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Rauchen als Fetisch

Rauchen als Fetisch-
Gefährde ich die Gesundheit meiner Freundin?

 

Ich bin 31 Jahre alt und habe seit meiner Kindheit einen Rauchfetisch.

Rauchen als Fetisch: Zu Beginn fand ich es einfach nur sexy eine Frau rauchen zu sehen. Über die Jahre ist der Fetisch stärker geworden und geht nun schon seit vielen Jahren in die Richtung dass mich die negativen Seiten des Rauchens anziehen. Bei mir selbst (ich rauche nicht so stark) hält es sich noch im Rahmen, aber bei attraktiven Frauen macht es mich tatsächlich an, wenn sie sehr viel rauchen, sehr feste an der Zigarette ziehen, tief inhalieren, evtl. Raucherhusten haben usw. Es gefällt mir zu merken, wenn sie richtig süchtig ist.

In Gedanken stelle ich mir dann auch manchmal vor wie ihre Lunge schwarz wird, sie es aber einfach nicht lassen kann zu rauchen. Diese „extreme“ Einstellung schockiert mich auf gewisse Weiße selbst, da ich in Wahrheit keinem Menschen etwas schlechtes wünsche. Im Gegenteil: Ich bin eigentlich ein sehr freundlicher und hilfsbereiter Mensch, eher vernünftig und gesund. Bevor ich diesen Fetisch entwickelt habe, habe ich es sogar gehasst wenn Menschen rauchen.

Ich bin jetzt seit vielen Jahren in einer glücklichen Beziehung. Als ich meine Freundin kennen gelernt hatte war sie Nichtraucherin. Nach einiger Zeit hatte ich ihr davon erzählt und sie bot mir damals an, es einfach mal auszuprobieren. Anfangs haben wir das 1-2x im Monat gemacht, aber mittlerweile raucht sie jedes Mal wenn wir Sex haben, seit einigen Jahren schon. Mittlerweile hat sie auch das Verlangen zu rauchen und zieht sehr intensiv auf Lunge, manchmal gleich mehrere Zigaretten hintereinander.

Für mich also eigentlich genau das, was ich mir immer gewünscht hatte. Auch sie empfindet mittlerweile Lust dabei und hat wahrscheinlich diesen Fetisch durch die ständige Kopplung ein Stück weit selbst entwickelt. Das Rauchen beim Sex hat sich über die Zeit immer mehr weg vom normalen Geschlechtsverkehr entwickelt – meistens liegen wir rauchend nebeneinander und befriedigen uns selbst und sehen uns dabei an. Oft sehe ich mir, wenn sie nicht da ist, auch Videos auf Youtube an in denen Frauen rauchen. Es ist also, ob sie dabei ist oder nicht, meist eine Selbstbefriedigung bei der ich eine rauchende Frau ansehe.

Das Problem:
Ich fühle mich ihr gegenüber schuldig, da ich der Grund dafür bin dass sie angefangen hat. Außerdem habe ich die extremen Gedanken, dass sie sich selbst damit schadet, auch bei ihr. Das bekomme ich im Kopf nicht zusammen, da ich wirklich nur das beste für sie möchte. Die Anzahl der Zigaretten, die sie raucht, ist auch immer davon abhängig wie lange wir Sex haben. Wenn ich öfter mal später zum Höhepunkt komme dann raucht sie dadurch gleich mal 3-4 Zigaretten mehr, wofür ich mich wieder verantwortlich fühle.
Obwohl wir beide eigentlich Spaß dabei haben, kann ich den Sex nicht richtig genießen, da die Erregung immer mit einer Angst gekoppelt ist. Sobald ich diese extremen Gedanken habe, die mich erregen, kommt zugleich die Angst dass ihr wirklich deshalb etwas passieren kann, was ich mir nie verzeihen könnte.

Dieses Problem beschäftigt mich seit Jahren. Es gab bereits mehrere Anläufe, in denen ich darauf bestanden hatte, dass wir damit aufhören. Diese Versuche gingen zwischen 2-6 Wochen. In dieser Zeit war der Sex für mich komplett langweilig und ich habe gemerkt dass das Rauchen bei Ihr für mich erotischer ist als der Sex selbst.

