeit, mangelndes sexuelles Selbstvertrauen oder zu starker Sexualtrieb (Hypersexualität).
Diese Definition von Sexualtherapie ist in mehrfacher Hinsicht problematisch:
Letztlich steht nur der Mann und sein körperliches Funktionieren im Vordergrund.
Homosexualität wird -zumindest in den Anfangsjahren der Sexualtherapie- als zu behandelnde Krankheit angesehen.
Diese Vorstellung von Sexualtherapie als Hilfe zur Beseitigung sexueller Funktionsstörungen wie z.B. Erektionsstörungen ist bis heute weithin verbreitet. Viele, auch aktuelle Lehrbücher der Sexualtherapie unterrichten körperliche Übungsmodelle für den Sex, mit denen Schritt für Schritt Mann und Frau zum gemeinsamen Orgasmus im Koitus hinerzogen werden sollen ( so etwa R. Maß, R. Bauer: Lehrbuch der Sexualtherapie, Stuttgart 2016, S.259ff).
Auf dem Weg zu einer Neudefinition von Sexualtherapie
Die neueste Forschung zum Thema Missbrauch und sexuelle Traumatisierung (vgl. M. Büttner: Sexualität und Trauma, Heidelberg 2017) hat eine Vielzahl psychotherapeutisch relevanter sexueller Störungsbilder aufgezeigt, die weit über Orgasmusprobleme im Koitus von Mann und Frau hinausgehen.
So können zum Beispiel Schmerzstörungen, die nicht die Sexualorgane betreffen, ihren Ursprung in negativen sexuellen Erfahrungen haben. Andere Störungsbilder mit möglicher (Mit-)Ursache im sexuellen Bereich sind dissoziative Störungen, PTBS nach Missbrauchserlebnis, Depressionen, bipolare Störungen, Angststörungen, Zwangsstörungen, Substanzmissbrauch, Alkoholkrankheit, Essstörungen, Persönlichkeitsstörungen und Schizophrenie (Büttner, S.135ff).
Von daher schlage ich folgende Neudefinition von Sexualtherapie vor, wie ich sie selbst in meinem Ausbildungskurs in der Akademie für Sexualtherapie (AKST) unterrichte : Sexualtherapie ist ein psychotherapeutisches Hilfsangebot für Menschen mit Problemen im Bereich Sexualität.
Mit dieser Definition ist die Beschränkung der „klassischen“ Sexualtherapie auf die Behandlung von Schwierigkeiten von Paaren beim Vollzug des Koitus aufgegeben. Gleichermaßen ist Sexualtherapie nach dieser Definition kein körperliches Trainingsprogramm, welches den Klienten zu besseren oder intensiveren sexuellen Erfahrungen verhelfen könnte.
Sexualtherapie: Das breite Spektrum der Angebote
Sexualtherapie ist in Deutschland (bis jetzt) kein geschützter Begriff, so dass sich mit „Sexualtherapie“ die unterschiedlichsten Konzepte und Methoden verbinden.
Das geht von universitärer Forschung bis hin zu Tantra-Gruppen-Seminaren mit körperlichen Erotik-Übungen, die mehr im esoterischen als im psychotherapeutischen Bereich verwurzelt sind., sowie Trainingsprogrammen, die durch Masturbationsübungen Abhilfe bei Erektionsstörungen versprechen. Dementsprechend sind auch die Ausbildungen der Therapeuten wie auch die Qualität der Veranstaltungen höchst unterschiedlich.
Wer sich also eine Sexualtherapie wünscht, tut gut daran, sich im Vorfeld zu informieren, was der jeweilige Anbieter eigentlich darunter versteht.
Sexualtherapie: historische Wurzeln
Die Beschäftigung mit Sexualität und den Möglichkeiten, den Umgang mit der eigenen Sexualität zu verbessern, ist so alt wie die Geschichte der Menschheit.
Eine ausgezeichnete Einführung dazu gibt der französische Philosoph Michel Foucault in seiner „Histoire de la séxualité“ (4 Bände veröffentlicht), deutsch unter dem Titel als „Sexualität und Wahrheit“ erschienen.
Anfänge in der antiken Literatur
Bereits im antiken Griechenland gibt es zahlreiche Schriften, die sich mit dem Thema „Was ist eine gesunde und lustbringende Sexualität?“ auseinandersetzen, so etwa Platon in seinem-übrigens sehr unterhaltsam zu lesendem- Dialog „Symposion“ (dt. „Das Trinkgelage“) oder Xenophon in seinem Werk „oikonomikos„. Im Zentrum steht hier der richtige Umgang mit der sexuellen Lust, die als prinzipiell kostbares Gut gesehen wird, mit dem aber sorgfältig zu haushalten ist.
Die restriktive Haltung der Kirche
Eine fundamentale Wende im Blick auf die menschliche Sexualität ergibt sich im frühen Christentum. Sexualität, die nicht direkt als Mittel zur Zeugung von Kindern im Rahmen der Ehe erfolgt, wird als Sünde und Abwendung von Gott gesehen, so etwa beim Kirchenvater Augustinus, der als junger Mann ein ausschweifendes Sexualleben führte und in seinen confessiones darüber ausführlich berichtet. Das Ideal ist der Verzicht auf Sexualität, die Keuschheit, wie sie insbesondere von den Amtsträgern der Religion gefordert wird.
Diese christliche Sichtweise hat sich im europäischen Raum weithin bis ins 19. und 20. Jahrhundert gehalten, und wird insbesondere von der katholischen Kirche bis heute vehement aufrechterhalten.
Sexualtherapie erscheint in diesem Zusammenhang nur als Erziehungsmodell hin zum Koitus, der ausschließlich in der ehelichen Beziehung zwischen Mann und Frau seine Berechtigung hat. Andere Formen der Sexualität und insbesondere Homosexualität werden abgelehnt.
In evangelikalen Kreisen gibt es bis heute sogenannte „Konversionstherapien“, die homosexuelle Menschen zu Heterosexuellen umerziehen wollen. Solche „Therapien“ richten bei den Betroffenen schwere psychische Schäden an und sollen in Deutschland demnächst gesetzlich verboten werden. Siehe Beitrag Deutschlandfunk vom 19.6.2019.
Die Kritik der Aufklärung
Die Kritik an der rigiden Sexuallehre der Kirche wurde erstmals von den Philosophen der französischen Aufklärung formuliert. Einer der schärfsten Kritiker der kirchlichen Sexualmoral ist Marquis de Sade, der in seinen Werken erstmals Missbrauch durch kirchliche Würdenträger ausführlich (und sehr zynisch) darstellt, beispielsweise in seinem Buch „100 Tage von Sodom„.
Offiziell verlangt die Kirche Keuschheit und Enthaltsamkeit, tatsächlich ist der Klerus zu den schlimmsten Formen sexuellen Übergriffes fähig. Nicht Restriktion und rigide Moralität führen zum (sexuellen) Glück des Menschen, sondern ein lebensfroher und selbstbewusster Umgang mit Sexualität (vgl. den Roman „Juliette oder die Vorteile des Lasters“ von 1797.
Die Medizin des 19. Jahrhunderts
Die „bürgerliche Wende“ des 19. Jahrhunderts, wie sie etwa Mozart im Finale des Don Giovanni bereits 1787 aufzeichnet, bedeutet eine klare Abkehr von den als zu freizügig empfundenen Ideen der Aufklärung. Sexuelle Prüderie wird zur offen daher getragene Norm (bei gleichzeitiger Verletzung dieser Norm durch massive sexuelle Übergriffe etwa in Schulen, Klöstern oder gegenüber Untergebenen wie z.B. Dienstmädchen).
Jedes öffentlich gezeigte abweichende Sexualverhalten (wie z.B. die von Oscar Wilde gelebte Homosexualität) wird entweder kriminalisiert oder als Folge von geistiger Erkrankung gesehen.
Im Bereich der Medizin hat sich in diesem Kontext das Konzept von der sexuellen „Perversion“ entwickelt. Wichtigster Vertreter dieser Schulmeinung ist der österreichische Psychiater Richard von Krafft-Ebing, der 1875 in seinem Buch zur Sexualpathologie männliche Homosexualität als eine Form „verkehrter“, d.h. „perverser“ Sexualität interpretierte, die er als degenerative Erbkrankheit bezeichnete.
Sigmund Freud und die Behandlung sexueller Störungsbilder
Sigmund Freud revolutionierte die medizinischen Theorien des 19. Jahrhunderts durch die Entdeckung, dass psychische Störungsbilder nicht notwendigerweise in einer körperlichen Krankheit begründet sein müssen, sondern die Ursache in eigenen Lebenserfahrungen, insbesondere aus der frühen Kindheit, haben können.
In der Arbeit mit seinen Patientinnen und Patienten (der „Gesprächskur“, aus der sich die spätere Psychoanalyse entwickelte), begegnete Freud eine Vielzahl von Geschichten sexueller Übergriffe.
Freud selbst, der zunächst an den realen Hintergrund dieser Schilderungen glaubte (und damit beinahe die moderne Traumatherapie begründet hätte), gab schließlich aber doch den gesellschaftlichen Erwartungen nach und bewertete solche Schilderungen als kindliche sexuelle Fantasien.
Sexualwissenschaft und Sexualtherapie in Deutschland im 20. und 21. Jahrhundert
Im liberalen Umfeld der 20er Jahre entwickelte sich Deutschland zu einem Zentrum der Sexualwissenschaft. Magnus Hirschfeld gründete 1919 in Berlin das Institut für Sexualwissenschaft, das neben der Forschung gleichzeitig als Sexualberatungsstelle fungierte.
Hirschfeld leistete bahnbrechende Forschungsarbeit, um aufzuzeigen, dass Homosexualität eine gesunde und absolut gleichwertige Form menschlichen Sexualverhaltens neben der Heterosexualität ist. Schon 1931 musste Hirschfeld wegen offener Anfeindungen durch Nationalsozialisten Deutschland verlassen, sein Institut wurde 1933 geschlossen, Archiv und Bibliothek verbrannt.
Nach dem zweiten Weltkrieg gründete der Arzt und Sexualforscher Hans Giese die Deutsche Gesellschaft für Sexualforschung (DGfS) und 1959 das Institut für Sexualforschung am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf. In diesem Rahmen wurde in den 70er Jahren das „Hamburger Modell“ der Sexualtherapie entwickelt.
