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Bedeutet ein Besuch bei einer Domina Fremdgehen?

Ist ein Besuch bei einer Domina Fremdgehen?

Was ich schon lange wissen wollte: Ist aus sexualtherapeutischer Sicht ein Besuch bei einer Domina Fremdgehen?

Ich, männlich 42, bin mit meiner Frau schon über 15 Jahre zusammen. Seit fast 12 Jahren sind wir verheiratet und haben 2 Kinder Meine Frau ist für mich meine absolute Traumfrau – menschlich gibt es keine bessere Frau die zu mir passen könnte! Wir haben eine TOP Beziehung und lieben uns sehr.

Leider gibt es einen kritischen Punkt, der mich ziemlich kaputt macht… Ich habe schon im Jugendalter Lust auf dominante Frauen bekommen – leider nie richtig ausgelebt – außer durch Videos im Internet anzuschauen.

Meine Frau weiß darüber alles – aber sie sagt auch eindeutig, dass sie diese Praktiken bei mir nicht machen möchte, da sie sich nicht wohl dabei fühlt. Aber sie will auch nicht, dass ich zu einer Domina gehe…

Ich verstehe meine Frau und versuche jetzt schon viele Jahre alles zu unterdrücken – doch irgendwie wird alles schlimmer „die Sehnsucht“… Aber meine Frau möchte ich ja nicht drängen! und ich habe es bestimmt schon sehr oft bei ihr versucht – doch setze hier ja unsere tolle Beziehung aufs Spiel…

Was raten Sie mir? Ich habe mich im Internet viel eingelesen und die Tipps, mit meiner Frau zu reden, habe ich schon mehr als dreimal versucht. Immer gab es leider Streit und Tränen, was mir sehr weh getan hat – denn ich kann meine Frau nicht mit Tränen sehen… Aber ich zügel mich eine gefühlte Ewigkeit und weiß nicht weiter…

Deshalb kommt immer und immer wieder der Gedanke einmal zu einer Domina zu gehen… (Es zereißt mich innerlich und nervlich, denn: Meine Frau ist mein Heiligtum!)

Marius C. (Name geändert)

Bedeutet ein Besuch bei einer Domina Fremdgehen? Eine gar nicht so seltene Frage…

Hallo Marius,

es gibt viele Männer, die sich diese Frage stellen. Die meisten Männer, die eine Domina aufsuchen, machen das wohl heimlich und berichten ihren Frauen nicht davon.

Auf den ersten Blick spricht einiges dafür, dass der Besuch bei einer Domina nicht das Gleiche ist wie Fremdgehen. Bei den meisten Paarbeziehungen, die am Fremdgehen eines Partners scheitern, ist die tiefste Verletzung weniger der Sex an sich, sondern die Tatsache, dass ein Dritter oder eine Dritte wichtigste Vertrauensperson des Partners wurde.

Der Vertrauensbruch beim Fremdgehen besteht darin, dass jemand, der fremdgeht, einen höheren Grad an Intimität und Gemeinsamkeit mit einer dritten Person lebt als mit dem eigenen Partner bzw. der eigenen Partnerin. Schliesslich weiss der/die Aussenstehende dann in der Regel mehr von den geheimen Sehnsüchten, Leidenschaften und Gefühlen des Menschen, der fremdgeht, als der betrogene Partner, der auf genau diese Offenheit den eigentlichen Anspruch hätte.

Denn das ist ja die Grundlage einer Partnerschaft: sich zu versprechen, dass der jeweils andere Partner für einen selbst die Nr. 1 im Leben ist und bleibt.

Bedeutet ein Besuch bei einer Domina Fremdgehen?

Wenn doch gar keine neue Beziehung entsteht…

Eine Domina ist in gewisser Hinsicht eine Schauspielerin. Auch wenn für die Dauer der bezahlten Sitzung eine intensive (sexuelle) Beziehung vorgespielt wird, kommt es zu keiner tatsächlichen emotionalen Intimität, die in irgendeiner Weise mit einer Lebenspartnerschaft vergleichbar wäre.

Domina-Sex ist eine Dienstleistung: Wenn kein Geld mehr fliesst, ist die Beziehung zu Ende.

 

Warum die Partnerin sich verletzt fühlen kann.

Das Problem beim Sex mit einer Domina (bzw. bei einem SM-Spiel mit einer Domina, weil sich nur die wenigsten Dominas auf tatsächlichen Sex mit Austausch von Körperflüssigkeiten einlassen) liegt also weniger darin, dass nun eine aussen stehende dritte Person den exklusiven Status der eigentlichen Partnerin gefährdet.

Das Problem kann aber darin liegen, dass die eigentliche Partnerin vorgeführt bekommt, dass sie den geheimen sexuellen Neigungen ihres Partners nicht genügt. Und das kann für sie ausgesprochen schmerzlich sein.

So kann sich daraus auch die Angst entwickeln, der Partner wäre nur noch auf Absprung bei ihr- so lange bis er vielleicht auch im wirklichen Leben eine dominaähnliche Frau findet, mit der er nicht nur stundenweise sondern dauerhaft zusammen bleibt.

Domina-Sex: Lassen sich die Vorbehalte der eigenen Lebenspartnerin ausräumen?

Eine schwierige Frage, die immer nur individuell beantwortet werden kann. Es gibt tatsächlich Frauen, die keine Lust auf SM-Spiele in der Partnerschaft haben und es deshalb ihren Männern erlauben, diesen Teil der Sexualität bei professionellen Dominas auszuleben.