Gibt es Möglichkeiten diesen Fetisch loszuwerden? Soll ich sie der Gesundheit zuliebe zwingen das sein zu lassen? Haben Sie sonst noch Vorschläge? Was würden Sie mir raten?

Danke und viele Grüße

Lukas C. (Name geändert)

Der sexuelle Reiz des Rauchens

Hallo Lukas,
danke für Ihre sehr offene und selbstkritische Nachricht!


Rauchen ist ein sehr häufiger und weit verbreiteter Fetisch. Viele Männer empfinden eine rauchende Frau als besonders sexy- und insbesondere die Filmindustrie des letzten jahrhunderts hat dieses Bild immer wieder verbreitet, so zum Beispiel im Film „Der blaue Engel“ mit Marlene Dietrich von 1931.

 

Rauchen als Fetisch- die psychoanalytische Sicht

Aus der Sicht der Psychoanalyse ist die Vorstellung von der rauchenden Frau deswegen besonders aufregend, weil die Zigarette als phallisches Objekt das männliche Glied symbolisiert und somit das Rauchen eine Art von öffentlich zur Schau gestelltem Oralsex bedeutet.

Der Mann sieht also das Rauchen der Frau als eine sexuelle Aktivität, die auch auf ihn selbst stimulierend wirkt. Ein eher schüchterner Mann kann sich leichter dazu ermutigt fühlen, einer rauchenden Frau gegenüber seine eigenen sexuellen Wünsche auszusprechen, weil er das Gefühl hat, das die Frau sozusagen berteits im „Sex-Modus“ unterwegs ist.

Für sich genommen ist es kein Problem, wenn der Anblick einer rauchenden Frau für einen Mann erregnd ist. Das ist aus der Sicht der Sexualtherapie nicht aufregender, als wenn ein Mann eine Frau dann besonders attraktiv findet, wenn sie einen Minirock trägt. Beides sind Fetische- und wahrscheinlich gibt es keinen Menschen, der nicht seine persönlichen Fetische hat, die seine eigene sexuelle Erregung steigern können.

Rauchen als Fetisch-
die dunklen sexuellen Fantasien vom Tod

Bei Ihnen ist das Rauchen einer Frau nicht nur deswegen interessant, weil es als sexuelle Geste verstanden werden kann. Sie erregt vor allem die Vorstellung, dass eine Frau sich aus Zuneigung für Sie selbst schädigt, ihre Lunge zuteert und möglicherweise daran stirbt. Das ist eine gleichermaßen beängstigende wie lusterregende Vorstellung.

Auch da sind Sie nicht alleine auf der Welt. Starke Angst und sexuelle Erregung sind in unserem Hirn sehr nahe zueinander angesiedelt- und triggern sich gegenseitig. Wenn Angst nicht irgendwo auch erregend wäre, gäbe es keine Geisterbahnen und keine Horrorfilme! Angst löst einen Adrenalin-Stoß und regt zu verstärkter Bildung anderer Transmitterstoffe an wie z.B. Serotonin und Dopamin aus (was biologisch dazu dient, den Körper bei Fluchtreaktionen wie etwa schnellem davonlaufen zu unterstützen).

Außerdem kann es sein, dass bestimmte negative Kindheitserfahrungen (vor allem Missbrauchserlebnisse) die Gefühle von Angst, Scham, Schuld und sexueller Erregung miteinander koppeln, so dass diese Gefühle sich im späteren Leben immer wieder gegenseitig triggern, und z.B. ein Schuldgefühl zu sexueller Erregung führt.

Prinzipiell wäre gegen grausame und aggressive sexuelle Fantasien prinzipiell nichts zu sagen, solange sie zur Luststeigerung dienen, keinen anderen Menschen in der Wirklichkeit tatsächlich schädigen und den Betroffenen selbst nicht quälen.

Aber genau da entstehen bei Ihrem Fetisch die Probleme: zum einen schädigen Sie Ihre Freundin (und auch sich selbst) körperlich, zum anderen leiden Sie auch psychisch darunter, eine solche „dunkle“ sexuelle Fantasie mit sich herumzutragen, die bei Ihnen so obsessiv geworden ist, dass sie alle anderen Formen von Sex als langweilig empfinden.