Eine Nachfolgeeinrichtung für das von den Nationalsozialisten zerstörte Berliner Hirschfeld-Instituts entstand erst 1996 nach der Wende mit dem Institut für Sexualwissenschaft und Sexualmedizin an der Humboldt-Universität. Gemeinsam mit der Berliner Fachgesellschaft – der Deutschen Gesellschaft für Sexualmedizin, Sexualtherapie und Sexualwissenschaft (DGSMTV),- liegt der Schwerpunkt jetzt aber mehr auf Fragen der Sexualmedizin.
Das renommierte Frankfurter Institut für Sexualwissenschaft (gegründet 1973) unter Leitung von Volkmar Sigusch wurde 2010 geschlossen (vgl. den Bericht zur Schließung des Frankfurter Instituts für Sexualwissenschaft in der SZ)- ein Zeichen dafür, dass das Interesse an Sexualwissenschaft und Sexualtherapie in Deutschland deutlich zurückgegangen ist.
Aktuell kommen sexualtherapeutische Themen in allen drei Regelverfahren zur Ausbildung psychologischer Psychotherapeuten (Psychoanalyse, Verhaltenstherapie, tiefenpsychologisch-fundierte Therapie) de facto kaum oder gar nicht vor.
Sexualtherapie gehört nicht zu den Regelleistungen der Krankenkassen. Betroffene müssen Therapiestunden bei freien Therapeuten nehmen und persönlich bezahlen.
Sexualtherapie: Die bekanntesten heutigen Therapieverfahren Masters und Johnson
Der amerikanische Arzt William Masters und seine Mitarbeiterin Virginia Johnson revolutionierten in den 60er Jahren die Sexualforschung. Bis heute ist das von Ihnen entdeckte Modell der vier Stufen der sexuellen Erregung eine bahnbrechende Entdeckung der Sexualwissenschaft.
Kritischer werden heute ihre therapeutischen Ansätze gesehen, die Sexualität nahezu ausschließlich auf den gelungenen Orgasmus von Mann und Frau im Koitus reduzierten (vgl. meinen Artikel über Normsex). Dabei handelt es sich um schrittweise praktizierte sexualtherapeutiche Übungen (Sensate Focusing), die vom gegenseitigen Betrachten und Zeigen des nackten Körpers bis hin zum Koitus führen.
Dieses Modell wird bis heute in Abwandlungen weitergelehrt, so etwa im Lehrbuch der Sexualtherapie von Reinhard Maß und Renate Bauer (Stuttgart 2016).
Systemische Sexualtherapie
Hauptvertreter der systemischen Sexualtherapie in Deutschland ist Ulrich Clement. Auch er arbeitet ausschließlich mit heterosexuellen Paaren: „Mein Konzept einer systemischen Sexualtherapie setzt beim Unterschied des Begehrens der beiden Partner an.“ (U. Clement: Systemische Sexualtherapie. Stuttgart 2004, S.8)
Ein wichtiges von ihm entwickeltes Werkzeug ist das „Ideale sexuelle Szenario“ (ISS), in dem jeder Partner seine idealen und egoistischen sexuellen Wünsche aufschreibt und sie -nach eigenem Willen- im Rahmen der Therapie dem Partner gegenüber schrittweise offenlegt.
Das Hamburger Modell
Vielleicht am bekanntesten in Deutschland ist das „Hamburger Modell“ der Sexualtherapie, entwickelt am Universitätsklinikum Hamburg Eppendorf seit den 70er Jahren durch G. Arantewicz und G. Schmidt. Ziel ist vor allem die Auflösung von Erwartungsdruck und Versagensangst, die z.B. zu Erektionsschwierigkeiten und anderen sexuellen Problemen führen können.
Therapeutisch steht die Arbeit mit Paaren im Vordergrund, wobei die praktischen Übungen des Sensate Focusing nach Masters und Johnson für das Hamburger Modell in leichter Abwandlung übernommen wurden.
Störungsbildorientierte Sexualtherapie
Nach meiner eigenen Erfahrung begeben sich heute deutlich mehr Einzelpatienten und Patientinnen in eine Sexualtherapie als Paare. Die Störungsbilder, mit denen KlientInnen in die sexualtherapeutische Praxis kommen, sind deutlich breiter aufgestellt und beschränken sich nicht auf sexuelle Funktionsstörungen wie Erektionsstörungen oder Orgasmusprobleme.
Mein Vorschlag ist, sich wieder auf die Ursprünge der Sexualtherapie zurückzubesinnen, wie sie von Sigmund Freud und Magnus Hirschfeld entwickelt wurden und die sehr viel stärler auf das Individuum und den Einzelpatienten ausgerichtet waren als das Therapiemodell von Masters und Johnson, das vor allem das sexuelle Funktionieren des Paares in den Blickpunkt genommen hatte.
Wichtig erscheint mir auch, Sexualtherapie nicht ausschließlich als ein Therapieverfahren zu sehen (etwa im Sinne des Sensate Focusing), wo nach festen Vorgaben die Abfolge bestimmter Übungen oder das Durcharbeiten eines vorgefassten Manuals Grundlage der Behandlung werden könnte.
Ich plädiere daher für eine „Störungsbildbezogene Sexualtherapie“, die den Klienten und die Klientin in den Focus stellt und das, was diese als sexuelles Problem in die Praxis mitbringen. Eine genaue Diagnosestellung (nach den Kriterien der ICD-10 und den Vorgaben der Weltgesundheitsorganisation WHO) ist meines Erachtens unverzichtbar, um dann je nach Störungsbild die geeignete therapeutische Methode zu nutzen (z.B. kognitive Verhaltenstherapie, Suchttherapie, Traumatherapie etc.).
Was ist eine sexuelle Störung?
in der sehr von der Medizin geprägten Sicht in den 60erJahren lag der Focus der Sexualtherapie bei den körperlichen sexuellen Funktionsstörungen, also bei der erektilen Dysfunktion (Erektionsstörung), beim vorzeiten Samenerguss (ejaculatio praecox) und beim Vaginismus (Scheidenkrampf).
Therapieverfahren, die in dieser Zeit ihre Wurzeln haben (Sensuate Focusing, aber auch Hamburger Modell) sehen sexuelle Störungen vor allem als ein körperliches Problem, das durch bestimmte Übungen nicht unbedingt geheilt, aber doch gelindert werden kann.
In der Sexualtherapie ist der sehr viel breitere Ansatz bei der Behandlung sexueller Störungen, wie er in der 1. Hälfte des 20. Jahrhunderts etwa bei Sigmund Freud oder Magnus Hirschfeld selbstverständlich war, weithin verloren gegangen.
Die verengte Definition „Sexuelle Störung = körperliche Funktionsstörung“ kann nach den neueren Erkenntnissen der Psychosomatik so nicht aufrechterhalten werden.
Körperliche sexuelle Probleme können psychische Ursachen haben: und diese Ursachen (wie z.B. eine depressive Episode) können durch körperliche Übungen nicht zielgerecht behandelt werden.
Daher plädiere ich für eine umfassendere Definition sexueller Störungen: Eine sexuelle Störung ist ein Problem, das einen Menschen oder ein Paar daran hindert, Sexualität genussvoll leben zu können. Eine solche Störung kann sich körperlich und/oder psychisch manifestieren.
Die Notwendigkeit der medizinischen Abklärung bei sexuellen Störungen
Eine wichtige Voraussetzung ist bei allen sexuellen Störungen im Vorfeld jeder Sexualtherapie zu prüfen: Viele Probleme im Bereich der Sexualität haben nicht nur psychische Gründe, sondern auch körperliche Ursachen (z.B. unentdeckte Diabetes). Deshalb ist immer auch die medizinische Seite zu checken, bevor mit einer Psychotherapie begonnen werden kann.
Eine sexualtherapeutische Beratung oder eine Sexualtherapie, die mögliche medizinische Hintergründe außer Acht lässt oder gar von ärztlichen Untersuchungen abrät, ist absolut unverantwortlich.
Die häufigsten sexuellen Störungen und ihre Ursachen
Nachfolgendes Schema zeigt die häufigsten sexuellen Störungen und sexuellen Probleme, wie ich sie selber bei meinen Klientinnen und Klienten in der Praxis erlebe. Angeführt sind auch mögliche ursächliche Störungen.
So können zum Beispiel körperliche sexuelle Funktionsstörungen, für die es keine medizinische Ursache gibt, die psychische Ursache in Angststörungen, Depressionen, Suchterkrankungen oder Missbrauchserfahrungen haben.
Und je nach Ursache gilt es, ein völlig unterschiedliches therapeutisches Vorgehen zu wählen: So wäre etwa bei einer Depression zunächst ein verhaltenstherapeutisches Aktivierungsprogramm mit anschließender Bearbeitung negativer Kognitionen erforderlich. bei einer Traumafolgestörung infolge von Missbrauch dagegen eine behutsame Form der Traumatherapie, die zuallererst auf die emotionale Stabiliierung des Klienten/der Klientin zielt und dann Schritt für Schritt Umgangsformen mit dem traumatischen Erlebnis vorbereitet.
Verbreitung sexueller Störungen
Sexuelle Störungen kommen sehr häufig vor: bei allen Geschlechtern und in allen Lebensaltern. Wahrscheinlich gibt es sehr wenig Menschen, die in ihrem Leben niemals zumindest zeitweise unter einer sexuellen Störung leiden.
Hauptursache für sexuelle Störungen sind neben medizinischen Gründen wie etwa hormonellen Störungen vor allem falsche Vorstellungen über ich selbst und die eigene Sexualität. Insbesondere das Idealbild vom Normsex kann zu einem nicht erfüllbaren Leistungsdruck im Gebiet der Sexualität führen und dadurch sexuelle Störungen auslösen.
Nachdem etwa 10% der Bevölkerung in Deutschland sexuelle Missbrauchserfahrungen in der Kindheit machen mussten, liegt hier eine weitere häufige Ursache für sexuelle Störungen vor, die sich als Sexualangst, aber auch als Hypersexualität äußern kann. Ebenfalls ist nach einem Trauma durch Missbrauch bei Betroffenen ein Leidensdruck durch sadistische oder masochistische sexuelle Wünsche möglich, die als nicht der eigenen Person zugehörig empfunden werden.
Was passiert eigentlich bei einer Sexualtherapie? Unterschied Sexualberatung und Sexualtherapie
>Sexualberatung und Sexualtherapie (oder auch: Paarberatung und Paartherapie)- das sind Begriffe, die zwar sehr ähnlich klingen, aber etwas völlig anderes bedeuten. Eine Beratung darf jeder und jede frei auf dem Markt anbieten- ohne irgendwelche Ausbildung oder anderen Qualitätsstandards oder formale Voraussetzungen.
