Liebeskummer- wie kann ich damit umgehen?Hier der Radiomitschnitt.
Interview mit Dr. Michael Petery
in der Sendung Let´s talk about Sex bei Radio 89.0 RTL
Wie viel Liebeskummer ist gut? Wann wird es problematisch?
Zunächst einmal: Liebeskummer nach einer Trennung ist eine völlig normale und gesunde Reaktion. Wenn ich über den Verlust einer Beziehung überhaupt keine Trauer empfinde, dann kann diese Beziehung für mich entweder nicht besonders wichtig gewesen sein oder ich habe insgesamt Probleme mit meinem Gefühlsleben.
Wer liebt, riskiert etwas. Vor Liebeskummer ist nur geschützt, wer überhaupt keine Liebe empfindet oder gar keine Beziehung eingeht. Die gute Seite des Liebeskummers ist: Ich erkenne daran, dass ich ein liebesfähiger Mensch bin und Beziehungen eingehen kann, die mir etwas wert sind.
Problematisch ist Liebeskummer, wenn mein Partner oder meine Partnerin einseitig mit mir Schluss gemacht hat und ich diese Beziehung eigentlich weiterführen möchte.
Da liegt die Quelle für die drei Hauptschwierigkeiten.
- Das erste Problem ist: die Trennung nicht akzeptieren zu können. Immer noch zu glauben: eigentlich liebt mich der andere, auch wenn er noch so deutlich gesagt hat: Es ist Schluss! Das kann dann zu ziemlich extremen Reaktionen führen, z. B. dazu, dem anderen auch nach der Trennung ständig hinterher zu spionieren und einfach nicht in Ruhe zu lassen. Das wäre die Reaktion des Stalking.
- Ebenfalls problematisch ist es, wenn die frühere Liebe in extreme Wut und Hass umschlägt, bis dahin, dass es zu Gewaltakten gegenüber dem früheren Geliebten oder der früheren Geliebten kommt. Im Fernsehen oder in der Zeitung erfährt man alle paar Wochen von solchen Verbrechen aus Liebeskummer.
- Die dritte problematische Reaktion ist, wenn ein Mensch den Verlust der Beziehung als komplette Sinnentleerung des eigenen Lebens empfindet. Da kann es dann zu Depressionen kommen, die sich bis hin zu Selbstmordgedanken steigern können. Oft steht da ein Rachegedanke im Hintergrund: Soll doch der frühere Partner zusehen, wie er mit meinem Tod zurechtkommt.
Wenn Liebeskummer solche Formen annimmt, ist dringend psychologische Hilfe nötig. Da sind auch Angehörige und Freunde gefragt. Jeder muss Selbstmorddrohungen ernst nehmen. Wer davon hört, dass ein anderer sich das Leben nehmen will, sollte umgehend einen Arzt oder Psychotherapeuten zu Hilfe holen- oder bei der Polizei anrufen, weil die weiß, wer örtlich zuständig ist.
Ablenken oder trauern, was ist besser?
Da gibt es keine Patentlösung. Das ist individuell sehr unterschiedlich und hängt auch davon ab, wie tiefgehend die kaputte Beziehung war. Bei einer langjährigen Liebe dürfte es ohne eine Phase der Trauer kaum möglich sein, wieder in ein neues Leben zu finden.
Dagegen kann es nach einem kurzen Flirt, aus dem nichts wurde, vielleicht sogar am besten helfen, sich abzulenken und schon ziemlich gleich wieder nach einem neuen, besseren Partner Ausschau zu halten.
Trauern Männer und Frauen unterschiedlich?
Nein, da gibt es keine spezifisch männlichen oder weiblichen Formen der Trauer. Der Schmerz darüber, wenn wir vom geliebten Partner oder von der geliebten Partnerin sitzen gelassen werden, ist für alle Menschen gleich groß. Und jeder Mensch, gleich ob Mann oder Frau müsse mit diesem Schmerz auf ihre Weise leben.
Eine andere Frage ist natürlich, wie weit dieser Schmerz oder diese Trauer nach außen getragen werden und dadurch auch für die Umwelt sichtbar sind.
Von Frauen habe ich jetzt schon ein paar Mal die Vermutung gehört, dass Männer da sehr viel verschlossener wären. Das kann aber auch daran liegen, dass Mann bzw. Frau Liebeskummer wohl eher mit Menschen mit dem gleichen Geschlecht teilt und Frauen also vor allem den Liebeskummer anderer Frauen erfahren.
Wann ist Liebeskummer ein Grund, zum Therapeuten zu gehen?
Immer dann ist es sinnvoll, sich professionelle Hilfe zu holen, wenn ich allein mit meinen Problemen nicht mehr zurechtkomme. Bei Liebeskummer kann das Gespräch mit einem Therapeuten dabei helfen, den Verlust aufzuarbeiten und neue Perspektiven für das eigene Leben zu entdecken. Bei sehr schwerem Leibeskummer, der mit Selbstmordgedanken einhergeht, ist es unbedingt erforderlich, dass der Betroffene therapeutische Hilfe bekommt.
Vgl. dazu auch meinem Beitrag:
Selbstmorddrohung- wie gehe ich damit um?
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© M.Petery.
Wenn Sie dazu Fragen haben, können Sie sich gern an mich wenden.
Dr. rer. biol. hum. Michael Petery