Rauchen als Fetisch-
ein ethisches Problem

Problematisch ist in Ihrer Geschichte also weniger der Fetisch an sich.

Die ethische Schwierigkeit liegt darin, dass Sie Ihre Freundin, die zu Beginn ihrer Beziehung Nichtraucherin war, aus sexuell eigennützigen Motiven zum Rauchen gedrängt haben. Das stellt ein ethisches Problem dar. Ist es in Ordnung, einen anderen Menschen zur Schädigung seiner Gesundheit zu drängen, nur um selbst zusätzliche sexuelle Lust zu empfinden?

Letztlich geht es hier um die Abwägung zweier Güter: zum einen das Gut sexuelle Luststeigerung -ein für sich genommen sehr legitimes und gutes Ziel- und zum anderen der Übernahme von Verantwortung für die Gesundheit der Freundin. Beide Ziele gleichzeitig sind so nicht miteinander vereinbar. Und letztlich müssen Sie sich für eines der beiden Güter entscheiden oder zumindest für einen Kompromiss, der dann weniger Rauchen, aber auch weniger Lust bedeuten würde.

Bei dieser ethischen Entscheidung sind Sie aber nicht allein. Denn zunächst einmal ist jeder Mensch für seine eigene Gesundheit selbst verantwortlich und das gilt auch ihre Freundin. Auch sie hat eine ethische Entscheidung zu treffen: zwischen der Lust, die sie inzwischen selber am Rauchen hat (und daran, Ihnen als rauchende Frau sexuell zu gefallen) und der Sorge für ihre eigene Gesundheit.

Was diesen ethischen Aspekt betrifft, ist ein offenes Gespräch und eine gemeinsame Güterabwägung sicherlich der beste Weg, um mehr Klarheit zu gewinnen. Dabei ist zu bedenken, dass es wohl kaum möglich ist, dass nur einer von Ihnen beiden mit dem Rauchen aufhört- die würden sich wegen des Suchtcharakters des Rauchens dadurch trotzdem gegenseitig immer wieder zum Rauchen stimulieren.

Falls Sie sich gemeinsam zum Nichtrauchen entscheiden, wäre es sicherlich sinnvoll, sich medizinisch beraten zu lassen über mögliche Raucherentwöhnungsprogramme, die Ihnen helfen, vom rein körperlichen Suchtfaktor des Rauchens loszukommen.

Rauchen als Fetisch-
den Fetisch loswerden?

Für Sie (und mittlerweile auch für Ihre Freundin) ist das Aufgeben des gemeinsamen Rauchens besonders schwierig, weil es sich gleichzeitig zur Hauptquelle Ihres gemeinsamen sexuellen Lusterlebens entwickelt hat.

Andererseits könnte es sich für Sie lohnen, gleich aus zwei Gründen von diesem Fetisch loszukommen: einmal, weil er Ihnen beiden tatsächlich körperlich schadet, zum anderen, weil sie, von den Momenten sexueller Erregung einmal abgesehen, selber darunter leiden, solche schwarze Fantasien von Krankheit und Tod bei einem Menschen zu entwickeln, den sie eigentlich aus ganzem Herzen lieben.

An diesem Punkt wäre vermutlich eine Psychotherapie ein guter Weg, um weiter voranzukommen. Schließlich reicht Ihr Rauchfetisch, wie Sie selber schreiben, schon bis in Ihre Kindheit zurück. Es wäre also möglicherweise sinnvoll, sehr behutsam in einer Therapie der Frage nachzugehen, warum bei Ihnen sich gerade diese Verbindung von sexueller Lust mit Schuldgefühlen und Bildern von Tod und Krankeit ergeben hat.

Wenn Sie möchten, können Sie mich gern nochmals kontaktieren, damit wir gemeinsam über therapeutische Möglichkeiten sprechen, die Ihnen hier weiterhelfen können.

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© M.Petery

Wenn Sie möchten, können Sie sich mit weiteren Fragen gern an mich wenden.

Dr. rer. biol. hum. Michael Petery