Eine solche psychologische Beratung darf aber nur psychisch gesunden Menschen angeboten werden. Beratung kann helfen, äußere schwierigen Lebensumstände besser in den Griff zu bekommen (z.B. organisatorische Schwierigkeiten nach dem Umzug in eine andere Stadt). Wenn es aber nicht um solche äußeren Umstände geht, sondern um psychische Störungen (z.B. Gefühl der Niedergeschlagenheit und Depression nach einem solchen Umzug), dann muss der Berater/die Beraterin die eigene Tätigkeit beenden und zur psychotherapeutischen Behandlung weiterschicken.
In der Praxis ist es so, dass nur sehr wenig psychisch rundum gesunde Menschen eine psychologische Beratung benötigen. Das gilt erst recht im Bereich Sexualität. Wer sexuelle Probleme mit sich oder in der Partnerschaft hat, benötigt also keine Sexualberatung, sondern definitiv eine Sexualtherapie.
Sexualtherapie- Einzeltherapie oder Paartherapie?
Bei sexuellen Problemen, die ein Paar betreffen, ist es grundsätzlich am besten, beide Partner sind bei der Therapie gleichermaßen dabei.
Es ist vor allem wichtig, dass beide von Anfang an gleichermaßen beteiligt sind. Ein guter Therapeut wird sich die Vereinbarung der allerersten Therapiestunde von beiden Partnern persönlich am Telefon bestätigen lassen, um sicher zu sein, dass hier nicht einer von beiden nur zur Therapiestunde „mitgeschleift“ wird. Denn eine Paartherapie kann nur dann sinnvoll sein, wenn beide Partner sich die Therapie gleichermaßen wünschen.
Natürlich gibt es aber auch Fälle, wo es nicht möglich ist, den Partner für die Therapie zu gewinnen oder wo es um Themen geht, die tatsächlich nur einen Einzelklient bzw. eine Einzelklientin betreffen (z.B. sexuelle Zwangsgedanken). In solchen Fällen ist natürlich eine Einzeltherapie die richtige Lösung.
Ablauf und Setting einer Sexualtherapie: in der Praxis, am Telefon und Online-Beratung
Grundsätzlich gilt bei einer guten Therapie, dass der Klient bzw. die Klientin mit ihren Wünschen den Vorrang vor starren Ideen von Seiten des Therapeuten haben.
Das beginnt schon beim Setting, also den äußeren Rahmenbedingungen. Der Klient bzw. die Klientin wählen, ob sie jede Stunde lieber persönlich in die Praxis kommen oder ob Gespräche per Telefon oder Video als Online-Beratung für sie passender sind. Verschiedene Studien zur Therapieforschung haben gezeigt, dass es hier keine qualitativen Unterschiede hinsichtlich des Therapieerfolgs gibt. Und viele Menschen sprechen leichter über sexuelle Themen am Telefon als beim direkten Gespräch in der Praxis.
Üblicherweise vereinbare ich mit meinen Klienten und Klientinnen erst einmal eine einzige gemeinsame Sitzung. Danach können wir dann gemeinsam überlegen, ob weitere Sitzungen folgen sollen. Schließlich ist ein gutes menschliches Miteinander die wichtigste Voraussetzung für eine gelingende Therapie (weit wichtiger als die angewendeten Therapieverfahren!), Und nur wenn dieses Miteinander stimmt, macht es Sinn, weitere Sitzungen zu vereinbaren.
Eine gute Diagnostik als Grundlage der Sexualtherapie
Die erste oder möglicherweise auch die ersten Stunden einer Therapie dienen dazu, eine gute Diagnostik zu unternehmen (psychologische Anamnese) und genau festzustellen, ob bzw. psychische Störungen hinter den sexuellen Problemen eines Einzelklienten oder eines Paares stehen können.
Wichtigstes Werkzeug dazu ist das therapeutische Gespräch, in welchem z.B. nach der Biografie, nach möglichen Vorerkrankungen, nach Besonderheiten in der Herkunftsfamilie gefragt wird. Ergänzend können auch Fragebögen als Hilfsmittel genutzt werden, wie z.B. in der BDI-Fragebogen Becksches-Depressions-Inventar), um das Vorhandensein bzw. den Schweregrad einer Depression beurteilen zu können.
Eine genaue diagnostische Abklärung ist wichtig, um die methodischen Grundlagen für die Therapie zu legen. So ist z.B. bei einer Depression, welche Ursache für Potenzprobleme ist, eine enge Zusammenarbeit mit dem behandelnden Arzt notwendig und therapeutisch wird es zunächst um die Bekämpfung der Depression und der oft dazugehörenden negativen Gedanken gehen.
Sollte dagegen eine frühere Missbrauchserfahrung Ursache für aktuelle sexuelle Störungen sein, ist eine behutsame Traumatherapie ein möglicher Weg. Hier ist aber dringend darauf zu achten, nicht zu forsch und nicht zu schnell in der Aufdeckung des Traumas zu arbeiten, so wie das in älteren Therapieansätzen vielfach gemacht wurde. Denn durch therapeutische Hauruck-Methoden kann es zu einer Retraumatisierung (Rückversetzung des Klienten mitten hinein in das frühere traumatische Erlebnis) kommen, welche die Symptome nicht heilt, sondern nur noch weiter verstärkt.
Sexualtherapie auf Krankenkasse?
Leider bezahlen die gesetzlichen Krankenkassen in Deutschland keine Sexualtherapie und keine Paartherapie, da dies als Problem der persönlichen Lebensgestaltung angesehen wird. Ausnahmen gibt es nur, wenn der Focus auf einer separat diagnostizierten psychischen Erkrankung liegt, wie z.B. einer Depression. Da aber setzt bei Kassenpatienten voraus, dass sie einen freien Therapieplatz bei einem psychologischen Psychotherapeuten mit Kassensitz finden, was in der Praxis oft mit 3-9 Monaten Wartezeit verbunden ist.
Einige private Krankenkassen, die eine Heilpraktiker-Zusatzversicherung anbieten, übernehmen auch die Kosten für Psychotherapiestunden nach Heilpraktikergesetz (allerdings nicht die gesetzlichen Krankenkassen wie AOK oder Barmer GEK). Hier lohnt es sich, im Vorfeld einer Therapie mit der Krankenkasse zu sprechen.
Viele Klienten und Klientinnen entschließen sich aber auch dazu, eine Sexualtherapie aus eigener Tasche zu bezahlen. Schließlich ist das der sicherste Weg um sicher zu stellen, dass die Behandlung außerhalb der therapeutischen Beziehung unbekannt bleibt und in keinerlei Akten verzeichnet wird.
Ziele einer Sexualtherapie Eigene sexuelle Bedürfnisse erkennen
Viele Menschen haben Schwierigkeiten herauszufinden und zu formulieren, was ihre eigenen sexuellen Bedürfnisse eigentlich sind. Oft liegt das an rigiden sexuellen Normen, die möglicherweise schon in der Kindheit durch elterliche oder religiöse Erziehung verinnerlicht wurden.
Manche Menschen haben Angst vor eigenen sehr starken sexuellen Fantasien- und glauben fälschlicherweise, dass jeder Mensch seine sexuellen Fantasien früher oder später komplett ausleben werde. Aus Sicht der Sexualtherapie ist es völlig in Ordnung, sich heftigen sexuellen Fantasien hinzugeben, wenn diese Genuss bereiten und niemandem schaden.
Manchmal liegt das Problem mit eigenen sexuellen Bedürfnissen auch an der Vorstellung, Sex müsse immer und über die ganze Lebenszeit gleich verlaufen- und jede Abweichung könnte heißen, sexuell hinter das zurückzufallen, was schon einmal erlebbar und möglich war.
Das ist insofern erstaunlich, als dass etwa beim Essen, einem durchaus vergleichbaren Grundbedürfnis des Menschen, niemand auf die Idee kommen würde, dass ein und der gleiche Mensch immer dasselbe essen müsste. Man kann durchaus hin und wieder mal Appetit auf einen Hamburger haben, obwohl man eigentlich ganz andere kulinarische Spezialitäten als Lieblingsessen hat.
Auf den Sex übertragen heißt das: Es kann Tage geben, an denen ich auf das „große Programm“ mit meinem Partner oder meiner Partnerin Lust habe- und es kann andere Tage geben, wo ich einfach nur kurz zur Entspannung masturbieren will. Und wieder an anderen Tagen möchte ich zwar gerne gestreichelt werden und kuscheln, brauche aber selbst auch in Gegenwart meiner Partners oder meiner Partnerin überhaupt keinen Orgasmus.
Die eigene Sexualität kennenlernen und wertschätzen
Wenn ich mit meinem Sexualleben glücklich sein will, ist es wichtig, zu wissen, was hier und heute meine eigenen Bedürfnisse sind- so wie es auch im Restaurant schön ist, sich genau das auf der Karte auszusuchen, worauf man gerade besonders Lust hat.
Es ist wichtig, die eigene Sexualität als positiv und passend anzunehmen. Wer als Mann unbedingt so sein will wie ein Pornostar, entwertet seine eigene Sexualität und kann nichts anderes erleben außer Enttäuschungen. (Zumal er sich von einem Traumbild der Pornoindustrie hat täuschen lassen: Pornofilme sind Zusammenschnitte aus vielen Einzelszenen, die oft an mehreren Tagen gedreht wurden- und definitiv kein Abbild der Realität!)
Aus Sicht der Sexualtherapie ist es ein großer Vorteil, selbst masturbieren zu können. Dadurch habe ich Erfahrung mit meinem eigenen Körper und kann immer wieder austesten, was mich auf körperlicher Ebene besonders erregt. Zudem bin ich auf diese Weise ein Stück weit von meinem Partner/meiner Partnerin unabhängig- und nicht komplett darauf angewiesen, sexuelle Befriedigung nur gemeinsam finden zu können. Der gemeinsame Sex ist schöner, wenn er nicht unter dem kompletten Druck der Bedürfnisbefriedigung stattfindet!
Über sexuelle Themen sprechen lernen
Eines der wichtigsten Ziele einer Sexualtherapie ist es, über sexuelle Themen und insbesondere über die eigenen sexuellen Bedürfnisse sprechen zu lernen.
Viele Menschen schämen sich, vor dem eigene Partner, eigene sexuelle Bedürfnisse und Fantasien auszusprechen- oft aus Angst, lächerlich zu wirken oder zurückgestoßen zu werden, manchmal auch, weil die eigenen Bedürfnisse und Fantasien den eigenen Vorstellungen von den eigenen sexuellen Normen widersprechen.