Das fällt umso leichter, je deutlicher die Männer aufzeigen können, warum sie diese Form des Sex neben der Partnerschaft brauchen und warum dieses Interesse an SM kein insgeheimer Wunsch nach einer sexuell „besseren“ Partnerin darstellt, der langfristig in der Aufkündigung der Beziehung enden könnte.

 

Ist Geheimhaltung ein geeigneter Schutz?

Geheimhaltung beim Sex ist ein Spiel mit dem Feuer. Wenn die Partnerin von sich aus durch irgendeinen Zufall (oder auch duch gute Beobachtungsgabe-und Frauen kennen ihre Männer in der Regel sehr gut, so dass ihnen jede kleine Verhaltensveränderung auffällt) herausfindet, dass ihr Partner geheimen Kontakt mit einer Domina hatte: dann wird sie in der Regel das Schlimmste vermuten und den Mann kurz vor dem Absprung aus der Partnerschaft sehen. Von daher ist die Geheimhaltung aus psychologischer Sicht nicht zu empfehlen- jedenfalls dann nicht, wenn dem Mann etwas an seiner eigentlichen Partnerschaft liegt und er diese nicht gefährden möchte.

Was bleibt also übrig als Lösung? Von der Logik her gibt es nur zwei Möglichkeiten: auf den Besuch bei der Domina zu verzichten oder der eigenen Partnerin verständlich zu machen, warum ich als Mann den Domina-Besuch brauche und warum das keine Gefährdung der Partnerschaft darstellt. Für beide Lösungen kann es sinnvoll sein, sich sexualtherapeutische Hilfe zu holen.

Wobei kann ein Sexualtherapeut helfen?

Die meisten Männer, die sich nach SM-Sex sehnen, kennen den Grund dafür nicht. Und deswegen können sie ihren Partnerinnen auch nicht klarmachen, warum sie diese Form sexueller Stimulation -jedenfalls von Zeit zu Zeit- benötigen. Eine Sexualtherapie könnte in zweifacher Hinsicht helfen:

1. als paartherapeutisches Setting: dabei können sich beide Partner unter fachkundiger Supervision über ihre sexuellen Wünsche austauschen- und der Mann mit dem Wunsch nach SM im Dominastudio kann klar formulieren, warum dieser Wunsch für die Partnerschaft keine Gefahr darstellt.

2. Als Einzelsitzung: Der Wunsch nach SM hat häufig etwas mit sexuellen Traumatisierungen, meist in der Kindheit, zu tun. Sexuelle Übergriffe von Erwachsenen (und das müssen nicht unbedingt explizite Handgreiflichkeiten sein- es reicht bereits eine Sexualisierung der Beziehung des Erwachsenen zum Kind, aus der der Erwachsene sexuellen Lustgewinn zieht) bedeuten eine extreme Ohnmachtserfahrung des Kindes bei gleichzeitiger nie erwünschter sexueller Stimulation.

In einer gespielten SM-Situation hat nun der Erwachsene die Möglichkeit, sich sozusagen freiwillig selber wieder in eine solche scheinbare Situation sexueller Ohnmacht zu bringen. Diese Situation ist dann ähnlich erregend oder sogar erregender als das traumatische Ausgangserlebnis und kann als eine Art Sieg über die Angst oder das Beklemmungsgefühl erlebt werden, welche mit dem Ursprungserlebnis verbunden waren. Kurz gesagt: der Besuch im Domina-Studio kann eine mehr oder weniger glücklich gewählte Bewältigungsstrategie für sexuelle Traumata darstellen.

Die therapeutische Aufarbeitung solcher Zusammenhänge kann dazu führen, dass fer Wunsch nach der Domina nachlässt. Sie kann aber auch zum Ergebnis führen, dass der Domina-Sex ohne Schuldgefühle in das eigene Leben integriert werden kann und der Betroffene auch seiner Partnerin erklären kann, warum er aufgrund seiner sexuellen Biographie diese zweite Form des Sex hin und wieder braucht und warum das mit seiner Liebe zur Partnerin schlichtweg überhaupt nichts zu tun hat.

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© M.Petery

Wenn Sie möchten, können Sie sich mit weiteren Fragen gern an mich wenden.

Dr. rer. biol. hum. Michael Petery

Weitere Infos: Sexuelle Zwangsgedanken- wie wird man sie los?

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Von mpetery

Zuletzt aktualisiert am 19.09.2017.

Ein paar Worte zu meiner Person:
Mein Name ist Michael Petery, bin verheiratet und arbeite in Hildburghausen (30km nordwestlich von Coburg) in meiner Praxis für Psychotherapie gemäß Heilpraktikergesetz.

Studiert habe ich in Tübingen, Paris und Berlin. Bis 2014 war ich am Universitätsklinikum in München-Großhadern tätig als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Klinik für Palliativmedizin und der Professur für Spiritual Care bei Prof. Dr. Eckhard Frick (Pychiatrie) und Prof. Dr. Traugott Roser (ev. Theologie). Daneben habe ich meine Klienten in eigener Praxis in München-Schwabing betreut.

Leitfiguren für meine therapeutische Arbeit sind Carl Rogers (clientenzentrierte Gesprächstherapie), Fritz Perls (Gestalt-Therapie) und Irvin D. Yalom.

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