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Was ist Fetischismus? Dinge als Objekt der Begierde

Was ist Fetischismus?- Cancan im 19 Jahrhundert
(Louis CHARBONNIER Scala 1897)

Was ist Fetischismus?- Eine Begriffserklärung

Fetisch- vom Götzenbild zum Objekt sexueller Begierde

Der Begriff Fetisch stammt aus dem mittelalterlichen Latein: factīcius beduetet soviel wie unecht, nachgemacht.

Christliche Missionare haben das Wort Fetisch zur Bezeichnung für religiöse Bildwerke der Naturreligionen verwendet, die sie als „unechte“ Götzenbilder brandmarken wollten.

In diesem Sinne „verehrungswürdiger, geheimnisvoller Gegenstand“ ist das Wort Fetisch dann auch in die Sexualwissenschaft gelangt, so bereits im 19. Jahrhundert bei Richard von Krafft-Ebing -allerdings auch mit dem Nebensinn, dass der sexuelle Fetisch genauso wie das Götzenbild eigentlich etwas ist, dass es auszurotten gilt.

Ein sexueller Fetisch ist demnach ein Objekt, welches dazu dient, die sexuelle Erregung zu steigern. Das können bestimmte Kleidungsstücke sein, oft aus bestimmten Materialien (Leder, Latex, Lack…)- der „klassische“ Fetisch. Beispiele hier im Blog finden sich in den Artikeln.

In weiterem Sinne können aber auch bestimmte Körperteile zum Fetisch werden. Beispielsweise kann ein Mann es besonders erregend finden, die Füße einer Frau zu betrachten- und dabei für seine Erregung die Person in ihrer Ganzheit auszublenden. Sigmund Freud hat in seinem Aufsatz über Gradiva („die Schreitende“) dafür ein anschauliches Beispiel gegeben.

Fetischismus- eine psychische Erkrankung?

Der Krankheitenkatalog der Weltgesundheitsorganisation ICD-10 definiert Fetischismus wie folgt:

Gebrauch toter Objekte als Stimuli für die sexuelle Erregung und Befriedigung. Viele Fetische stellen eine Erweiterung des menschlichen Körpers dar, z.B. Kleidungsstücke oder Schuhwerk. Andere gebräuchliche Beispiele sind Gegenstände aus Gummi, Plastik oder Leder. Die Fetischobjekte haben individuell wechselnde Bedeutung. In einigen Fällen dienen sie lediglich der Verstärkung der auf üblichem Wege erreichten sexuellen Erregung (z.B. wenn der Partner ein bestimmtes Kleidungsstück tragen soll).

Damit solcher Fetischismus als Erkrankung beurteilt wird, sollte die Handlung mehr als 6 Monate anhalten und für den Betroffenen oder seine Umgebung mit Leid verbunden sein.

Ein Beispiel dafür wäre, dass der Betroffene nur noch durch den Gebrauch eines bestimmten Fetisch sexuelle Erregung verspürten kann und das selbst gern anders hätte. In diesem Fall könnte der Besuch bei einem Sexualtherapeuten helfen.

Fetischismus-
als Bereicherung des sexuellen Erlebens

Fetischismus, der einvernehmlich in das sexuelle Spiel von Erwachsenen eingebaut wird, hat also keinen Krankheitswert.

Im Gegenteil- viele Menschen empfinden es als Bereicherung ihres Sexuallebens, Fetischobjekte in ihr gemeinsames sexuelles Spiel zu integrieren. In diesem Sinne kann bereits ein hübsches Nachthemd ein Fetischobjekt sein, das mit dazu beiträgt, sexuelle Erregung aufzubauen.

Pornoläden und -versandhäuser bieten eine nahezu unerschöpfliche Vielfalt an Fetischobjekten an: Schuhe, Unterwäsche, Kleidung, Spielzeuge… oft aus besonderen Materialien wie Leder, Lack oder Latex, die speziell für eine Verwendung in sexuellem Zusammenhang produziert sind.

In den letzten Jahren hat sich so wie in den USA und in anderen westlichen Ländern auch in Deutschland eine lebhafte Partyszene von Fetisch-Freunden entwickelt, bei denen das gemeinsame Feiern und Tragen von Fetischkleidung im Mittelpunkt steht.

Was ist Fetischismus?-
Mögliche psychische Ursachen

Eine eindeutige wissenschaftliche Erklärung für das Phänomen Fetischismus fehlt bis heute.

Sicherlich spielt eine entsprechende genetische Veranlagung eine große Rolle. Möglich ist auch, dass sich im Gehirn aufgrund von Lernerfahrungen die Wahrnehmung bestimmter Materialien oder Gegenstände dauerhaft mit dem Gefühl sexueller Erregung verknüpft: durch eine solche Konditionierung kann der betreffende Fetisch dann auch von sich aus sexuelle Erregung hervorrufen.

Die Begeisterung für einen Fetisch kann sich biografisch verändern, d.h. sich neu entwickeln, aber auch abflauen.

Solange Sie an Ihrem sexuellen Erleben Freude haben und niemanden schädigen (weder sich selbst noch andere), gilt der Satz: „Erlaubt ist, was gefällt!“ Ihrer Fantasie sind da aus sexualtherapeutischer Sicht keine Grenzen gesetzt.

Wenn Sie möchten, freue ich mich über Fragen und Kommentare.
© 
Dr. rer. biol. hum. Michael Petery

PS: Vgl. auch meinen Beitrag „10 Fakten zum Thema Fetisch und Fetischismus

Was ist Fetischismus? Dinge als Lustobjekte
BDSM Beratung
und Sexualtherapie
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trägt gerne Frauenkleider
Fetischismus: Im Bett ist er nur ein Schnürpaket
10 Fakten
zum Thema Fetischismus
Transvestitismus-Krankheit oder nicht?
Fetischismus: Selbstbefriedigung im Abendkleid
Unterwäsche-Diebstahl- warum machen Männer das?
Masken, Rollenspiele und Sex
Rauchen als Fetisch

 

Von mpetery

Zuletzt aktualisiert am 19.09.2017.

Ein paar Worte zu meiner Person:
Mein Name ist Michael Petery, bin verheiratet und arbeite in Hildburghausen (30km nordwestlich von Coburg) in meiner Praxis für Psychotherapie gemäß Heilpraktikergesetz.

Studiert habe ich in Tübingen, Paris und Berlin. Bis 2014 war ich am Universitätsklinikum in München-Großhadern tätig als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Klinik für Palliativmedizin und der Professur für Spiritual Care bei Prof. Dr. Eckhard Frick (Pychiatrie) und Prof. Dr. Traugott Roser (ev. Theologie). Daneben habe ich meine Klienten in eigener Praxis in München-Schwabing betreut.

Leitfiguren für meine therapeutische Arbeit sind Carl Rogers (clientenzentrierte Gesprächstherapie), Fritz Perls (Gestalt-Therapie) und Irvin D. Yalom.

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