Die Unfähigkeit, eigene sexuelle Bedürfnisse kommunizieren zu können, ist Hauptursache für die meisten sexuellen Probleme. Sogar körperliche Probleme, wie etwa vorzeitiger Samenerguss oder ausbleibender Orgasmus, haben meist die Wurzel in Versagensängsten, die damit zu tun haben, mit dem Partner nicht offen über die eigenen Bedürfnisse sprechen zu können. Hier ist definitiv eine Sexualtherapie gemeinsam mit dem Partner/der Partnerin der richtige Weg, um solche inneren Blockaden aufzulösen.
Sexualität in der Partnerschaft leben und genießen
Das wichtigste Ziel einer Sexualtherapie ist es, den sexuellen Akt mit dem Partner bzw. der Partnerin genießen zu können.
Diese Ziel bedeutet mehr als nur die Beseitigung körperlicher Fehlfunktionen. Es ist natürlich völlig in Ordnung, wenn eine ausbleibende Erektion durch einen Besuch beim Urologen und die Verschreibung von Viagra gelöst werden kann.
Aber in vielen Fällen liegt das Problem nicht an der Biochemie und kann daher auch nicht mit Tabletten geheilt werden. Hier ist eine Sexualtherapie der einzige Weg, um weiter zu kommen.
Deswegen müssen in einem ersten Schritt mögliche psychische Erkrankungen ausgeschlossen werden, welche direkte Folgen auf die Sexualität haben, wie z.B. Depressionen, Suchterkrankungen, Traumafolgestörungen. In solchen Fällen wird sich die Therapie erst einmal in Zusammenarbeit mit dem Hausarzt erst einmal diesen Krankheitsbildern widmen- und meist werden die sexuellen Störungen dann im Zusammenhang mit der Heilung der Grunderkrankung von selber wieder verschwinden.
Wenn keine solche psychische Erkrankung im Hintergrund steht, haben die sexuellen Probleme entweder mit eigenen inneren Fehleinstellungen zu tun (siehe die beiden vorherigen Abschnitte) oder sie wurzeln in Konflikten, die in der Partnerschaft selbst liegen.
Mögliche Gründe für sexuelle Probleme können z.B. daran liegen, dass beide Partner feste Erwartungen an ihre „Performance“ haben und jede Abweichung davon als Enttäuschung oder Rückschritt in der Partnerschaft ansehen. Viele Paare haben Schwierigkeiten zu verstehen, dass Sex in der Anfangsphase einer Beziehung, die von der Verliebtheit geprägt ist (und damit auch von sehr viel Blindheit für das tatsächliche Wesen des Partners bzw. der Partnerin) etwas völlig anderes ist als der Sex, der sich im Laufe einer längeren Beziehung entwickeln kann.
Und auch wenn viele dem Sex in der Verliebtheitsphase möglicherweise jahrelang hinterhertrauern- viele Gespräche, diue ich selbst in meiner Praxis geführt habe, zeigen: „richtig guter Sex“ entsteht häufig erst nach mehreren Jahren in der Partnerschaft, wenn beide sich und den anderen rundum kennen und keinerlei Ängste mehr bestehen, miteinander offen und vertrauensvoll über den Sex zu kommunizieren.
Dazu kommt auch der biologische Gesichtspunkt, dass viele Frauen erst mit über 40 in die intensivste Phase sexueller Erregungsfähigkeit in ihrem Leben treten- deswegen ist es sinnvoll, gerade in dieser Zeit miteinander offen im Gespräch zu sein und genau dann vielleicht ganz neue Dinge im Sex auszuprobieren, für die die Zeit vorher noch nicht reif war.
Themen einer Sexualtherapie Abhilfe bei sexuellen Funktionsstörungen
Der klassische Anlass, eine Sexualtherapie zu beginnen, sind sexuelle Funktionsstörungen wie z.B. erektile Dysfunktion (fehlende oder zu schwache Erektion des Mannes), Orgasmusprobleme bei Mann und Frau, Vaginismus (schmerzhafter Scheidenkrampf bei der Frau).
Wenn hier keine medizinischen Ursachen vorliegen (wie z.B. Hormonstörungen oder Störungen bei Neurotransmittern) sondern nur oder überwiegend psychische Gründe, dann kann eine Sexualtherapie dabei helfen, wieder Vertrauen in das Funktionieren des eigenen Körpers aufzubauen (durch Behandlung möglicher psychischer Störungen, die sich auf die Sexualität auswirken) und durch Gespräche und Übungen gemeinsam mit dem Partner/der Partnerin.
Die sexuelle Orientierung
Ein weiteres Thema in einer Sexualtherapie kann die Frage der eigenen sexuellen Orientierung sein. Es gibt viele Menschen, die sich in der von Ihrer Familie und ihrem sozialen Umfeld erwarteten Rolle als herterosexueller Mann oder heterosexuelle Frau nicht wohl fühlen.
Hier kann eine Sexualtherapie dabei helfen, die eigene Sexualität (z.B. Homosexualität, Transsexualität) besser zu begreifen und Wege zu finden, selbstbestimmt und frei auch im Bereich der Sexualität zu leben, so wie es für den betreffenden Menschen am besten passt.
Häufig geht es hier auch um den Umgang mit Scham und sozialen Ängsten, wie z.B.: Was sagen meiner Eltern/meine Freunde/meine Kollegen dazu, wenn ich mich offen zu meiner Form der Sexualität bekenne und wie gehe ich mit Äußerungen um, die nur wenig Verständnis für mich zeigen?
Umgang mit sexuellen Zwangsgedanken
Von der Frage nach der sexuellen Identität völlig unterschieden ist das Thema „sexuelle Zwangsgedanken“- auch wenn Betroffene häufig das Gefühl haben, es ginge hier um die gleiche Frage.
Sexuelle Zwangsgedanken sind definitionsgemäß Gedanken, die ich als unpassend für mich und als unangenehm empfinde. Typischerweise treten z.B. homosexuelle Zwangsgedanken bei Menschen auf, die in einer prinzipiell zufriedenstellenden heterosexuellen Beziehung leben bzw. zufriedenstellende heterosexuelle Erfahrungen gemacht haben und keine homosexuelle Partnerschaft wünschen.
Häufig entwickeln sich homosexuelle Zwangsgedanken im Rahmen einer depressiven Episode, die biochemisch gesehen ein organisches Problem, nämlich eine Hirnstoffwechselstörung, ist. Weil der Körper die schlechte eigene psychische Befindlichkeit aber nicht als biochemischen Mangelzustand an Serotonin deuten kann, sucht das Hirn nach möglichen Erklärungsmustern und bleibt dann häufig an einem für das Individuum besonders negativen Gedanken hängen. Das kann z.B. die ständige Angst sein, sich öffentlich zu blamieren- oder auch der Gedanke, die eigene Freundin/den eigene Freund verlassen zu müssen, weil man -ohne es zu wollen und ohne das sexuell aufregend zu finden- eigentlich homosexuell sei.
Bei einer solchen Störung sollte die Therapie zunächst einmal auf die Auflösung der Depression zielen (z.B. durch aktivierende Maßnahmen der kognitiven Verhaltenstherapie), und erst danach mögliche Ursachen und Auslöser bearbeiten.
Umgang mit sexuellen Ängsten und Schamgefühlen
Sexuelle Ängste können viele Ursachen haben. Sie können sich als Folge einer rigiden Sexualerziehung entwickeln, können im Zusammenhang einer Selbstwertproblematik stehen oder auch die Wurzel in sexuellen Missbrauchserlebnissen haben.
Sexuelle Ängste können als Angst vor der Nacktheit auftreten (Gymnophobie), aber auch als allgemeine Angst vor körperlicher und psychischer Nähe oder als Angst vor dem sexuellen Akt selbst.
In extremen Fällen können sexuelle Ängste sich steigern bis hin zu einem Ekelgefühl vor der Sexualität insgesamt. Da Ekel biologisch gesehen eine natürliche und gesunde Schutzreaktion ist, kann in solchen Fällen mit großer Sicherheit davon ausgegangen werden, dass eine Traumatisierung durch sexuellen Missbrauch die Ursache für die Ekelgefühle darstellt.
In weniger ausgeprägten Fällen können sexuelle Ängste als übersteigertes Schamgefühl auftreten. Schamgefühle entstehen, wenn die eigene Intimitätsgrenze verletzt wird- wenn wir uns bloßgestellt oder gedemütigt fühlen. Im sexuellen Bereich lassen auch solche Gefühle darauf schließen, dass unsere sexuellen Grenzen in der Vergangenheit nicht geachtet worden sind und uns das Schamgefühl davor schützen will, noch einmal in eine solche Situation zu kommen.
Ein solcher Schutz ist sicher sinnvoll und gut, wenn er uns vor sexuellen Übergriffen warnt, die wir nicht haben wollen. Schwierig ist es aber, wenn die Schamgefühle auch in der sexuellen Begegnung mit einem geliebten Partner oder geliebten Partnerin übermächtig sind und uns daran hindern, sexuellen Genuss zu empfinden.
Eine psychotherapeutische (traumatherapeutische) Behandlung ist in Fällen von Sexualangst, starken Schamgefühlen und sexuellem Ekel unbedingt sinnvoll- denn eine lustvoll erlebte Sexualität ist ein Stück Lebensqualität, auf das wir ansonsten verzichten würden.
Umgang mit negativen sexuellen Erlebnissen und Missbrauchserfahrungen
Wie schon in den voranstehenden Abschnitten aufgezeigt, spielen negative sexuelle Erlebnisse und Missbrauchserfahrung häufig eine Rolle, wenn es um sexuelle Probleme oder sexuelle Funktionsstörungen geht.
Hier ist eine behutsame Diagnostik gefragt, die nicht nur ein Nachforschen um des Nachforschens willen ist, sondern immer den Belastungsgrad des Klienten bzw. der Klientin im Blick hat und die Abwägung, ob und inwieweit das Bearbeiten traumatischer Erfahrungen die gegenwärtige Lebenssituation und sexuelle Zufriedenheit verbessern kann.
Psychotherapeutische Methoden Therapeutische Gesprächsführung in der Sexualtherapie
Wichtigste Therapiemethode ist das Gespräch, in dem der Therapeut dem Klienten/der Klientin in wertschätzender Haltung zuhört und einfühlsam und offen auf dem Weg durch die Therapie begleitet.
Dabei ist es der Klient/die Klientin selbst, welche die Inhalte und auch das Tempo bestimmt, wie die Therapie vorangehen soll. Wissenschaftlich ist die Wirksamkeit dieser Grundprinzipien der Gesprächstherapie durch zahlreiche Studien erwiesen.
Behutsamkeit im Umgang mit sexuellen Themen ist unbedingt zu beachten. Brachiale Therapiemethoden, wie sie besonders in den 60er und 70er Jahren des letzten Jahrhunderts modern waren und die intensiv auf körperliche Berührungen setzten, haben sich nicht nur als wenig wirksam, sondern häufig sogar als gefährlich erwiesen. Denn gerade im Bereich Sexualität kann es zurückliegende traumatische Erfahrungen geben, die nicht durch brutale Therapiemethoden unvermutet wachgeschüttelt werden dürfen.
Sexualtherapie mit praktischen Übungen
So das im Rahmen einer Therapie sinnvoll ist, können Übungen in der Sexualtherapie eine schöne Ergänzung zu den Therapiestunden ergeben. Körperliche Übungen wie z.B. Sensate Focusing finden allerdings nie in Gegenwart des Therapeuten bzw. in den Praxisräumen statt, sondern werden dem Klienten/der Klientin bzw. dem Paar als Übung mitgegeben.
Eine erste praktiche Übung in der Sexualtherapie kann zum Beispiel die Aufgabe sein, eine Woche lang auf den Koitus zu verzichten und statt dessen intensive Streichelübungen zu machen, um gegenseitig ein neues Körpergefühl zu bekommen und zu lernen, dass körperliche Nähe auch ohne Koitus ein itensives sexuelles Erlebnis sein kann.
In der folgenden Therapiestunde können beide dann die Erfahrungen aus der „Hausaufgabe“ berichten und gemeinsam mit dem Therapeuten überlegen, welche Punkte besonders intensiv und positiv gewesen sind bzw. bei welchen Punkten vielleicht noch Verbesserungsbedarf besteht.
So lernen die Partner von Übung zu Übung sexuelle Bedürfnisse besser ausdrücken zu können- und bis zur nächsten Stunde vielleicht auch besser umzusetzen.
Mixed methods in der Sexualtherapie
Dazu ist es notwendig, dass dem Therapeuten ein breites Spektrum unterschiedlicher psychotherapeutischer Methoden zur Verfügung steht. Ich selber habe sehr gute Erfahrungen mit einer solchen mixed-methods-Herangehensweise gemacht.
Ein sehr wichtiger Punkt ist aus meiner Erfahrung, dass der Therapeut kein vorgefertigtes Programm in der Therapie abspielt, sondern, wie es der Psychiater Irvin Yalom (in seinem Buch „Der Panama-Hut“ einmal formuliert hat, „für jeden Klienten die passende Therapie neu erfindet“.
Je nach Klient und Klientin, aber auch je nach der aktuellen Situation in der Therapiestunde hier und jetzt arbeite ich selber mit Elementen der Gesprächstherapie (Carl Rogers), der Psychoanalyse (Sigmund Freud), der Gestalttherapie (Fitz Perls), der kognitiven Verhaltenstherapie, der Emotionsregulation (in Anlehnung an Ideen aus dem Bereich der dialektisch-behavioralen Therapie nach Marsha M. Linehan ) sowie des Achtsamkeitstrainigs und weiterer Therapiemethoden, die für bestimmte Störungsbilder speziell geeignet sind.
Ganzheitliche Sexualtherapie
Sexualtherapie ist in ihrer Gesamtheit hochkomplex. Auf körperlicher Ebene geht es um die Behandlung körperlicher sexueller Funktionsstörungen wie z.B. Erektionsstörungen oder Scheidentrockenheit.
Aber es wäre aus meiner Sicht ein therapeutischer Fehler, sich nur auf diese körperlichen Störungsbilder zu begrenzen. Genauso wichtig ist es, mögliche psychische Erkrankungen, die im Hintergrund als eigentliche Ursache stehen können, zu erkennen und therapeutisch (und ggf. auch medizinisch) zu behandeln, wie z.B. eine noch unerkannte Depression.
Für mich ist das eigentliche Ziel einer Sexualtherapie die ganzheitliche Sorge für eine glückliches Sexualleben– und dazu gehört nicht nur das gute Funktionieren des Körpers und psychische Gesundheit, sondern auch und vor allem ein gutes Verständnis für sich selbst und für den Partner. In diesem Sinne hat eine Sexualtherapie dann ihr Ziel erreicht, wenn sie zu einer gesteigerten Zufriedenheit im Sexualleben führt und damit zu einer Verbesserung der Lebensqualität des Klienten/der Klientin.
Erektionsprobleme- Dauererregung und doch kein Sex
Seit einem guten Jahr habe ich einen neuen Freund. Alles eigentlich prima- wir verstehen uns gut, haben viele gemeinsame Interessen, unternehmen viel miteinander… Mir gefällt auch seine Wärme und wie er es schafft, mir jeden Tag zu zeigen, dass er mich liebt.
Der einzige Haken: der Sex.
Seitdem wir uns kennen, hat er Schwierigkeiten, eine richtige Erektion zu bekommen. Egal, ob Handjob oder Blowjob, ich schaffe es nicht, ihn steif zu bekommen. Auch beim Koitus hält er nicht bis zum Orgasmus durch, muss seinen Penis irgendwann herausziehen und es sich selbst besorgen (wobei ihm auch das ein ziemliches Mass an Anstrengung abverlangt). Auf diese Weise komme ich selber beim Koitus nie zum Orgasmus, was mich ziemlich frustriert.
Ich brauche mittlerweile schon etwas Überwindung, um dieses Spiel jedes Mal wieder mitzumachen.
Mit einem solchen Mann das Leben teilen?
Was dazu eigentlich gar nicht passt, ist: Er wünscht sich jeden Tag Sex. Er steht irgendwie unter einer Dauererregung: Ich habe das Gefühl, dass es für ihn schon ausreicht, dass er mich nur sieht- und schon will er Sex. Mir selber würde, selbst wenn es ihm leichter fiele, zweimal die Woche durchaus ausreichen.
Auch wenn ich ihn sonst total gern mag: Richtig vorstellen kann ich es mir nicht, mit so einem Mann mein ganzes Leben zu verbringen. Ich hätte auch Angst, dass mir irgendwann ein Mann über den Weg läuft, der es einfach besser kann als er und dass ich dann nicht Nein sagen kann…
Mein Freund hat bei dem ganzen Rumgetue übrigens anscheinend gar kein Problem. Wenn ich ihm das mit seiner mangelnden Erektion sagen würde, empfände er das bestimmt nur als Kränkung und würde nicht zum Arzt gehen.
Kann das gut gehen, eine Beziehung, in der die Frau permanent sexuell unterversorgt ist? Wie soll man da jahrelang glücklich beieinander bleiben?
Yvonne S. (Name geändert)
Erektionsprobleme- Grund für Auflösung der Partnerschaft?
Hallo Yvonne,
die Partnerschaft mit Ihrem neuen Freund hat viele gute Seiten: gemeinsame Interessen, viele Unternehmungen, Liebe und Wärme.
Nur beim Sex haben sie das Gefühl, ständig zu kurz zu kommen, da Ihr Freund weder durch Handjob, noch Blowjob, noch Koitus zum Orgasmus kommt, sondern nur durch Selbstbedienung. Sie selbst kommen durch den Koitus bei ihm auch nicht zum Orgasmus.
Das frustriert sie so sehr, dass Sie sich überlegen, ob sie beide überhaupt für eine langfristige Partnerschaft zueinander passen.
Erektionsprobleme- eine medizinische Ursache?
Auch wenn es sicher kein Fehler ist, wenn Ihr Freund darüber einmal mit einem Arzt sprechen würde: Ich halte es für unwahrscheinlich, dass Ihr Freund ein medizinisches Problem hat (Impotenz).
Schließlich ist er ja in der Lage, eine Erektion zu bekommen und, bei Selbstbedienung, auch einen Orgasmus. Auch Sie als Person üben so viel sexuellen Reiz auf ihn aus, dass er sehr leicht in sexuelle Erregung kommt.
Von daher glaube ich nicht, dass irgendeine medikamentöse Behandlung besondere Fortschritte bringen würde.
Erektionsprobleme- ein Problem von ihm oder mit ihm?
So wie Sie das schildern, hat er -streng genommen- gar kein Erektionsproblem und auch kein Orgasmusproblem. Denn auf körperlicher Ebene funktioniert das ja, jedenfalls bei der Selbstbefriedigung. Er selbst sieht das offenbar auch so und will deswegen auch nicht zum Arzt gehen.
Dennoch haben Sie ein Problem mit ihm, da er im Sex nicht die Erwartungen erfüllt, die Sie an einen Mann stellen: Orgasmusfähigkeit bei Handjob, Blowjob und im Koitus.
Außerdem ist bei Ihnen beiden der Sex am Ende, sobald er durch Selbstbedienung seinen Orgasmus bekommen hat- und Sie bleiben danach unbefriedigt.
Erektionsprobleme- Bleibt die Frau ewig unbefriedigt?
Offenbar haben Sie ziemlich genaue Vorstellungen davon, wie für Sie funktionierender Sex aussieht (vgl. Artikel: Normen für den Sex). Sie erwarten von einem Mann die Orgasmusfähigkeit bei Handjob, Blowjob und im Koitus- und das kann Ihnen Ihr Freund nicht bieten.
Lösungswege
Grundsätzlich gibt es drei Veränderungsmöglichkeiten:
Irgendwie schafft es Ihr Freund, die von Ihnen gewünschten Fähigkeiten doch noch zu bekommen.
Sie finden einen Weg, wie Sie mit Ihrem Freund auch ohne Veränderung seiner Orgasmusfähigkeit befriedigenden Sex erleben können.
Sie trennen sich von Ihrem Freund und suchen sich einen Mann, der diese Fähigkeiten hat.
Möglichkeit 1: Die Veränderung Ihres Freundes
Sexuelle Fähigkeiten können sich ändern. Es ist durchaus möglich, dass Ihr Freund irgendwann auch ohne Selbstbefriedigung zum Orgasmus kommt. Allerdings gibt es kaum einen Weg, das irgendwie herbeizuzwingen. Hier gibt es definitiv keine Patentlösung.
Es kann sein, dass Ihr Freund durch innere Versagensängste daran gehindert ist, durch die genannten Methoden zum Orgasmus zu kommen. In diesem Fall könnte möglicherweise eine psychotherapeutische Beratung weiterhelfen. Das geht aber nur, wenn Ihr Freund selbst sich das selber wünscht.
Es kann aber genauso gut sein, dass Ihr Freund für seinen Orgasmus rein körperlich genau die Form der Stimulation benötigt, die er sich nur selber in Form der Masturbation geben kann. Das erhebliche Mass an Anstrengung, das er auch selbst aufwenden muss, kann ein Hinweis darauf sein, dass sein Orgasmus tatsächlich ein so starkes Mass an Stimulation benötigt- und dass dafür die anderen Techniken einfach nicht ausreichen.
Möglichkeit 2: Neue Wege beim Sex
Bisher haben Sie den Sex mit Ihrem Freund als unbefriedigend erlebt. Ein Ansatz zu einer Verbesserung sind vielleicht folgende Überlegungen:
Was benötigen Sie selbst, um einen befriedigenden Orgasmus zu erleben?
Benötigen Sie unbedingt den Koitus und dazu den Samenerguss des Mannes, um einen befriedigenden Orgasmus zu erleben?
Kann es für Sie auch andere Möglichkeiten geben, zum Orgasmus zu kommen? Wie ließe sich eine solche Form des Orgasmus in Ihren gemeinsamen Sex einbeziehen: so dass Sie Ihren Orgasmus noch vor ihm erleben (eventuell auch im Koitus) oder danach (und dann nicht im Koitus)?
Gemeinsamer Sex kann durchaus anders aussehen als der „Normsex“ mit Orgasmus beider Partner beim Koitus.
Vielleicht haben Sie beide Lust, hier ein Stück weit zu experimentieren? Ich kann mir gut vorstellen, das es hier noch Möglichkeiten gibt, an die Sie vielleicht selbst noch gar nicht gedacht haben.
Bei einer solchen Entdeckungsreise zu neuen Möglichkeiten des sexuellen Miteinander kann es ggf. auch hilfreich sein, in ein paar Sitzungen bei einem Sexualtherapeuten zu investieren.
Möglichkeit 3: Die Trennung von Ihrem Freund
Das ist die Möglichkeit, die Ihnen in jedem Fall offensteht. Aber vielleicht wäre es schade, diesen Weg zu wählen, ohne nicht vorher alle anderen Möglichkeiten ausgeschöpft zu haben. Denn Sie und Ihr Freund passen offenbar in allen anderen Lebensbereichen sehr gut zueinander…
Wenn Sie dazu weitere Fragen haben, freue ich mich über Ihre Nachricht.
Mit freundlichen Grüßen Dr. rer. biol. hum. Michael Petery
Noch nie Orgasmus(Gustav Klimt: Jungfrau 1913 (Detail), Narodni Galerie, Prag
Noch nie Orgasmus mit einem Mann- immer nur alleine
Als Frau habe ich Sex bisher nur so erlebt, dass sich der Mann sexuell befriedigt, aber nicht die Frau. Bei meinem Ehemann und bisher einzigem Sexualpartner, von dem ich mich jetzt getrennt habe, habe ich nie erlebt, dass er sich darum gekümmert hätte, dass ich selber zum Zug komme. Bestenfalls hat er kurz vor der Penetration mit einem Finger geprüft, ob meine Vagina feucht genug zum Eindringen ist- das war dann alles.
Einen eigenen Orgasmus kenne ich nur alleine- die seltenen Male, wo ich das heimlich mache, wenn mein Mann nicht zuhause ist.
Da ich sehr prüde erzogen wurde, habe ich nie gelernt, über Sex zu sprechen. Wenn ich jetzt irgendwann einen neuen Mann kennenlerne, habe ich große Angst, mich lächerlich zu machen, weil ich so gar keine Erfahrung habe, was meine eigenen sexuellen Bedürfnisse betrifft.
Ich habe auch große Angst, dass ich vielleicht vollkommen unfähig bin, mit einem Mann einen Orgasmus zu erleben.
Ich fände es furchtbar, wenn ich auf sexuellem Gebiet nur noch einmal die gleichen Erfahrungen mache wie mit meinem geschiedenen Mann.
Sandra T. (Name geändert)
Noch nie Orgasmus erlebt- außer bei Selbstbefriedigung
Hallo Sandra,
gemeinsam mit Ihrem geschiedenen Mann haben Sie beim Geschlechtsverkehr noch nie einen Orgasmus erlebt. Bisher haben Sie sich nur durch Selbstbefriedigung einen Orgasmus erlebt. Ihre Sorge ist, ob Sie generell unfähig sind, gemeinsam mit einem Mann einen Orgasmus zu erleben und ob Sie sich lächerlich machen, da Sie so wenig Erfahrung haben.
Noch nie Orgasmus erlebt- Neue Erkenntnisse der Sexualwissenschaft
Mit Ihrer Erfahrung stehen Sie nicht allein da. 70-80 Prozent aller Frauen kommen durch den Koitus allein nicht zum Orgasmus (vgl. Artikel Weiblicher Orgasmus)- eine Tatsache, die vor allem Männern weitgehend unbekannt ist.
Wenn Sie als Frau also beim Sex mit einem Mann einen Orgasmus erleben wollen, ist es sinnvoll, sich mit ihm darüber auszutauschen, was Sie genau brauchen, um befriedigenden Sex zu erleben. Das kann zum Beispiel heißen, dass er Ihre Klitoris beim Koitus zusätzlich stimuliert. Bei vielen Frauen ist es aber auch so, dass sie ihren Orgasmus grundsätzlich nicht beim Koitus bekommen können, sondern nur „alleine“.
Wie dem auch sein mag- wichtig ist, dass Ihr Partner Ihnen die notwendige Zeit einräumt, damit auch Sie einen Orgasmus erleben können: während des gemeinsamen Koitus oder davor oder danach.
Noch nie Orgasmus erlebt- Phasen der Lust beachten!
Nach den Forschungen von Masters und Johnson besteht -bei Mann und Frau gleichermaßen- der Zyklus der Lust aus vier Phasen (vgl. Artikel Weiblicher Orgasmus). Diese Phasen können bei Mann und Frau bei jedem einzelnen Akt höchst unterschiedlich lang dauern.
Es ist also wichtig, dass kein Partner vom anderen erwartet, diese Phasen in exakt dem gleichen Zeitmaß zu durchleben wie er selbst. Vielmehr sollte jeder dem anderen so viel Zeit und Zuwendung schenken, wie er/sie nun einmal in seinem/ihren Erregungszyklus braucht.
Ein schönes sexuelles Erlebnis kann nicht nur darin bestehen, selbst zum Orgasmus zu kommen, sondern auch bedeuten, den Partner/die Partnerin dabei zu begleiten, dass er/sie auf seine/ihre Weise zum Orgasmus kommt.
Ein solcher, nicht gleichzeitiger Orgasmus oder ein Orgasmus, der nicht im Koitus geschieht, ist dann in einem solchen Zusammenspiel ebenfalls ein gemeinsamer Orgasmus- und vielleicht sogar ein besonders intensiver.
Noch nie Orgasmus erlebt- Die Schwierigkeit, darüber zu reden
Um Sex zu haben, der mehr ist als nur der Koitus, ist es nötig, dass beide Partner sich über ihre unterschiedlichen Bedürfnisse aussprechen- am besten nicht erst im Schlafzimmer, sondern in einem anderen Moment, wo es genügend Ruhe für dieses wichtige Thema gibt.
Für viele Paare ist es leichter, ein solches Gespräch in Gegenwart eines Therapeuten zu führen, der dabei helfen kann, Unsicherheiten zu überwinden und einen geschützten Raum für diese schwierige Thematik zur Verfügung zu stellen. So muss keiner der beiden Partner fürchten, den anderen -auch ohne Absicht- mit seinen Wünschen zu überfordern oder sich selber lächerlich zu machen.
Wenn Sie also einen neuen Mann gefunden haben und auch mit ihm Schwierigkeiten haben, über sexuelle Fragen zu sprechen, lohnt es sich für Sie beide ganz sicher, in ein paar Therapiestunden zu investieren.
Bei weiteren Fragen stehe ich Ihnen gern zur Verfügung.
Unfähig zum Orgasmus- alles probiert, doch es klappt nie
Seit gut zwei Jahren habe ich meinen neuen Freund, mit dem ich mich hervorragend verstehe. Einziges Problem: Ich habe noch nie einen Orgasmus mit ihm gehabt (übrigens auch vorher noch nie mit meinen ersten Freund).
Mittlerweile ist es so, dass ich es nicht einmal mehr mag, wenn mein Freund mich unten berührt oder leckt. Statt eines Orgasmus geht es genau umgekehrt. Es dauert nicht einmal eine Minute, da fühle ich mich unwohl und habe nur noch das Bedürfnis, dass er mich da unten endlich in Ruhe läßt. Das ist blöd, dass ich kein einziges Mal auch nur annähernd einen Orgasmus hatte!
Sonstige Zärtlichkeiten und den Koitus mit ihm mag ich sehr. Dadurch erregt er mich auch, allerdings bin ich niemals so weit, dass ich auch selber komme. Vielmehr warte ich darauf, dass er kommt, und bin dann selbst komplett unbefriedigt.
Wir haben schon alles Mögliche probiert: diverse Dildos, Sextoys usw., auch verschiedene Stellungen. Alles ohne Erfolg.
Übrigens bin ich nicht komplett orgasmusunfähig- Selbstbefriedigung klappt bei mir immer bestens. Allerdings denke ich da an alles Mögliche, nur nicht an ihn.
Ich frage mich allmählich, ob er überhaupt der Richtige für mich ist. Wenn ich einen Mann richtig lieben würde, müsste ich doch auch einen Orgasmus bekommen???
Oder bin ich irgendwie nicht ganz normal?
Susanne K. (Name geändert)
Unfähig zum Orgasmus- und sexuell nicht ganz normal?
Hallo Susanne,
Sie haben seit zwei Jahren einen neuen Freund, Sie verstehen sich hervorragend mit ihm. Der Koitus mit ihm macht Ihnen Spaß und erregt sie- einen Orgasmus bekommen sie trotz all dem nicht. Jetzt zweifeln Sie daran, ob er überhaupt der Richtige für Sie ist oder ob Sie „nicht ganz normal“ sind.
Bin ich mit in meiner Sexualität normal?
Für die Frage, ob ein Mensch aus der Sicht der Sexualtherapie „normal“ ist, genügt es, zwei kurze Fragen zu stellen:
Bin ich dazu fähig, ein erfülltes Sexualleben zu führen?
Fügt mein Sexualleben mir selbst oder anderen Menschen einen Schaden zu?
Sobald Sie die erste Frage mit Ja und die zweite mit Nein beantworten können, ist aus der Sicht des Sexualtherapeuten alles in Ordnung.
Leider gibt es in unserer Gesellschaft immer noch zahlreiche weitere, oft sogar unbewußte Normen in Bezug auf Sex, die sexualtherapeutisch keinen Sinn machen und bei den Betroffenen viel sexuelle Lebensfreude zerstören können.
Der Normsex
Eine solche unausgesprochene gesellschaftliche Norm, die viel persönliches Leid anrichten kann, ist die Vorgabe, wie Sex auszusehen hat:
Sex nur zwischen Mann und Frau (möglichst miteinander verheiratet)
Kurzes sexuelles Vorspiel mit Umarmung und Kuss
Gang ins Schlafzimmer, Sex findet nackt und auf der Matratze statt (am besten im Dunkeln und unter der Bettdecke)
Mann dringt mit seinem Glied in die Vagina der Frau ein.
Frau bekommt einen Orgasmus, Mann (möglichst gleichzeitig) auch.
Beide duschen und wenden sich anderen Beschäftigungen/Themen zu.
Eine Normierung des Sex nach diesen Vorgaben verengt die Möglichkeiten des Sex erheblich.
Für viele Menschen ist die Einhaltung dieser Vorgaben allein aus körperlichen/genetischen Gründen überhaupt nicht möglich.
Formen des weiblichen Orgasmus- jenseits vom Normsex
Das kann -möglicherweise- auch für Sie gelten. Es gibt viele Frauen, bei denen der Orgasmus nicht durch die äußere Reizung der Klitoris ausgelöst wird. Reiben und Lecken nützt in diesem Fall nichts, es wird schlicht und ergreifend nach einiger Zeit nur unangenehm.
Der Auslösepunkt für den Orgasmus bei der Frau (G-Punkt-Orgasmus) kann genetisch auch so tief in der Vagina liegen, dass eine Stimulation durch den eingeführten Penis ebenfalls nicht möglich ist. Ausgelöst werden kann der Orgasmus in diesem Fall durch Kontraktion des Unterleibes und Zusammenpressen der Schenkel. Vielleicht ist das ja Ihre Form, zum Orgasmus zu kommen?
Sie schreiben, dass Sie bei der Selbstbefriedigung kein Problem haben, zu einem Orgasmus zu kommen. Nur gemeinsam mit Ihrem Freund haben seien Sie „unfähig zum Orgasmus“.
Das macht aus sexualtherapeutischer Sicht keinen rechten Sinn. Warum integrieren Sie beide in Ihr sexuelles Spiel neben dem Koitus nicht auch Ihre Selbstbefriedigung? Nirgendwo steht geschrieben, dass Sie Ihren Orgasmus unbedingt während des Koitus bekommen müssen.
Gemeinsamer Orgasmus- auch unabhängig vom Koitus
Sie haben vollkommen recht, dass es schade ist, wenn Sie mit Ihrem Freund keinen Orgasmus erleben.
Wenn Sie aber vor oder nach dem Koitus (oder auch davor und danach) sich selbst in Gegenwart Ihres Freundes zum Orgasmus bringen, dann ist das genauso sehr ein gemeinsamer Orgasmus.
Es ist schade, wenn Sie sich erst durch den Koitus mit Ihrem Freund sexuell erregen lassen, dann Ihr Freund selber zum Orgasmus kommt, und Sie zuletzt auf Ihren Orgasmus verzichten.
Unfähig zum Orgasmus- eine zweite störende Norm
Aber da gibt es möglicherweise noch eine zweite Norm, die Sie daran hindert, Ihren individuellen Orgasmus ins gemeinsame sexuelle Zusammenspiel zu integrieren. Sie schreiben, dass Sie bei Ihrem Orgasmus „an alles Mögliche denken, nur nicht an ihn“.
Auch hier die Frage: Wo steht geschrieben, an was oder wen Sie bei Ihrem Orgasmus zu denken haben? Selbst wenn Sie beide während Ihres sexuellen Zusammenspiels zur Steigerung Ihrer Erregung jeweils an irgendwelche sexuell aufregenden Filmstars denken würden- es bliebe immer noch Ihr gemeinsames sexuelles Zusammenspiel (und nicht das mit den Filmstars in Ihren Köpfen!).
Gönnen Sie sich beide während des Sex die Gedanken, die Ihnen jeweils gerade gefallen- und Ihr gemeinsamer Sex wird dadurch nur gewinnen.
Übungen in der Sexualtherapie- Neue Wege zu lustvollem Sex
Mit gezielten Übungen kann eine Sexualtherapie bei vielen sexuellen Problemen in der Partnerschaft helfen. Diese Übungen führen dazu, dass beide Partner ihr eigenes Körpergefühl verbessern, ihre eigenen Wünsche besser formulieren und die Wünsche des Partners besser wahrnehmen können.
Eine solche Therapie dauert etwa 10-15 Sitzungen. Helfen können die Übungen u.a. bei folgenden Störungen:
Übungen nach Masters und Johnson- Das Sensate Focusing
Das Konzept solcher Übungen geht zurück auf das amerikanische Psychologenpaar Masters und Johnson, die in den 60er und 70er Jahren das Sensate Focusing entwickelt haben.
Dabei geht es darum, dass beide Partner Schritt für Schritt den Körper des anderen zärtlich erkunden und dabei lernen, offen und eindeutig über eigene Bedürfnisse zu kommunizieren. In der Therapiestunde bespricht der Therapeut die jeweils aktuelle Situation, in der sich die Partner befinden und erklärt die Übungen, welche dann bis zur nächsten Therapiestunde von den Partnern zuhause geübt werden können.
Diese „Hausaufgaben“ sollten beide, am besten zweimal in der Woche, miteinander „durcharbeiten“- zu einem Zeitpunkt, wo sie beide dazu die nötige Zeit und Ruhe haben. In der nächsten Therapiestunde können die Partner ihre Erfahrungen mit den Übungen vorstellen- der Therapeut schlägt dann ggf. vor, mit neuen Übungen weiter voranzuschreiten.
So kann es z.B. eine erste Übung sein, dass beide Partner (nacheinander) den anderen (ohne Genitalberührung) so streicheln, wie es ihnen selber gefällt. Hier geht es darum, Vertrauen und Körpergefühl (wieder) zu festigen. Wichtig ist es hier auch zu lernen, mit welchen Berührungen der Partner möglicherweise nicht einverstanden ist (z.B. Kitzeln an Fußsohlen).
In einer zweiten Übung könnte es dann darum gehen, den anderen so zu streicheln, wie dieser es als besonders angenehm empfindet. Dabei spielt die non-verbale Kommunikation eine besondere Rolle. Es geht um Fragen wie z.B.: Wie kann ich meinem Partner zeigen, was mir gefällt? Versteht mich mein Partner in meinen Wünschen, auch ohne dass ich es explizit ausspreche?
Von Sitzung zu Sitzung können diese Hausaufgaben weiter voranschreiten, bis hin zur sexuellen Stimulation und zum Koitus.
Der Fokus liegt dabei nicht auf dem Orgasmus von einem oder von beiden Partnern- denn befriedigender Sex kann im Orgasmus enden, muss es aber nicht.
Übungen in der Sexualtherapie- Risiken und Nebenwirkungen
Sexualität gehört zu den sensibelsten Bereichen in der Persönlichkeit eines Menschen- deswegen wiegen Verletzungen und Kränkungen im Gebiet der Sexualität sehr schwer und führen zu erheblicher Beeinträchtigung der Lebensqualität.
Wenn Menschen unter sexuellen Problemen leiden, ist es aus psychotherapeutischer Sicht gefährlich, Methoden „mit der Brechstange“ anzuwenden.
Gruppen-Sexseminare mit „Selbsterfahrung“-Übungen, wie sie (immer noch) im Internet angeboten werden, führen nicht notwendigerweise zu sexueller Befreiung, sondern können bestehende Probleme verschlimmern, wenn sie zu einer plötzlichen Konfrontation mit eigenen Traumata führen. Immer ist mitzubedenken, dass im deutschsprachigen Sprachraum circa 10-15 % der befragten Frauen und 5% der befragten Männer in ihrer Kindheit Erfahrungen mit sexuellem Missbrauch gemacht haben.
Übungen in der Sexualtherapie- Behutsamkeit ist wichtig
Jeder Mensch hat seinen eigenen Rhythmus, jeder Mensch hat seine eigene Geschwindigkeit, Neues auszuprobieren und zu erlernen.
Daher gibt es kein Standard-Übungskonzept, das für jeden und jede nützlich wäre. Im Umgang mit Sexualität sind Achtsamkeit und Behutsamkeit besonders wichtig. Bei Übungen der Sexualtherapie, bei denen gleich zwei Menschen in ihrer Unterschiedlichkeit beteiligt sind, gilt das ganz besonders.
Es ist wichtig, dass Übungen der Sexualtherapie immer von einem gut ausgebildeten Therapeuten angeleitet und begleitet werden.
Übungen in der Sexualtherapie- nur ein Teilaspekt der Therapie
Die menschliche Sexualität läßt sich niemals nur auf den reinen Akt des Geschlechtsverkehrs reduzieren. Auch wenn Übungen in der Sexualtherapie dazu beitragen können, Verkrampfungen zu lösen und den Orgasmus leichter zu erreichen, geht es bei diesen Übungen doch immer nur um einen Teilaspekt der Therapie.
Das eigentliche Ziel einer Sexualtherapie ist eine erfüllte und befriedigende Sexualität in der Partnerschaft.
Um dieses Ziel zu erreichen, ist mehr nötig als das Erlernen sexueller Techniken. Oft ist es sogar so, dass in einer Therapie solche Übungen völlig in den Hintergrund treten.
Dafür nehmen dann andere Inhalte einen wichtigeren Platz ein, z.B. der gemeinsame Austausch über sexuelle Wünsche und Fantasien oder die Frage, wie auch langjährige Partner immer wieder neu aufregende und erfüllende Momente des sexuellen Miteinander erleben können.
Kein gemeinsamer Orgasmus: Ich bin jetzt schon über ein Jahr mit meiner neuen Freundin zusammen- aber noch nie hatten wir einen gemeinsamen Orgasmus. Normalerweise ist sie es, die zuerst kommt, das sogar mehrfach, und dann ich.
Sehr viel Erfahrung haben wir beide im Sex nicht, aber ich meine, dass meine vorherige Freundin, mit der ich allerdings nur ein paar Mal geschlafen habe, immer gleichzeitig mit mir gekommen ist.
Kann es sein, dass einer von uns ein psychisches Problem hat oder warum klappt das nicht?
Marko F. (Name geändert)
Kein gemeinsamer Orgasmus ist der Regelfall
Hallo Marko,
Sie und Ihre Freundin haben regelmäßigen Sex, Sie kommen beide zum Orgasmus, aber nicht gleichzeitig. Ich wäre beinahe versucht zu fragen: „Und wo liegt da das Problem? Sie kommen doch beide beim Sex zum Orgasmus. Warum ist es für Sie so wichtig, dass das gleichzeitig passieren muss?“
Problematisch wäre doch nur, wenn einer von Ihnen überhaupt keinen Orgasmus bekäme.
Wenn man sich verschiedene Umfragewerte ansieht, dann geben 80% aller befragten Paare an, niemals gleichzeitig einen Orgasmus zu erleben, sondern immer nacheinander. Insofern ist das Nacheinander beim Sex, das Sie beschreiben, nicht nur normal, sondern sogar der Regelfall.
Ein gemeinsamer Orgasmus muss nicht notwendig ein gleichzeitiger Orgasmus sein
Möglicherweise haben Sie -wie viele Menschen- die Idealvorstellung eines gleichzeitigen Orgasmus, wie sie in vielen Filmen oder Büchern suggeriert wird.
Vielleicht haben Sie mit Ihrer früheren Freundin auch tatsächlich gleichzeitige Orgasmen erlebt- so Ihre Freundin Ihnen den gleichzeitigen Orgasmus nicht vorgespielt hat, um Ihnen in Ihren Erwartungen entgegenzukommen. Denn, wie ebenfalls aus Umfragen bekannt ist: Viele Frauen fühlen sich verpflichtet, ihrem Partner einen gleichzeitigen Orgasmus vorzuspielen, weil das in ihrer Vorstellung zu einem befriedigenden Sex hinzugehört.
Bei dem Wunsch nach gleichzeitigem Orgasmus liegt wohl ein Missverständis vor, das ziemlich weit verbreitet zu sein scheint. Denn wo steht geschrieben, dass nur ein gleichzeitiger Orgasmus ein gemeinsamer Orgasmus ist?
Ein gemeinsamer Orgasmus wäre aus meiner Sicht jeder Orgasmus, der gemeinsam erlebt und genossen wird. Das heißt,wenn der eine Partner dem anderen dabei hilft, einen Orgasmus zu erreichen, dann ist das ein gemeinsamer Orgasmus (im Gegensatz zur Selbstbefriedigung). Dabei ist es völlig unerheblich, mit welcher Technik und in welcher Stellung der Orgasmus von den beiden erreicht wird, ob im Koitus, ob als Blowjob oder wie auch immer.
Letztlich ist es für einen gemeinsamen Orgasmus nicht einmal erforderlich, dass erst der eine und dann der andere an die Reihe kommt. Wenn nur der eine „kommen“ will und der andere dabei mithilft, ist auch das ein „gemeinsamer“ Orgasmus. In der Regel (wenn z.B. keine körperliche Erkrankung den Orgasmus eines Partners unmöglich macht) ist allerdings gut für die Partnerschaft, wenn diese Hilfe, dem anderen einen Orgasmus zu ermöglichen, keine Einbahnstraße darstellt.
Der Idealfall einer gelungenen sexuellen Begegnung ist also genau das, was Sie jetzt mit Ihrer Freundin praktizieren: Ihre Freundin bekommt mit Ihnen einen Orgasmus und gleich darauf Sie selbst mit ihr.
Ein psychisches Problem wäre nur die Festlegung auf ein einziges erlaubtes Schema
So wie Sie das schildern, haben Sie beide also überhaupt kein psychisches Problem, weder Ihre Freundin noch Sie selbst.
Problematisch wäre nur, wenn Sie unbedingt an dem Ziel festhalten würden, dass Ihre Freundin den Orgasmus zeitgleich mit Ihnen bekommen muss. Da wäre dann zu fragen, warum Sie an dieser Vorstellung so sehr festhalten.
Wenn Sie hier nicht loslassen können und Ihnen der Sex mit Ihrer Freundin und den Orgasmen nacheinander weiterhin unbefriedigend erscheint, kann es sinnvoll sein, dass Sie sich therapeutische Hilfe holen. Dann hat das Problem vermutlich eine Wurzel, über die Sie noch nichts geschrieben haben und die Ihnen möglicherweise selbst nicht bewusst ist.
In diesem Fall wäre es schade, wenn Sie nicht aktiv nach einer Lösung suchen würden- damit Sie und Ihre Freundin Ihre gemeinsame Beziehung und Ihren gemeinsamen Sex rundum genießen können.
Seit drei Monaten habe ich einen neuen Freund, mit dem ich mich prima verstehe. Wir haben auch Sex miteinander, und das macht uns beiden grundsätzlich auch viel Spaß.
Das einzige, was mich ziemlich nervt: Ich bekomme bei ihm einfach keinen Orgasmus! Ich habe nicht einmal das Gefühl, kurz davor zu stehen. Da geht es mir genauso wie bei meinem letzten Freund. Und ich hatte so gehöfft, bei ihm würde das jetzt klappen, weil wir ansonsten wirklich 100& zueinander passen.
Und er wünscht sich so sehr, dass ich komme, wenn er bei mir drin steckt… Er fragt mich auch, ob ich denn bald so weit bin- und ich weiss überhaupt nicht, was ich im sagen soll. „Ja, der Sex mit dir ist schön, aber ich kriege mit dir keinen Orgasmus“, klingt ja nicht besonders romantisch. Deshalb hab ich ihm dann auch schon mal einen Orgasmus vorgespielt, indem ich etwas rumgestöhnt habe. Das hat ihm dann total gefallen. Und ich habe mich noch blöder gefühlt.
Dabei weiß ich: Allein habe ich überhaupt keine Schwierigkeit, mir einen Orgasmus zu besorgen. Ich brauche mich einfach nur aufs Bett zu legen und meine Schenkel aneinanderpressen- und es dauert keine 5 Minuten, bis ich komme.
Allmählich frage ich mich, ob ich irgendwie frigide bin, weil mit ihm gemeinsam einfach kein Orgasmus kommen will. Woran kann das bloß liegen? Gibt es irgendwelche Stellung, die wir noch ausprobieren können? Oder muss ich mich damit abfinden, niemals gemeinsam mit einem Mann einen Höhepunkt zu erleben?
Corinna B. (Name geändert)
Kein Orgasmus- Hilfreiche Erkenntnisse der Sexualforschung
Hallo Corinna, es ist wunderbar, dass Sie einen Freund gefunden haben, mit dem Sie sich so gut verstehen. Und gleichzeitig ist es schade, dass es jetzt auch mit ihm mit dem gemeinsamen Orgasmus beim Koitus nicht klappt,obwohl Sie das so sehr gehofft haben.
Für Sie persönlich kann das heißen, dass der Koitus für Sie zwar eine schöne Form des Vorspiels darstellt (den Sie mit Ihrem Freund ja offenbar auch sehr genießen können), Sie aber nicht zu Ihrem eigenen Orgasmus führt. Bei Frauen, die ihren Orgasmus nicht durch Stimulation der Klitoris auslösen, ist es meist unmöglich, im Koitus mit einem Mann zum Orgasmus zu kommen.
Das heißt aber nicht, dass Sie Ihren Freund bei Ihrer Art, den Orgasmus zu bekommen, nicht einbeziehen können. Bei einigen Frauen beschleunigt z.B. die Reiterstellung die Stimulation des G-Punktes. Möglich ist auch, dass Sie Ihren Freund bitten, sein Glied von hinten her in Ihre Vagina einzuühren, und dass Sie dann in Seitenlage auf die gewohnte Weise durch Schenkelpressen zum Orgasmus kommen.
Die Alternative ist, dass Sie sich auch ohne Penetration von Ihrem Freund beim Erreichen des Orgasmus helfen lassen: etwa, indem er Sie kräftig in seinen Armen hält oder mit seinen Beinen beim Schenkelpressen unterstützt.
Hier gibt es unendlich viele Spielarten, die nur darauf warten, von Ihnen beiden entdeckt zu werden.
Voraussetzungen für gemeinsame Entdeckungen
Damit Sie beide zu einem Sex finden, bei dem sowohl Ihr Freund wie auch Sie zu einem Orgasmus finden, gibt es ein paar Punkte zu beachten:
1. Kein Orgasmus- Schluss mit vorgetäuschten Orgasmen Spielen Sie Ihrem Freund nichts vor: Denn das schadet Ihnen und Ihrer Beziehung. Ihr Freund glaubt, es wäre alles OK, und merkt nicht, dass Sie sexuell noch andere Bedürfnisse haben. Sie beide probieren nichts mehr aus, alles bleibt beim Alten. So betrügen Sie sich selbst sich um die Möglichkeit, einen echten Orgasmus zu bekommen.
2. Kein Orgasmus- Abschied vom Traum des gemeinsamen, gleichzeitigen Orgasmus Wer hat eigentlich gesagt, dass der gleichzeitige Orgasmus beider Partner das Non-Plus-Ultra ist? Der nacheinander erlebte Orgasmus hat den Vorteil, dass sich jeder Partner bei seinem eigenen Orgasmus ganz auf sich konzentrieren kann und obendrein auch noch den Orgasmus des Partners viel intensiver miterlebt. Wenn ein Paar das sexuelle Spiel als ein lustvolles Nacheinander gestaltet, kann das ein ganz entscheidender Gewinn sein! Da die Erregung des Mannes in der Regel nach dem Orgasmus schneller abflaut als bei der Frau, könnte hier die Devise sein: Ladies first!
3. Kein Orgasmus- Miteinander reden Guter Sex erfordert also ein gewisses Mass an Planung. Nur wenn klar ist, was sich der jeweils andere Partner eigentlich vom Sex erwartet, können beide Partner mit ihren Bedürfnissen voll auf ihre Kosten kommen. Das größte Geheimnis für guten Sex sind also nicht irgendwelche Techniken, sondern die Fähigkeit, miteinander zu reden. Das ist manchmal nicht ganz einfach, lohnt sich aber ganz unbedingt. Ein paar Überlegungen, wie Sie mir Ihrem Partner über Ihre sexuellen Bedürfnisse reden können, finden Sie in meinem Artikel: Bedürfnisse beim Sex- Wie rede ich darüber?
Ich wünsche Ihnen viel Entdeckerfreude beim gemeinsamen Gespräch und beim gemeinsamen Sex.
Bei weiteren Fragen stehe ich Ihnen beiden gern zur Verfügung.